Diabetes als Thema in der eigenen Kunst – wie Bilder entstehen können

So wie die Kunst, ist auch der Diabetes ein Teil von Tines Leben. Grund genug für sie, in einer Fotoreihe Beides miteinander zu verbinden.

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Wer als kunstinteressierter Mensch mit Diabetes die Recherche beginnt, wird feststellen, dass zum Thema Diabetes wenig zu finden ist. Ich fand kaum Künstler, von denen bekannt ist, dass sie erkrankt sind oder waren, und Diabetes kommt als Thema kaum bis gar nicht in der Kunst, oder eher der zeitgenössischen Kunst, vor. Ich habe lange gesucht und recherchiert, aber kaum etwas gefunden, was mich auch ästhetisch und von der Aussage her anspricht. Wie ihr vielleicht wisst, studiere ich Fotografie, was bedeutet, dass ich mich während des Studiums künstlerisch mit dem Medium auseinandersetze. Ich wollte mich seit meiner Diagnose im Jahr 2013 unbedingt mit dem Thema Diabetes im Bezug zur Fotografie auseinandersetzen. Oft habe ich mit meinen Kommilitonen und Professoren darüber geredet, aber ich fand einfach keinen entsprechenden Ansatz, das Thema Krankheit mit meiner sensiblen, poetischen Fotografie zu verbinden. Das war dieses Semester ganz anders.

Ideenfindung und Umsetzung

Meine Ideen kommen meist ganz spontan und haben meist den winzigsten Auslöser. In diesem Fall hatte ich bereits mit meiner Dozentin das Thema besprochen und wir hatten über Künstler gesprochen, die sich mit ihrer Krankheit fotografisch auseinandergesetzt haben. So richtig konkret war mein Plan zwar noch nicht, aber das sollte sich schon ganz bald ändern. Nämlich mit der Entdeckung einer alten Kamera, einer alten Makro-Polaroid-Kamera, um das Kind beim Namen zu nennen. Obwohl ich nie die Makrofotografie für mich genutzt hatte, war ich verzaubert und begeistert und sofort sicher, dass ich meine Serie mit dieser alten Zahnarztkamera fotografieren wollte. Irgendwie ging danach alles fast wie von selbst. Ich hatte mir Filme für die Kamera besorgt und relativ schnell, aber sensibel meine 16 Bilder wegfotografiert. In so einem Film sind nämlich nur 8 Bilder, da muss man schon fünfmal nachdenken, bevor man mit einer so schweren, großen Kamera abdrückt. Verrückt, wie schnell sowas doch gehen kann. Da grübelt man wochenlang und zack! mit einem Mal ist alles plötzlich im Kasten und Tine sehr zufrieden. Die Ästhetik des Sofortbildes ist eine ganz besondere, die die Bilder fast schon zu verträumten Teilen einer Geschichte werden lässt. ausstellungsraum

Zum ersten Mal die neue Arbeit zeigen

Mit den Bildern galt es nun, auch meine Dozentin und meine Kommilitonen zu überzeugen. Sie haben mit dem Thema Diabetes hauptsächlich über mich zu tun und kriegen davon meistens gar nicht so viel mit, ihr kennt das: „Hast du dich schon gespritzt?“ – „Ja!“ – „Hab ich gar nicht bemerkt!“ Ich hätte nicht gedacht, dass die Reaktionen so positiv sein würden. Und auch bei der Ausstellung kam ich mit vielen in Kontakt darüber, beantwortete Fragen und erhielt gutes Feedback.

Ganz nette Fotos, aber was hilft es mir oder anderen?

Natürlich stellt sich zum Schluss die Frage, was das irgendwem bringt, wenn sich jemand künstlerisch mit einem persönlichen Krankheitsthema auseinandersetzt. Mir hat es geholfen, mich noch stärker mit dem Thema an sich, meiner eigenen Krankheit, auseinanderzusetzen. Sich mit einem so wichtigen Thema im Leben zu beschäftigen, ist, als würde man sich aus der Distanz mit ihm anfreunden, es in eine wunderschöne Schachtel legen, den Deckel draufmachen und mit einem Lächeln in das „Ich“-Regal legen. Ein schönes Gefühl. Und was bringt es anderen Menschen da draußen? Zuallererst einmal erreiche ich mit der Serie Menschen mit diesem Thema, die ich vielleicht sonst nie erreicht hätte. Durch einen Austausch mit ihnen kann ich sie über die Krankheit informieren und aufklären, während wir über die Bilder sprechen. Wenn beides zusammen Sinn macht und sie beginnen zu verstehen, was es heißt, Mensch mit Diabetes zu sein, bleibt es doppelt im Gedächtnis. Sie werden niemals wieder einen Menschen mit Diabetes fragen, ob er das Stück Kuchen überhaupt essen darf. Und damit konnte ich sowohl mir selbst als auch meinen lieben Diabetes-Kollegen helfen. Irgendwie schön. Die Bilder werde ich euch ganz bald zeigen. Und bis dahin hoffe ich, dass es euch Spaß gemacht hat, mal so zu erfahren, wie eine Bildserie entstehen kann.

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