1:0 für meinen Schweinehund: Warum ich nicht bei den Cyclassics antreten mochte

„Du hast doch gar nicht genug trainiert. Und was wird dein Blutzucker nur dazu sagen?“ Ist Antjes Schweinehund, in Wahrheit ihr Schutzengel?

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Die Cyclassics sind ein großes Radrennen, bei dem neben den Profis auch Jedermänner auf drei verschiedenen Strecken antreten können. Da ich nun schon einige Triathlon-Wettkämpfe bestritten habe und mittlerweile auch stolze Besitzerin eines Rennrades bin, kam mir irgendwann an einem trüben Januartag die Idee, mich in diesem Jahr für die 55-Kilometer-Jedermannstrecke der Cyclassics anzumelden. 55 Kilometer Radfahren – das sollte doch zu schaffen sein!

Im Frühjahr motiviert in die Radsaison gestartet

Sobald das Wetter es im Frühjahr zuließ, holte ich also mein Rennrad hervor und drehte meine Runden – mal nach Kollmar an den Elbstrand, mal von Elmshorn am Krückaudeich entlang zum Sperrwerk an der Elbmündung, mal einfach nur ins Blaue hinein. Ich arbeitete an meiner Haltung und trainierte das Ausschnäuzen bei voller Fahrt, umgangssprachlich auch „Bauerntaschentuch“ genannt. Ich kaufte ein paar neue Radtrikots und übte, während des Radfahrens das Lesegerät des FreeStyle Libre aus der Trikottasche am Rücken zu ziehen und meinen Glukosewert zu scannen. Ich meldete mich mit meinem Mann zu einer RTF (Rennrad-Jargon für Radtourenfahrt) an, auf der ich erstmals immerhin 44 Kilometer am Stück zurücklegte und einen kleinen Eindruck von den Gepflogenheiten beim Rennradfahren in großen Gruppen gewann. Trotzdem war ich nicht dabei, als am 23. August über 20.000 Jedermänner bei den Cyclassics an den Start gingen. Mir war der Wettkampf einfach nicht geheuer. Ich hatte nicht ausreichend oft und ausreichend lange Strecken trainiert. Denn schließlich hatten mein Mann und ich im Juli vor allem mit unserer Gartenneugestaltung zu tun gehabt. Vom vielen ungewohnten Buddeln waren die Sehnenscheiden meiner rechten Hand gereizt. Nichts Dramatisches, kein Grund für einen Arztbesuch – doch mir war klar, dass ich meine Hand schonen muss, damit aus dem Reizzustand keine Sehnenscheidenentzündung wird. Beim Rennradfahren lastet allerdings eine Menge Druck auf den Unterarmen und Handgelenken, so dass ich mein Training zurückschrauben musste. Außerdem hatte ich nach unserer ersten RTF keine weiteren Erfahrungen mit dem Radeln im Pulk gesammelt. Windschattenfahren? Enge Überholmanöver? Hilfe!

Der Schweinehund hatte einfach die besseren Argumente

Je näher der Termin rückte, umso unwohler wurde mir bei dem Gedanken an die Cyclassics. Natürlich meldete sich dann auch mein Schweinehund zu Wort: „Wie soll das mit dem Blutzucker funktionieren, wenn das Rennen schon um 7 Uhr morgens beginnt? Hast du dir mal überlegt, wann du dann aufstehen und frühstücken musst, damit du nicht mit einem voll wirksamen Bolus startest?“, fragte mich das überaus einfallsreiche Mistvieh. Der Schweinehund erinnerte mich auch daran, dass ich beim Hamburger Triathlon einen Rüffel von einem Wettkampfrichter auf dem Motorrad kassiert hatte, weil ich auf der Radstrecke beim Fahren etwas ungeschickt mit dem Lesegerät des FreeStyle Libre herumhantiert hatte und dadurch leicht schwankend nach links abgedriftet war. „Rechts fahren“, hatte er mich im Vorbeifahren barsch angeblafft. Meinem Schweinehund kam diese Erinnerung ganz gelegen: „Was ist, wenn dir das auch bei den Cyclassics passiert, wo alle viel dichter nebeneinander fahren als beim Triathlon? Am Ende stürzt du noch!“

Dabeisein ist doch nicht immer alles

Kaum zu glauben, der Schweinehund spielte sich also tatsächlich als mein Schutzengel auf! Doch ich ließ ihm ausnahmsweise einmal seinen Willen. Schließlich hatte er sich die gesamte Saison hindurch überwiegend friedlich verhalten. Und so ganz Unrecht hatte er auch nicht mit seinen Einwänden… Glücklicherweise gelang es mir, meinen Startplatz auf den letzten Drücker über Ebay-Kleinanzeigen zu verkaufen. Und am Wettkampftag, als alle anderen Teilnehmer sich mit Augenringen mitten in der Nacht aus dem Bett quälen mussten, um rechtzeitig am Start zu sein, da drehte ich mich genüsslich noch einmal im Bett auf die andere Seite. Dabeisein ist offenbar doch nicht immer alles.

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