Wenn Diabetiker auf andere Diabetiker treffen

Am Wochenende fand das erste Diabetes-Barcamp der Blood Sugar Lounge in Frankfurt am Main statt. Die Blood-Sugar-Lounge-Autoren reisten schon am Freitag an – zur Redaktionskonferenz. Wie unser Lounge-Neuling Nadja das Wochenende erlebt hat, berichtet sie euch hier.

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Als ich nach 3 Stunden Autofahrt endlich bei Frankfurt von der Autobahn abfahre, kommt langsam die Aufregung. Gleich treffe ich die ganzen Blood-Sugar-Lounge-Kollegen. Ich bin Neuling, schreibe erst seit einem knappen halben Jahr für die Lounge. Ich weiß, dass viele dort sind, die schon jahrelang bloggen. Auf einem Barcamp war ich vorher auch noch nie. Werde ich Anschluss finden? Wird man mich kritisieren? Sind das alles moralische Vorbild-Diabetiker? Worüber werden wir überhaupt sprechen?

Erzwungener Smalltalk? Fehlanzeige!

Pünktlich machen wir uns auf Richtung Mediacampus. Die Erste, mit der ich so richtig rede, ist Susanne. Susanne ist auch erst relativ kurz bei der Blood Sugar Lounge.  Wir reden kurz über unsere Anreise und wo wir herkommen. Danach geht es sofort über FreeStyle Libre, Diagnosezeitpunkt, Insulinpumpen, Reaktionen von Freunden und Familie auf den Diabetes. Erzwungener Smalltalk? Fehlanzeige! Als wir ankommen, stehen schon Häppchen und Getränke für uns bereit. Es gibt eine kurze Ansprache, und danach haben wir circa eine Stunde Zeit, uns gegenseitig alle ein bisschen zu „beschnuppern“, bevor es in die #BSL-Redaktionskonferenz geht. Viele kennen sich schon aus vorherigen Veranstaltungen. Ich schnappe mir ein Glas Wein und stelle mich überall mal ein bisschen dazu. Bis jetzt läuft alles eigentlich sehr entspannt.
Foto: Stephan Benz

Bei euch piept es wohl?

Um 19 Uhr starten wir mit der Redaktionskonferenz. Alle stellen sich noch einmal kurz vor. Einige Namen kenne ich schon oder ich habe selbst schon Artikel von ihnen gelesen. Plötzlich ein vertrautes piep piep piiiep piiiep. Eindeutig ein mylife OmniPod. Ich fasse aus Reflex an meine Pumpe. Sonntagmorgen beim Frühstück erfahre ich, dass ich da nicht die Einzige war. Normalerweise weiß ich bei diesem Ton schon, dass er irgendwo von meinem Körper kommt. Doch diesmal ist es nicht mein eigener. Ein Schmunzeln huscht mir über die Lippen. Nach der Redaktionskonferenz beschließen die meisten von uns, noch einen kurzen Umtrunk an der Hotelbar zu nehmen. Wir reden hauptsächlich über Diabetiker-Zeugs. Ich lerne Steffi kennen und bin ganz begeistert von ihren Diabetes-Stickern. Basti erzählt von seinen ganzen Projekten und wo er überall dabei ist, ziemlich beeindruckend. Lisa und ich finden heraus, dass wir beide Geschwister und Elternteile haben, die auch unter Typ-1-Diabetes leiden. Der harte Kern unterhält sich noch bis 4 Uhr morgens, ich kapituliere um 2 Uhr.

Auf zum Barcamp

Um 9 Uhr am Morgen geht es für uns am Mediacampus weiter. Über 100 Leute sind gekommen. Neben uns Autoren sind auch Leute vom CampD, Novo Nordisk und natürlich ganz viele Typ-1-und Typ-2-Diabetiker da. Vom Diabetes-Song über Ernährungsdiskussionen bis zur Unterhaltung über Folgeerkrankungen – der Session-Plan ist riesig. Insgesamt 28 Sessions in 6 Räumen sind heute angesetzt. Ausnahmsweise würde ich mich mal gerne in zwei Hälften reißen können.

Die Sessions beginnen

Meine erste Session habe ich bei Michi im Live-Stream-Raum – die Session könnt ihr euch hier noch mal ansehen. Es geht um ein Video-Projekt für neu diagnostizierte Diabetiker. Zugegebenermaßen ein Thema eher für die BSL-Autoren. Aber auch viele Nicht-Autoren haben sich eingefunden, sind begeistert und bereit, mitzuarbeiten. Ich finde die Diskussion klasse und steige gleich voll mit ein. Die Live-Kamera habe ich nach wenigen Minuten schon total vergessen. Danach bin ich bei Maren von mysugarcase, die uns einen Überblick über die Gründung eines Unternehmens gibt, das mit Diabetes zu tun hat. Maren hat uns auch allen einen Sugarcase in unsere Session-Tüten gepackt. Ich hab mich sofort darin verliebt und bestelle mir spätestens nächste Woche den nächsten. Danach geht es zur Session über Diabetesaufklärung. Ein Thema, das mir persönlich sehr am Herzen liegt. Ich plappere so viel, dass Olli, die Sessionleiterin, mich manchmal zurückhalten muss. Die Dreiviertelstunde vergeht wie im Flug. Doch neben den ganzen Sessions unterhalten wir uns natürlich auch alle in der Pause über den Diabetes. Vor allem mit Marcel, Maggy und Kathi finde ich immer ein Gesprächsthema.

Beim Essen geht’s weiter

Die Zeit geht viel zu schnell vorbei, und um 18 Uhr ist schon Wrap-up. Die meisten Sessions werden nochmal kurz zusammengefasst, und es wird über die Ergebnisse des Tages gesprochen. Danach machen wir uns auf den Weg zum Apfelweinlokal „Zum Rad“, um typisch hessisch zu essen. Für mich gibt es Zwiebelrostbraten mit Pommes und danach Apfelkuchen. Die Gruppe ist immer noch riesig und unsere Unterhaltungen gehen weiter. Es ist wirklich erfrischend, sich mit Leuten zu unterhalten, die die gleichen Problemchen, Anliegen und Ansichten wie ich selbst habe. Keiner guckt komisch, wenn du dich schnell in den Finger pikst oder mit dem Handy am Arm (Libre-Sensor) rumfuchtelst. Man muss niemandem den Unterschied zwischen Typ-1- und Typ-2-Diabetes erklären. Keiner meckert über zu hohe oder zu niedrige Werte. Im Gegenteil. Wir geben uns gegenseitig Zuspruch und Tipps.

Blutzucker-Bingo

Ich bekomme am Rande mit, dass ein Foto von zwei Blutzuckerwerten im Vergleich gemacht wird. Innerhalb von 30 Sekunden liegen unzählige Handys und Lesegeräte auf einer Stelle. Blutzucker-Bingo. Ramona und ich gewinnen für den höchsten und den niedrigsten Wert. Die zwei Tage gehen viel zu schnell rum, und so sitze ich am Sonntag früh schon wieder im Auto auf den Weg nachhause. Meine Bedenken waren völlig unberechtigt. Ich habe neue Freunde kennengelernt, neue Eindrücke gewonnen und zwei wundervolle Tage in Frankfurt verbracht. So bleibt mir nur zu sagen: Bis zum nächsten Diabetes-Barcamp der Blood Sugar Lounge – mich seht ihr dort AUF JEDEN FALL!

2 Kommentare zu “Wenn Diabetiker auf andere Diabetiker treffen

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