Kinderwunsch mit Diabetes – ist das wirklich “Wahnsinn”?

Janis und Caro sind seit drei Jahren ein Paar und seit Kurzem verlobt. Für die Zukunft wünschen sie sich Nachwuchs – und bekamen die Frage gestellt, ob sie den Kinderwunsch überhaupt verantworten könnten. Ihre Gedanken dazu lest ihr hier.

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Ein Kind zu bekommen, bedeutet immer, eine riesengroße Verantwortung zu übernehmen. Ein Kind zu bekommen, bedeutet, für den Rest des Lebens für jemand anderen Sorge zu tragen und sich nach bestem Wissen und Gewissen um diese andere Person, sein eigen Fleisch und Blut, zu kümmern. Nun sind wir beide Typ-1-Diabetiker. Das birgt ein gewisses Risiko für unser eigenes Leben. Werden wir an Spätfolgen erkranken? Werden wir früher als andere auf fremde Hilfe angewiesen sein? Werden wir gar früher sterben? Solche Gedanken sind selten. Und doch stellen wir uns ab und an diese Fragen. Sind wir wahnsinnig? Dürfen wir uns den Kinderwunsch erlauben? Letztens wurden wir gefragt, ob wir denn „wahnsinnig“ seien, ein Kind in die Welt setzen zu wollen. Schließlich wäre das Risiko, dass es selbst an Diabetes erkrankt, deutlich höher als bei gesunden Eltern. Und wer wisse, ob wir aufgrund des Diabetes überhaupt in der Lage sein würden, uns immer um unser Kind kümmern zu können?
Quelle: Pixabay
Für uns stand es nie zur Debatte, ob wir es uns „erlauben“ dürften, einen Kinderwunsch zu haben und unser Familienglück wahr zu machen. Und doch regen solche Worte zum Nachdenken an. Ich selbst hatte nie Probleme mit meiner Erkrankung. Ich habe sie angenommen und lebe nun so gut es eben geht damit. Bei Janis sah das zumindest in seiner Jugend anders aus. Es ging ihm nicht gut mit dem Diabetes, und es wäre fast schlecht für ihn ausgegangen. Würde unser Kind uns hassen? Statistisch gesehen liegt die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind von Diabetikern selbst an Diabetes erkrankt, bei etwa 25 Prozent. Was also würde es mit unserem Kind machen, wenn es Diabetes bekommt? Würde es uns dafür hassen, dass wir ihm diese Krankheit weitergegeben haben? Würden wir mit der Verantwortung zurechtkommen, für die Krankheit dieses kleinen Wesens zu sorgen? Es ist schließlich etwas anderes, wenn man seine eigenen Blutzuckerwerte versaut, wenn man mit Hypoglykämien zu kämpfen hat oder die Werte stundenlang einfach nicht sinken wollen. Doch das eigene Kind unter den Folgen einer Krankheit leiden zu sehen, die man ihm mit großer Wahrscheinlichkeit selbst vererbt hat und dafür verantwortlich zu sein – das stellen wir uns extrem schwierig vor.

Die Angst bleibt – auch wenn wir Unterstützung haben

Andererseits ist es für Kinder, die mit der Erkrankung aufwachsen und tagtäglich sehen, dass man als Elternteil ganz selbstverständlich damit lebt, vielleicht gar nichts „Unnormales“, wenn es selbst an Diabetes erkrankt. Und dennoch – die Angst davor, sein eigenes Kind mit all den Dingen, die der Diabetes mit sich bringt, konfrontiert zu sehen, bleibt. Dass wir selbst einmal nicht in der Lage sein sollten, uns um unser Kind zu kümmern, weil eine schwere Hypoglykämie, eine Ketoazidose oder sonst etwas Unvorhergesehenes passiert, sehen wir nicht als „Grund“, uns gegen ein Kind zu entscheiden. Bisher ist es uns noch nie passiert, dass wir gleichzeitig in einer besorgniserregenden Situation steckten. Und selbst wenn es einmal so kommen sollte, so hätten wir eine großartige Familie hinter uns stehen, die jederzeit einspringen würde.
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Wir wollen Kinder – und werden uns bewusst entscheiden

