Glukosemonitoring anno 2017: Wie messen wir heute?  

Nicht jede Messmethode eignet sich für jeden Patienten. So lautete eine der Botschaften beim Diabetes Mediendialog 2017, den Roche Diabetes Care jedes Jahr auf Schloss Hohenkammer bei München ausrichtet. Vielmehr sollte man individuell auswählen zwischen Blutzuckermessung, FGM und CGM.  

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Immer mehr Menschen weltweit erkranken an Typ-2-Diabetes, und auch die Zahl der Typ-1-Diabetiker steigt stetig an. Dummerweise steigt die Zahl der qualifizierten Diabetologen nicht im gleichen Maße an. Im Gegenteil: Immer weniger junge Ärzte entscheiden sich in ihrer Weiterbildung dafür, sich auf Diabetologie zu spezialisieren. Hoffnung machen da allein die Digitalisierung und Automatisierung, wie der niedergelassene Diabetologe Dr. Jörg Simon aus Fulda auf Schloss Hohenkammer erklärte: „Die Patienten werden angesichts dieser Situation auf der Strecke bleiben, wenn das Auslesen und die Auswertung ihrer Diabetesdaten nicht systematisch und automatisch erfolgen.“

Datenfriedhöfe mit Blutzuckerwerten, aus denen niemand Konsequenzen ableitet

Für mich als Typ-1-Diabetikerin ist längst die kontinuierliche Glukosemessung mit dem FreeStyle Libre Standard. Und viele andere Typ-1-Diabetiker nutzen ein CGM-System, um ihre Zuckerwerte zu überwachen. Doch wir dürfen nicht vergessen, dass wir mit diesen Hilfsmitteln noch eine ziemliche Ausnahme sind. Für die allermeisten Diabetiker ist die konventionelle Blutzuckermessung nach wie vor der Standard. Sie ist für Dr. Simon auch kein Auslaufmodell, vielmehr sieht er ihr Potenzial längst nicht ausgeschöpft. „Wir brauchen keine Datenfriedhöfe mit Blutzuckerwerten von über 200 mg/dl (11,1 mmol/l) über etliche Wochen, ohne dass der Patient Konsequenzen daraus zieht!“
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Quelle: Roche Diabetes Care
 

Kontinuierliche Glukosemessung kann stressen und frustrieren

Gleiches gelte für die neuen Verfahren zur kontinuierlichen Glukosemessung. „Ohne Schulung sind Patienten schnell überfordert. Sie sehen, dass in ihrem Körper Dinge vor sich gehen, von denen sie nichts wussten und die sie nicht verstehen“, sagte Dr. Simon, „und manche machen die vielen Informationen schlicht verrückt, so dass sie beginnen, nicht mit dem Diabetes, sondern für den Diabetes zu leben.“ Diese Beobachtung kann ich tatsächlich auch aus meiner Erfahrung bestätigen: Manchmal fühle ich mich angesichts der vielen Informationen, die mir meine lückenlosen Verlaufskurven liefern, auch einfach nur überrollt und überfordert. Und das, obwohl ich vermutlich ganz unbescheiden behaupten darf, dass ich mich recht gut mit meinem Diabetes auskenne und ihn in der Regel auch ziemlich gut im Griff habe.
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Quelle: Roche Diabetes Care

Kreislauf aus Schulung, Messung, Dokumentation, Auswertung, Beratung

Dr. Simon glaubt, dass Menschen mit Diabetes ihre Erkrankung besser managen können, wenn alle Einzelkomponenten der Diabetestherapie in einen strukturierten Therapieprozess integriert werden. Klingt kompliziert, ist aber im Grunde einfach ein stetiger Kreislauf aus Schulung, strukturierter und therapieadaptierter Glukosemessung, ordentlicher Dokumentation, systematischer Analyse, personalisierter Behandlung und Überwachung der Therapieziele durch den Diabetologen. Sorry, das war jetzt Ärzte-Sprech. Ich persönlich mag den Begriff „Überwachung der Therapieziele“ nicht sonderlich, denn er klingt mir verdächtig nach Big Brother. Kann man nicht einfach „Beratung“ sagen? Aber im Kern hat Dr. Simon sicherlich recht: Was bringt das viele Messen, wenn man die Daten nicht auswertet? Oder wenn man sie zwar analysiert, aber keine Konsequenzen daraus zieht? Oder wenn der Diabetologe sie sich überhaupt nicht anschaut? Oder wenn er immer nur Therapieempfehlungen von der Stange gibt, obwohl doch jeder Diabetiker maßgeschneiderte Ratschläge braucht? Ob sein System tatsächlich zu besserer Diabeteseinstellung und weniger Therapiefrust führt, wird aktuell in einer Studienreihe namens PDM-ProValue untersucht. Erste Ergebnisse werden zum Jahresende erwartet – ich bin einmal gespannt!

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