Diagnose von Diabetes Typ1 bei Kindern

Die ersten Schritte in ein neues Leben sind immer die schwersten: Vier Mütter erzählen von der Zeit, wenn aus ersten Anzeichen harte Gewissheit wird.

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Immer mehr Kinder erkranken (nicht nur in Deutschland) an Diabetes Typ 1. Die Diagnose trifft uns Eltern wie ein Schlag aus heiterem Himmel, der das komplette Familienleben für immer auf den Kopf stellt. Vom Bemerken der ersten Anzeichen bis zur Diagnose (Manifestation) vergehen oft keine zwei Wochen.

Auf diese Anzeichen sollten Eltern besonders bei ihren Kindern achten:

 
  • plötzlich großer, unstillbarer Durst
  • häufige Toilettengänge / durchnässte Windeln
  • Gewichtsreduktion
  • trockene oder juckende Haut
  • Bauchschmerzen
  • Atem riecht nach Azeton / Nagellack
Child drinking water Wie machen sich diese ersten Symptome bemerkbar? Wie erleben Familien die erste Zeit im Krankenhaus mit der Diagnose und wie gehen sie heute damit um? Vier Mütter geben uns mit ihren ganz persönlichen Geschichten einen kleinen Einblick in diese erste Zeit. Vielen Dank an die Mütter, dass sie uns hier ihre Geschichten erzählen.  

Monika mit Sohn Leon* 

Leon begann mit 13 Monaten plötzlich sehr viel zu trinken, seine Windel war ständig durchgeweicht und er bekam einen Windel-Soor, der nicht mehr wegging. Wir sind mit Leon daraufhin zur Kinderärztin gefahren, doch diese erkannte die Symptome nicht und hat uns wieder nach Hause geschickt. Als es Leon dann immer schlechter ging, sind wir umgehend ins nächste Krankenhaus gefahren, doch auch dort schickte uns die diensthabende Ärztin erstmal wieder nach Hause. Am nächsten Tag ging es Leon dann so schlecht, dass wir den Krankenwagen rufen mussten. Diesmal erkannte die Ärztin sofort die Symptome und diagnostizierte Diabetes Typ 1. Durch das zu späte Handeln der Ärzte hatte Leon eine Ketoazidose, nahe Keton-Koma entwickelt. Ihm ging es in der ersten Zeit im Krankenhaus richtig schlecht und zu guter Letzt hat er sich noch mit einem Rotavirus infiziert. Aber wir haben die Zeit im Krankenhaus überstanden. Auch heute mehr als ein Jahr nach der Diagnose ist es für uns noch eine schwere Zeit. Leon lehnt im Moment alles ab: Katheterwechsel, Blutzuckermessungen, Insulinbolen, nichts lässt er wirklich zu. Über- bzw. Unterzuckerungen kann er noch nicht erkennen. Das alles belastet das Familienleben im Moment noch sehr. Kind mit Diabetesmessgerät

Sabine mit Tochter Marie*

Marie war bei der Diagnose im September 2009 15 Monate alt. Vor der Diagnose haben wir gemerkt, dass Maries Windel ständig nass war, selbst in der Nacht mussten wir immer wieder die Windeln wechseln. Mein Schwager hat uns dann den Tipp gegeben, wir sollten Marie doch mal auf Diabetes Typ 1 beim Kinderarzt untersuchen lassen. Der positive Urin- und Bluttest beim Kinderarzt hat dann unsere Vermutung bestätigt. Wir waren dann zur Einstellung erstmal drei Wochen in der Klinik. Mittlerweile ist Marie 6 Jahre alt, weiß genau, was sie essen darf und wofür sie Insulin benötigt. Sie macht es einfach toll. Und Verzichte gibt es bei uns auch nicht mehr oder weniger als bei einem gesunden Kind. Bei uns steht im Vordergrund, dass unsere Tochter wie ein normales Kind aufwächst. Und das spürt unsere Tochter auch. Bei Veranstaltungen, z.B. Kindergeburtstag, Ausflüge im Kindergarten, ist einfach nur Kommunikation mit den Erziehern, Lehrern oder Eltern notwendig und das haben wir sehr gut im Griff.  