Insgesamt ist für uns klar, dass wir Kinder bekommen wollen – der Kinderwunsch ist da. Und dass wir irgendwie damit zurechtkommen müssen und werden, wenn es dazu kommen sollte, dass eines unserer Kinder unsere Krankheit erbt. Mit Diabetes zu leben, ist schließlich kein Todesurteil, und wir leben in einer Zeit, in der alles dafür getan wird, ein möglichst normales Leben führen zu können. Es gibt Studien für Kinder von Eltern mit Typ-1-Diabetes; darin wird die Erkrankung erforscht und mittlerweile dafür (zumindest in einigen Fällen) gesorgt, dass der Ausbruch der Krankheit zumindest verzögert werden kann. Wenn wir uns also bewusst für ein Kind entscheiden, entscheiden wir uns damit auch bewusst für die Möglichkeit, dass wir dem Kind möglicherweise eine Krankheit vererben, die wir uns selbst manchmal wegwünschen. Wir entscheiden uns aber auch für das Wunder des Lebens, für eine Familie und für das größte Glück der Welt.
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  Auch Antje hat sich schon mit der Frage beschäftigt, ob ihr Sohn vielleicht Diabetes bekommt – und hat sich sogar über Diabetes-Risikotests informiert.   

11 Kommentare zu “Kinderwunsch mit Diabetes – ist das wirklich “Wahnsinn”?

  1. Hallo Carolin,
    die Entscheidung kann euch keiner abnehmen, aber ich finde, dass die Behandlung von einer Diabeteserkrankung, sich heute doch gut händeln lässt. Wenn man darüber nachdenkt, was oder was nicht alles passieren kann, ist das wie einen Beipackzettel lesen. Alles kann aber muss nicht.
    Ich bin außerdem der Meinung, dass die Gefahren ohne Diabetes auch nicht ohne sind. Es fängt im öffentlichen Verkehr und hört mit Korea oder Trump auf.
    Aber wie schon geschrieben, das ist eure Entscheidung.
    MfG,
    Wilfried

  2. Diese Entscheidung müsst ihr selber treffen , aber die Technik entwickelt sich und die Forschung schreitet voran . Und zu 75% wird es keinen Diabetes entwickeln …. aber es ist das schönste Geschenk auf der Welt einen kleinen Menschen auf der Welt begrüßen zu können …. hört auf euer bauchgefühl …. ich wünsche euch viel Glück und alles Schöne ….

  3. Hallo Carolin,
    ich habe kein Diabetes, und mein Mann auch nicht. Dennoch hatte ich während meinen drei Schwangerschaften ständig Angst. Angst vor Schädigungen während der Schwangerschaft. Angst vor Schädigungen während der Geburt. Angst vor geistigen oder körperlichen Behinderungen. Angst vor lebensbedrohlichen Erkrankungen. Angst vor dem plötzlichen Kindstod. Angst vor Unfällen. Alles nicht eingetroffen. Bis jetzt…
    Mit zweieinhalb Jahren bekam mein Jüngster dann Diabetes. Und ist glücklich. Und ich bin es auch. Ich nehme die Herausforderung an und füge sie in mein Leben ein, wie ich auch andere Herausforderungen in meinem Leben meistere. Mal besser, mal schlechter, mal mit Hilfe, mal ohne. Das Leben ist voller Überraschungen und vieles müssen wir nehmen, wie es kommt. Ob wir es mögen oder nicht. Es geht immer darum, was wir daraus machen. Ich lebe nach dem Motto: es kommt, wie es kommt, und es kommt immer anders!
    Und ich würde mich immer wieder für Kinder entscheiden. Mit oder ohne Diabetes. Und ja, eure Kinder werden euch hassen! Aber nicht wegen eines eventuell vererbten Diabetes. Da gibt es ganz andere Dinge 😉
    Kinder sind eine Herausforderung! Nehmt sie an! Viel Spaß dabei!
    Herzliche Grüße
    Kirsten

