Autsch! Wenn Familie oder Partner eine Hypo nicht bemerken!

Eine Unterzuckerung! Und der Partner oder die Familie bemerken nicht, dass es einem schlecht geht. Weil man die Gefühle, die einen Diabetiker dabei bewegen, nun mal nicht schulen kann. In den Vorwurfsmodus zu verfallen, ist nicht angebracht, findet Heike.

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Heute schreibe ich über ein Thema, über das ich bis jetzt nie offen geredet habe. Wie ist die Reaktion meines Partners oder meiner Familie auf meine Unterzucker?

Mein Mann bemerkt meine Unterzuckerungen nur selten

Dazu ein Beispiel. Ich bin mit meinem lieben Mann – bitte entschuldige, dass ich jetzt über dich schreibe – bald 10 Jahre zusammen. Er bemerkt jedoch extrem selten meine Unterzuckerungen. Er redet mit mir in Momenten, in denen es mir wegen einer Hypoglykämie wirklich „bescheiden“ geht, wie mit einer gesunden Person. Er gibt mir beispielsweise immer noch kleine Aufträge wie „Tu dies“ oder „Tu das!“. Und er bemerkt in diesen Momenten einfach nicht, dass ich in einer Hypo stecke und jetzt mal dringend ein paar Minuten Pause bräuchte. Er schaut mich dann an, als wäre ich jetzt besonders tollpatschig oder blöd!
Mann hat Probleme, ist vergesslich oder hat Sorgen im Job
Quelle: Fotolia
  Ich muss zugeben, ich selbst bin natürlich auch eine Person, die ihre Unterzuckerungen sehr gut zu vertuschen beherrscht. Den niedrigen Blutzucker selbst spüre ich kaum. Deswegen habe ich mir auch einen Diabetiker-Warnhund zugelegt, der mich auf einen fallenden Blutzuckerspiegel aufmerksam macht. Auch in meiner Kindheit bemerkte meine Mutter fast nie, wenn ich mich in einem extrem niedrigen Bereich befand. Lediglich, wenn ich nur noch wirres Zeug redete, nicht mehr stehen konnte oder bewusstlos war, hat sie mir bei Hypos geholfen. Ich fühlte mich danach oft extrem unverstanden. Suchte oft alle Schuld bei mir selber. Das zog sich später hinein bis ins Berufsleben und hatte auch Konsequenzen für die Partnerwahl.

Gefühle lassen sich nicht schulen!

Heute ist mir bewusst geworden – ein Nichtdiabetiker kann einfach schwer nachempfinden, wie es einem Diabetiker gefühlsmäßig mit einem Blutzucker von 30 oder auch 400 mg/dl (1,7 oder 22,2 mmol/l) geht. Auch wenn das Umfeld mehr oder weniger umfassend zum Thema Diabetes geschult wurde. Gefühle lassen sich einfach nicht schulen! Zudem verursachen diese extrem niedrigen oder auch hohen Blutzuckerwerte natürlich auch Stimmungsschwankungen. Sind Diabetiker deshalb besonders launisch? Nein, ich glaube nicht. Es ist sicher eine spezielle Moment- oder Gefühlsaufnahme, wenn der Blutzucker mal kurzzeitig auf einen niedrigeren Wert sinkt. Und es hängt auch von der Persönlichkeit eines Menschen ab.

Für mich ist Diabetes keine “Schwäche” mehr

Die Herausforderung für uns Diabetiker besteht darin, offen mit unseren Herausforderungen oder Problemen mit dem Diabetes umzugehen. Ich habe dabei früher oft versucht, meine Unterzuckerungen zu verheimlichen. Das hat sich nun mit den Jahren geändert. Diabetes ist für mich immer noch „meine“ Erkrankung, jedoch keine „Schwäche“ mehr. Als Diabetiker befindet man sich bei einer Hypo zeitweise in einem anderen Modus. Für den Partner oder die Familie besteht dabei die große Herausforderung, diesen „anderen“ Moment zu akzeptieren und damit offen umzugehen. Wichtig ist sicher ein großes Maß an Empathie, sich in die Gefühle eines anderen Menschen hineinversetzen zu können. Und genau das ist oft auch für die Partner, wie übrigens auch für meinen eigenen, ein großer Lernprozess.
closeup of a young caucasian man showing a chalkboard with the text empathy written in it
Quelle: Fotolia

