Mein Kopf ist leer! Wie Hypos einen aus der Bahn werfen

Kennt ihr das auch? Zuerst hat man eine Hypoglykämie und danach fühlt man sich einfach elend, schwach und erschöpft. Aber ein dringender Termin, der unbedingt erlegt werden sollte, wartet auf dich. Die Wäsche sollte noch gebügelt werden. Und die Freunde erwarten deinen Anruf. Heike kennt diesen Zustand nur zu gut…

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leerer Kopf Das alles sind ganz banale Kleinigkeiten. Aber wenn man mehrere Tage hintereinander auch nur mit einigen dieser leichten bis mittleren Hypoglykämien kämpft, schwächt – zumindest mich – das enorm. Wer zu wenig Zucker im Blut hat, dem fehlt einfach der Treibstoff für seinen Lebens-Motor. Das bedeutet oft, dass die Ausdauer für die Tagesroutine sich halbiert. Die Konzentrationsfähigkeit und die Ausdauer für wichtige Gespräche oder Arbeiten – salopp formuliert – lassen dann zu wünschen übrig.
Leichte Hypo Der Diabetiker kann sich selbst helfen. Er sollte rechtzeitig Kohlenhydrate zu sich nehmen, die den Blutzucker schnell ansteigen lassen. Beispiele sind Traubenzucker, gesüßter Fruchtsaft oder Cola.
Mittelschwere Hypo Gekennzeichnet durch Konzentrationsstörungen, leichte Verwirrung, körperliche Schwäche, Schwindel, Sehstörungen, Sprech- und Sprachstörungen, Müdigkeit, ungenauer Gang, weiche Knie, geistige Abwesenheit, Gereiztheit oder Albernheit
Schwere Hypo Der Diabetiker ist unbedingt auf fremde Hilfe angewiesen. Er kann bewusstlos werden und Krampfanfälle bekommen (Koma oder hypoglykämischer Schock). Es müssen sofort schnell wirksame Kohlenhydrate zugeführt werden.
Ich habe mir daher letztlich die Frage gestellt, ob die Dauer des Diabetes und damit auch die Häufigkeit von leichten bis mittleren Hypos auch Auswirkungen auf das Gehirn haben? Wird von der Diabetesdauer und den Hypos das Gehirn geschädigt? Ich selbst lebe mit meinem Diabetes nun schon 27 Jahre und habe schon einige Hypos – leichte bis schwere – durchlebt. „Auch bei Erwachsenen ist strittig ob Hypos wirklich leichte Hirnschädigungen hervorrufen, am ehesten scheint dies für Kinder unter 5 Jahren erwiesen, schwere Hypos sind dennoch ein Notfall mit akut möglichem ungünstigem Ausgang. Während einer Hypoglykämie ist aber auch bei Erwachsenen die Gedächtnisleistung und die Merkfähigkeit beeinträchtigt, dies gilt auch für leichte Hypos, die selbst behandelt werden können.“ (Quelle: Karl C. Mayer: Hypoglykämie)
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Die Frage, ob leichte bis mittlere Hypos das Gehirn wirklich schädigen, ist in der Wissenschaft noch nicht geklärt. Eines ist jedoch sicher, schwere Hypos sollten auf jeden Fall vermieden werden. Wiederholte schwere Hypoglykämien begünstigen langfristig das Auftreten einer Demenz. Nun ja, dement bin ich sicher noch nicht. Denn sonst würde ich mich wohl nicht mehr so genau an den Artikel „Immer in Alarmstimmung“ in der „Zeit“ vom 7. April erinnern. Hier steht zum aktuellen Anstieg der Diabetes-Typ-1-Neuerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen geschrieben: „Ist die Krankheit einmal da, schneidet sie tief ein ins Leben der Kinder und ihrer Familien – und verschwindet nie wieder.“ Doch was mache ich mit meinem leeren Kopf? Ich habe ein paar Strategien zusammengebastelt, die helfen können, den Kopf nach unerwünschten Hypos – auch ohne Integrationshelfer – wieder in Gang zu bringen.
  1. Sich sagen: „Ich bin mir genug!“ Vergleiche mit anderen wegschieben und einfach stolz sein auf sich.
  2. Lächeln – nur für sich allein oder auch mit anderen Menschen zusammen.
  3. Sich neue Ziele setzen. Zum Beispiel eine Reise oder einen Ausflug planen.
  4. Die täglichen (Arbeits-) Routinen beibehalten.
  5. Mit Freunden treffen und den Moment genießen. Oder sich über aktuelle Sorgen austauschen.
  6. Bewegung! Raus in die Natur und einen langen Spaziergang machen.
  7. In die Stadt gehen und sich vom Treiben inspirieren lassen. Hier trifft man viele Menschen, zum Beispiel auf einem Markt.
  8. Von Hand ein Blutzuckerprofil erstellen. Einfach einen Tag lang aufschreiben, wie viel und wann Insulin gegeben und was gegessen wurde.
  9. Sich ein gutes Vollbad gönnen und im Anschluss eine gute Massage.
  10. Einfach mit einer guten Tasse Kaffee hinsetzen und den Augenblick genießen.
© Matthias Enter - fotolia.com
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Inwieweit Unterzuckerungen Einfluss auf unser Leben nehmen, ist sicher von Mensch zu Mensch verschieden. Es ist sicher eine individuelle Frage, inwieweit ich ein Perfektionist bin mit meinem Diabetes oder wie viele schlechte Blutzuckerwerte ich tolerieren kann? Wie stabil ist mein soziales und berufliches Netzwerk? All das sind Bausteine, die über den leeren Kopf entscheiden. Machen wir das Beste daraus!