    1. Liebe Kirsten,

      Vielen Dank für deine lieben Worte! Sie haben mich sehr berührt. Kommentare wie dieser sind der Grund dafür, über gehässige Fragen, böse Worte und verletzende Meinungen hinwegsehen zu können:)
      Liebste Grüße,
      Caro

  4. Hallo Caro,
    ich habe meinen Diabetes schon 40 Jahre, mein Mann noch länger. Als wir heirateten standen wir vor der gleichen Frage. Wir haben uns beraten lassen und haben uns dann für Kinder entschieden. Ich war zweimal schwanger und habe jetzt einen Jungen (35 Jahre alt) und ein Mädchen (32). Beide haben unser Leben sehr bereichert. Auch wenn unser Sohn mit 13 Diabetes bekam, hat er uns nie gehasst. Der Fortschritt der Technik macht das Leben sehr viel leichter. Ich würde nie mehr auf Kinder verzichten wollen. Hört auf Euer Herz und auch den Bauch. Liebe Grüße Conny

  5. Hallo Carolin,
    Mein Mann und ich sind beide gesund. Als wir uns vor zwölf Jahren entschieden haben Kinder zu bekommen haben wir nur die aller nötigsten Vorsorge Untersuchungen machen lassen. Wir haben immer gesagt wir nehmen was Gott uns schenkt. Nun haben wir zwei wunderbare Söhne. Der große bekam mit 4 Diabetes. Er ist fast 12. Wir kannten die Krankheit überhaupt nicht. Es waren auch sehr schwere Zeiten. Aber es hat uns alle sehr stark gemacht und wir sind alle sehr glücklich. Und auch ich weiß nicht ob ich immer für meine Kinder da sein kann. Wer weiß was morgen ist. Es gibt so viele Risiken im Leben. Für Kinder lohnt sich jedes.
    LG Verena

  6. Ein Internist hatTermine meinem Mann geraten, sich sofort zu trennen, da ich Diabetes habe und ein Kinderwunsch nicht möglich sei. Das war vor 28 Jahren. Mein Mann hat sofort den Arzt gewechselt. Ich habe 1990 in einer Diabetesklinik in Bad Kissingen gearbeitet und wurde dort auch während meiner Schwangerschaft vom Chefarzt betreut. Wir haben es nicht bereut, trotz Diabetes einen gesunden Sohn zu bekommen. Ich wünsche euch viel Glück. In der Schwangerschaft war mein Diabetes so gut eingestellt wie nie zuvor. HbA1C-werte 5,9 bis 6,5. Eine Schwangerschaft ist in der heutigen Zeit für einen Diabetiker bestens händelbar.

  7. Hey Carolin,

    mein Vater hat Typ 1 und bei mit kam die Diagnose in der Jugend. Meine Eltern haben sich daraufhin wohl auch vorwürfe gemacht… Aber glaub mir, ich hatte niemals auch nur den Gedanken daran, meinem Vater die schuld an meiner Diabetes Erkrankung zu machen. Im Gegenteil, ich bin damit aufgewachsen und hatte immer jemanden den ich fragen konnte und mit dem ich mich bis heute bei jedem gemeinsamen essen austauschen kann!
    Mittlerweile habe ich selber zwei Kinder, und die sind Kerngesund 😉

  8. Hallo,

    für mich stand immer fest ich möchte Kinder,auch wenn ich seit klein auf Diabetes habe.
    Sicher hatte ich auch Angst ,was ist wenn sie es auch bekommen ?
    Die Schwangerschaft mit meinem Sohn konnte ich nur kurz genießen,da ich es leider erst spät erfahren habe.Und dann saß ich da und dachte mir nur, Oh man was ist wenn er etwas hat ? Meine Werte waren von klein auf Katastrophal.
    Zum Glück hat er nur kleine “Macken” abbekommen.
    Die Schwangerschaft mit meiner Tochter konnte ich von Anfang an genießen,wir konnten sie vorher planen,trotz nicht so perfekter Werte.
    Bis Juni 2016 ging es ihr gut,seitdem lebt sie auch mit Typ1 Diabetes.
    Aber heutzutage gibt es super Behandlungsmethoden.

    Also Entscheide nach deinem Herzen 🙂

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