„Diabetes-Kids ahoi“ – der Segeltörn 2017

Die Mitglieder der virtuellen Selbsthilfegruppe Diabetes-Kids machen auch in der realen Welt viel gemeinsam, treffen sich, fahren zusammen in Urlaub … Und auch die Weltmeere (spezielle das holländische Wattenmeer) machte eine Diabetes-Kids-Gruppe im Mai unsicher. Von Angela Chimienti, einer der Seglerinnen, gibt’s dazu einen tollen Segeltörn-Bericht mit vielen Bildern.

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  Autorin: Angela Chimienti Erstveröffentlichung im Diabetes-Kids-Elternblog; mit freundlicher Genehmigung von Diabetes-Kids.de Voller Vorfreude machten wir uns am 24. Mai 2017 auf den Weg nach Harlingen in den Niederlanden, wo bereits zum vierten Mal die Segel für den Diabetes-Kids-Segeltörn gehisst werden sollten; dieses Mal wieder auf dem Dreimastschoner “Noorderlicht”. Die“Noorderlicht“ sollte am kommenden Tag auf ihre dreitägige Reise durch das holländische Wattenmeer in See stechen. In diesem Jahr nahmen 40 Personen teil. Mit an Bord waren 18 Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 16 Jahren, mit jeweils einem Elternteil, sowie ein wundervolles Orga-Team rund um Michael Bertsch, seines Zeichens Hauptorganisator, und die Crew des Schiffes. Gesponsert wurde diese Fahrt durch die diabetesDE Charity-Gala.
Bild: Diabetes-Kids
Ein Abenteuer begann und wurde am Ende zu einer fantastischen Reise, begleitet von strahlendem Sonnenschein, blauem Himmel, lauen Abendstunden und zauberhaften Begegnungen. Aber davon später mehr… Gegen 19:30 Uhr kamen wir am Hafen an und wurden an Bord bereits herzlich empfangen. Schnell wurde das Gepäck ausgeladen, die passende Kajüte gesucht, erste Kontakte geknüpft, das Auto auf dem Parkplatz abgestellt. Aus der Kombüse zog der Duft von frisch gekochter Tomatensuppe, zufriedene Gesichter sahen uns an, Leichtigkeit breitete sich aus. Ankommen, kennenlernen, gemeinsames Abendessen, lecker war‘s von Sushi bis zur Suppe. Der erste Abend nahm seinen Lauf, die Sonne ging unter und eine entspannte Atmosphäre trat ein.
Bild: Diabetes-Kids
Gemeinsam an Deck sitzend, redend, zuhörend, mitsingend, lachend – hier gilt mein besonderer Dank Frank Brands, dem es gelang, singend und mit der Gitarre in der Hand, uns mit seiner Stimme zu begeistern und mitzunehmen.
Bild: Diabetes-Kids
Müdigkeit breitete sich aus. Nach und nach fand jeder seinen Weg ins schmale Bett. Nur Michael Bertsch musste noch mal raus und ließ um 1:30 Uhr die letzten Gäste an Bord.

 Der erste Tag auf See

Der erste Morgen erwachte. Langsam kletterten alle aus ihren Kajüten und begrüßten den Tag, der uns mit blauem Himmel, einer leichten Brise Wind und Sonnenschein empfing.
Bild: Diabetes-Kids
Nach einem reichhaltigen Frühstücksbüffet gab es eine erste Sicherheitseinweisung durch die Crew, fest ein Ziel im Blick: kein Kind, keine Frau oder Mann über Bord! Nebenbei wurde das richtige Knoten geübt, geplaudert und gelacht. Dann war es soweit: Die Segel wurden gehisst und die „Noorderlicht“ nahm Kurs Richtung Tershelling auf. Jeder fand seinen Platz.
Bild: Diabetes-Kids
Nächste Etappe des Segeltörns: Trockenfallen vor Terschelling Aus dem Schiff rausklettern, mit nassen Füßen und Beinen die Natur mit allen Sinnen spüren und sehen. Zeit für „Ameisenscheisse“ und „Schokolade“: Ein erstes Gruppenfoto musste her – oder zwei oder drei.
Bild: Diabetes-Kids
Nun hatte man die Qual der Wahl: Per „Noorderlicht“ nach Terschelling segeln oder zu Fuß durchs Watt zur Insel laufen. Das Kind entschied sich für Variante 1, ich mich für Variante 2. Der Weg dorthin war zauberhaft, denn das Wattenmeer zeigte sich auf ganz vielfältige und verwunschene Weise.
Bild: Diabetes-Kids
Ankommen. Die Insel erkunden. Hier blieb nun Zeit für ein Eis, für eine Pommes mit Erdnusssoße, eine Latte Macchiato, für einen Spaziergang oder mehr, bis die „Noorderlicht“ anlegte und uns alle wieder vereinte.
Bild: Diabetes-Kids
Auf Kosten von Diabetes-Kids machten sich die Jungs und Mädels auf zur Eisdiele. Strahlende Gesichter um uns herum. Fazit: Holländisches Eis kann was!