4 Kommentare zu “Mein Kopf ist leer! Wie Hypos einen aus der Bahn werfen

  1. DANKE! Bin ziemlich neu auf dem Gebiet Diabetes. Und habe mich in den vergangenen ca. 3 Wochen öfters mal gefragt, ob mein Hirn evtl. nur noch “Notdienst” schiebt. Der Blutdruck war wunderbar. Zuckerwerte konnte ich nicht messen (soll/brauche ich lt. Hausarzt angeblich auch nicht), weil keine Teststreifen mehr da waren. Habe instinktiv ein Glas Cola getrunken – die ich sonst nie trinke, weil ich sie nicht mag.
    Der Artikel hat mir nun vieles erklärt. Ich kann besser damit umgehen und damit leben, wenn ich weiss, woran ich bin bzw. was die Ursachen sind.

  2. Ich habe kein Diabetes, unterzuckere aber 7 x nächtlich auf 3,6 und das merke ich im Kopf. Tagsüber mittlerweile auf 3,1 und keiner kann sich auch nur annähernd erklären warum. Seit neusten habe ich auch ein schlechteres Sehverhalten und ich vermute, das hängt alles zusammen.

  3. Guten Morgen, danke für deine Nachricht! Unterzucker ist ein grosses Thema. Aber im Team ist es leichter zu bewältigen. ” … keiner kann sich auch nur annähernd erklären warum.” Messe deinen Blutzucker in der Nacht! Wecker stellen gegen 24 Uhr, 2 Uhr, 4 Uhr, 6 Uhr … Und dann gemeinsam mit deinem Diabetologen auswerten. Der wird dann deine Basalrate verändern. Ich weiss, es ist sehr anstrengend. Aber probiere das Mal aus. Ich bin keine Ärztin! So gehe ich nur bei mir selbst bei Unterzuckerungen damit um. Und je öfter du unterzuckerst, desto weniger wirst du es spüren. Trotzdem Kopf hoch und testen, testen, testen. Am besten aufschreiben und dann mit deinem Arzt bereden. Liebe Grüsse, Heike

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