Vorwürfe sind fehl am Platz

Von uns Diabetikern verlangt es im Gegenzug ein großes Selbstbewusstsein für dieses Anderssein. Als Diabetiker sollte man dann sicher nicht in den Vorwurfsmodus gelangen. Man muss auch den Partner verstehen, dass die Unterzuckerungen für die Familie oder den Partner kein „Zuckerschlecken“ sind. Im Gegenzug sollte der Partner nicht mit Vorwürfen kommen, sondern in diesen Situationen Hilfe anbieten. Mir persönlich ist besonders wichtig, dass mein Partner und meine Familie viel Verständnis zeigen. Letzten Endes ist es jedoch immer noch die Sache jedes einzelnen Diabetikers, mit seinem Diabetes und seiner Gesundheit eigenverantwortlich umzugehen.

6 Kommentare zu “Autsch! Wenn Familie oder Partner eine Hypo nicht bemerken!

  1. Meine Frau steht mir zu nah, dass ich mir bei einer Unterzuckerung sagen lassen will “nun trink doch endlich Saft”. Aus unterzuckerlichen Bockigkeit dauert es dann viel zu lang bis ich es dann doch tue. Meine Frau versteht die Welt nicht, warum ihr Hilfe so versagt (ich auch nicht). Bei vielen anderen habe ich kaum Probleme dann in Ruhe zu überlegen, was mit mir los ist.

  2. Danke für deinen guten Kommentar Toby! Genau diese Herausforderung bei einer Hypo kenne ich nur zu gut. Man will sich von seinem Partner nicht helfen lassen. Ist das die Angst eigene Schwäche zu zeigen? Da werden wir wohl beide zukünftig noch besser an unserer Beziehung arbeiten, oder 🙂 Liebe Grüsse von Heike

  3. Seit mich mein Partner etliche Male grob angemacht hatte, wenn ich sehr unterzuckert war – er verstand es einfach nicht, sagte sogar, meine Unterzuckerungen seien eine Ausrede! – verheimliche ich es so gut es geht. Das ist sehr anstrengend für mich und oft auch leichtsinnig….
    Ich bin schon seit 37 Jahren Typ 1 und hab wohl immer noch nicht “ausgelernt”….

  4. Liebe Sonja,
    vielen lieben Dank für deinen Kommentar!
    Das mit dem “Verheimlichen” kann ich sehr gut nachvollziehen. Vor allem weil ich das zum Teil früher auch selbst gemacht habe. Ist es aber nicht besser, ganz zu sich selbst zu stehen? Und sich auch offen zu seinen kleinen Schwachstellen zu bekennen? Es ist wirklich ein grosser Balanceakt im Leben eines jeden Diabetikers. Eine Unterstützung kann sein, viel mit seinem Partner zu reden und sich auszutauschen. Das stärkt die Partnerschaft und sicher auch den Umgang mit seinem Diabetes.

  5. Ich kenne das auch ich habe keine Bauchspeicheldrüse mehr da ich Krebs hatte dadurch ist der Zucker noch schwerer einzustellen mal ganz hoch oder ganz unten und dem entsprechend fühle ich mich auch mein Partner ist ausgezogen kann mit meiner Krankheit nicht umgehen und für meine 16 jährige Tochter möchte ich keine Belastung sein denn ich lag vier Monate im krankenHaus man hat noch die Hälfte vom Darm Galle und Milz rausgenommen ich versuch dann nicht zu zeigen das es mir gerade nicht gut geht ich weiß wir müssen beide versuchen damit zu leben

    1. Liebe Rosemarie,
      Du hast ein wirklich beeindruckendes Schicksal! Aus eigener Sicht einer Mutter möchte ich sagen (ich habe selbst eine kleine Tochter). Du wirst immer DIE Mama bleiben, egal wie krank du bist! Sicher ist es immer eine grosse Gratwanderung mit dem zur Last fallen. Mach dir nur immer bewusst, was für ein wertvoller Mensch und eine Mama du selbst bist – auch mit Diabetes!!!! Ich wünsche Dir ganz viel Kraft und alles Gute für deine herausfordernde Krankheit!

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