Petra mit Tochter Lisa*  

Lisa erkrankte im Alter von 5 Jahren an Diabetes Typ1. Vor der Manifestation hatte sie einige Monate immer wieder unerklärliche Bauchschmerzen. Sie entwickelte plötzlich sehr viel mehr Durst, trank nur noch Wasser anstatt Apfelschorle und musste ständig auf die Toilette. Wir haben dann in der nächsten Apotheke einen Blutzuckertest machen lassen. Das Testgerät zeigte einen Wert von 450 mg/dl (25,0 mmol/l). Die Apothekerin hat uns gleich ins Krankenhaus geschickt. Das haben wir dann auch gemacht. Im Krankenhaus stand dann sehr schnell fest, dass bei Lisa ein Diabetes Typ 1 vorliegt. Glücklicherweise zeigte Lisa keine weiteren Symptome und sie bekam keine Ketoazidose. Wir mussten 10 Tage im Krankenhaus bleiben. Und mein Mann und ich wurden mit Schulungen regelrecht bombardiert. Man bekam so viele Informationen in so kurzer Zeit, dass uns nur noch der Kopf geschwirrt ist. Das Setzen der Insulinspritzen war eine Qual für uns alle. Lisa hatte riesige Angst vor dem Spritzen. Auch die festen Essenszeiten und das Einhalten von vorgeschriebenen Broteinheiten fielen ihr dabei sehr schwer. Mittlerweile trägt Lise eine Insulinpumpe und macht auch schon sehr viel alleine. In der Schule erfahren wir große Unterstützung durch die Lehrer. Nur das Spielen bei Freunden klappt oft nicht so gut, da viele Eltern sich nicht zutrauen, Lisa nach Hause einzuladen. Leider neigt Lisa, wenn ihr Blutzucker nicht im Normbereich liegt, sehr oft zu Aggressionen. Somit kommt es immer wieder zu Problemen mit den Geschwistern und mit uns. Eine Psychotherapie ist mittlerweile unerlässlich geworden. Aktuell haben wir das Problem mit dem Schulschwimmen. Die Lehrerin traut es sich nicht zu (sie kennt sich noch nicht damit aus) und wir haben keine Zeit, immer dabei zu sein. Sie wird somit immer wieder von Aktivitäten ausgeschlossen oder darin gebremst, was wir sehr bedauern und es ihr schwierig macht, ihre Krankheit zu akzeptieren. Mädchen beim Insulin spritzen

Tanja mit Sohn Tim*

Tim erkrankte im Alter von 13 Jahren an Diabetes Typ 1. Er erzählte mir, dass er in der Schule recht häufig auf die Toilette musste, da es aber Dezember war, habe ich eher an eine leichte Verkühlung oder Blasenentzündung gedacht. Als er ein paar Tage später aber immer weniger Appetit hatte, habe ich, ich kann nicht sagen, warum, einen Blutzuckertest bei ihm gemacht. Der angezeigte Wert lag bei 440 mg/dl (24,4 mmol/l). Also fiel die Schule an diesem Tag aus und wir waren auf dem Weg zum Kinderarzt. Ohne Termin kamen wir gleich dran, nach dem Urintest beim Arzt fuhren wir umgehend ins Krankenhaus. Tim bekam sofort Infusionen und Insulin sowie tägliche Schulungen durch die Diabetesberaterinnen. Mittlerweile ist das ganze Insulinspritzen für ihn zur Routine geworden. Er geht prima mit der Krankheit um. Ich muss sagen, er macht alles selbständig. Ich bin eigentlich nur dafür zuständig, sein ganzes Equipment zu besorgen. Er war letzten Sommer „alleine“ mit einer Jugendgruppe in Rom bei der Ministrantenwallfahrt. Alles in allem ist der Diabetes Typ 1 zwar da, aber er bestimmt nicht seinen kompletten Tag.   *Namen von der Redaktion geändert

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