 Gemeinsames Essen, gemeinsames Schätzen

Dann war auch schon wieder Abendessenszeit. Seeluft macht hungrig! Alle Mann an Bord, Essen stand auf dem Tisch. Versorgt haben wir uns selbständig. Die Verpflegung wurde vorher besorgt.
Bild: Diabetes-Kids
Morgens begrüßte uns ein leckeres Frühstücksbüffet. Das Frühstücksteam war da schon lange wach. Gemeinsam wurden in wechselnden Kochteams kulinarische Höchstleistungen erbracht, ob Tomatensuppe, Kartoffelsalat mit Würstchen, Spaghetti mit Bolognese, Nudeln mit Tomatensoße, Reis mit Hähnchencurry oder Cheeseburger, frisch an Deck gegrillt … Sämtliche Wünsche wurden hier erfüllt. Gemeinsames Essen hieß auch: Es wurde geschlemmt, es wurden Kohlenhydrate geschätzt, Blutzucker gemessen, Glukose gescannt, Werte verglichen, Insulin abgegeben oder auch nicht.

 Hier sind wir alle gleich

Hier sind wir alle gleich – ein Gefühl, das die Kids nicht täglich in ihrem Alltag erleben. Längst sind sie hier an Bord zu einer Einheit geworden, unabhängig von Alter oder Geschlecht, und ganz nebenbei tauschten sie sich aus – über dies und das und nebenbei auch über Diabetes. Auch darüber, was sie besonders nervt. Manchmal sind es wohl auch ihre Eltern, die mit der Frage nach Werten einfach nur nerven und nervten. Ein täglicher Balanceakt, insbesondere auch in Zeiten von Pubertät, eine Aufgabe für alle Beteiligten. Während die Kids dann UNO spielten, in der Hängematte lagen, Musik hörten, einen Film schauten, Süßes und Herzhaftes knabberten, gab es für uns Eltern einen charmanten Vortrag von Isabell Lass, Fachpsychologin Diabetes DDG und selbst an Diabetes Typ 1 erkrankt. Das Thema: „Diabetes ohne Stützräder“. Tja, wo lasse ich los, wo vertraue ich in die Fähigkeiten im Umgang mit der Krankheit, wo stütze und begleite ich, weil es einfach noch nötig ist? Ein Bereich, der auch mich immer wieder an meine eigenen Grenzen bringt und starke Emotionen weckt. Auch hier das Gefühl: Ich bin damit nicht allein. Im Anschluss daran fanden wir uns an Deck zusammen, um einfach ein wenig Geselligkeit miteinander zu teilen. Ein weiterer wunderschöner Abend begann.

Der zweite Segeltörn-Tag: Wenn Engel reisen…

Früh stach die „Noorderlicht“ bei herrlichstem Wetter in See. Die Insel Vlieland begrüßte uns mit einer atemberaubendem Kulisse. Vor dem Mittagessen blieb viel Zeit fürs süße Nichtstun oder für einen Spaziergang durch die Dünen. Oder auch einfach nur für einen Einkauf im Supermarkt, ein Eis, eine fette Fritte oder fürs Krebseangeln. Ich fühlte mich einfach nur unglaublich entspannt, obwohl die Werte mir Seiten zeigte, die ich bis dato nicht kannte. Am Nachmittag machten wir uns dann gemeinsam auf den Weg. Ein grandioser Sandstrand war unser Ziel.
Bild: Diabetes-Kids
Dort fand die legendäre Standolympiade statt. Die Erinnerung zaubert mir erneut ein Lächeln ins Gesicht: Mit so viel Freude war der Strand erfüllt. Bevor es los ging, wichtig wichtig, wurde der Blutzucker gemessen oder die Glucose gescannt. Wir haben viel und laut gelacht, haben Disziplinen wie Dreibeinlauf oder Blindenlauf unseren eigenen Stempel aufgedrückt. Die Kinder mit ihren Eltern waren gemeinsam ein Team, kämpften um den Sieg.
Bild: Diabetes-Kids
Die Siegerehrung erfolgte im Anschluss vor dem Schiff. Aber irgendwie waren wir wohl alle ein wenig Sieger, auch im wahren Leben, oder wir sind Kämpfer, auf keinen Fall Verlierer! Am Abend stellte Kai Hilker, Diabetologin an Bord und ein Gewinn für alle, diverse Pumpen und CGM– und FMG-Systeme vor. Es fand untereinander ein reger Austausch statt, und ich erlebte es wieder als sehr lehrreich und wertvoll, aus den Erfahrungen Betroffener schöpfen zu dürfen. Der letzte Abend: ein erneuter Genuss. Chillen auf dem Deck ist gemütlich und nett. Da war ich dabei und noch nicht im Bett. Dank der Liedermappen waren wir quasi textsicher und konnten gemeinsam mit Frank, der noch mal auf der Gitarre spielte, singen und so über das Meer erklingen. Zwischenzeitlich waren wir alle ganz schön „Atemlos” durch die Nacht“ unterwegs ; ) und „Verdamp lang her, dat ich …“ sag ich nur … ; )
Bild: Diabetes-Kids
Zu sehen, wie aus fast Fremden eine Gemeinschaft wird, erfüllt mich immer wieder mit Freude und Dankbarkeit. Dies traf hier auf Groß und Klein wohl zu. Auch die Kinder fanden längst zueinander und erlebten Gemeinschaft. Die Uno-Karten wurden getauscht. Ein weiterer Film geschaut. Gechillt! Glücklich sein! Dafür hat sich alles gelohnt!
Bild: Diabetes-Kids

Der dritte Tag – die letzte Etappe

Morgähn…..aufgewacht! Um 8 Uhr stand das Frühstück auf dem Tisch. Vlieland wir kommen, per Rad und bei heißen Temperaturen, die Sonne im Blick und im Nacken.
Bild: Diabetes-Kids
Ist die Insel auch klein, so lud sie alle auf ihre feinen Wege ein. Selbst der teils mühsame Weg durch die Dünen schreckte die Radler nicht. Eine Rast war dann dennoch zur Erholung nötig, und so gönnten sich alle ein paar Minuten Ruhe, bevor es zurück an Bord ging.
Bild: Diabetes-Kids
Vor dem letzten gemeinsamen Mittagessen – es wurde an Deck gegrillt – wurde gepackt, ein letztes Mal geduscht, gespielt, ausgeruht. Das Ende einer Reise lag in der Luft und die Frage, wie schnell Zeit vergeht?! Die „Noorderlicht“ machte sich auf zur letzten Etappe, durchs Meer gleitend, auf ihre ganz besondere Art und Weise. Zurück nach Harlingen. Start- und jetzt Endpunkt. Leichte Melancholie machte sich breit, manch einer würde gerne verlängern. Aber sind es nicht die Erinnerungen, die einem ein Lächeln ins Gesicht zaubern und die für immer bleiben? Die Reise wird für immer eine dieser Erinnerungen bleiben, und wir alle reisen mit unendlich vielen Erfahrungen und Erlebnissen mehr im Gepäck zurück. 16 Uhr. Die Sonne brennt. Ein letzter Fahrtwind auf der Haut. Steigende Außentemperatur. Ankommen am Hafen Harlingen. Gemeinsam Gepäck ausräumen, die Autos vom Parkplatz holen, Gepäck verstauen. Zeit für den Abschied. Hände wurden geschüttelt, Menschen in den Arm genommen. Der Parkplatz leerte sich. Kommt alle gut heim! Wir waren dabei! „Gemeinsam“ und nicht „einsam und allein“ war sicher ein Motto dieser Tage. Wir sind nicht allein, auch beim Thema Diabetes ist das wahnsinnig wichtig und wertvoll.

Ein Dank von ganzem Herzen

Was fehlt jetzt noch? Vielleicht der wichtigste Teil. Ich will von Herzen danken….. Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Menschen, die dazu beigetragen haben, dass dieses Event überhaupt stattfinden konnte. An erster Stelle sei hier Michael Bertsch und seiner Frau Susann und seiner Tochter Caro für ihren unermüdlichen Einsatz im Sinne der Sache gedankt! Die Unterstützung kommt tatsächlich da an, wo sie am meisten gebraucht wird. Auch danken wir dem gesamten Orga-Team rund um Isabell, Kai, Franziska, Lars und Frank und auch allen Mitreisenden – ohne Euch diese Reise nicht zu dem geworden, was sie war. Ihr habt dieses Ereignis zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht, zu einer Erinnerung, die überdauert. Danke, dass wir Teil dieser fantastischen Reise sein konnten! Der aber wohl wichtigste Mensch, der trotz Diabetes mit einer grandiosen Leichtigkeit durchs Leben geht, ist mein Sohn, der mir täglich zeigt, dass die Krankheit ihn nicht aufhält und er das Leben in vollen Zügen zu leben weiß. Chill’ Du mal weiter … auch Dir danke ich für deine Begleitung!
Bild: Diabetes-Kids
von Angela Chimienti Erstveröffentlichung im Diabetes-Kids-Elternblog; mit freundlicher Genehmigung von Diabetes-Kids.de

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