Gemeinsam geht vieles besser – 2 Diabetiker im Urlaub

Verreisen mit Diabetes – damit hat Michelle schon Erfahrung. Doch dieses Jahr gab es eine Premiere im Familienurlaub, denn ihr Bruder hat seit Anfang des Jahres ebenfalls Diabetes. Wie ist es mit zwei Diabetikern im Urlaub?

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Im Juli gingen wir als Familie für 2 Wochen in die Ferien. Wir fliegen schon seit einigen Jahren immer wieder in die Türkei. 6 Mal davon hatte ich den Diabetes schon im Gepäck. Einzige Veränderung in diesem Jahr war, dass mein Bruder (13) nun seit Februar auch Diabetes hat.

Diabetes-Gepäck für zwei

Somit war mein Koffer, welchen ich als Handgepäck immer mitnahm, dieses Mal randvoll: mit einer Schachtel Katheter, drei Dexcom-Sensoren, Fixationspflaster für den Dexcom, meinen 2 Ersatzpens, Notfallpens, Ersatzpumpe (warum diese noch eine große Rolle spielte, werde ich später erwähnen), FreeStyle-Libre-Sensoren von Yannick, Hypohelfern, Reisewaage, seinen Insulinpens und Kanülen.
Quelle: Michelle Mirer
Wir flogen von Zürich nach Izmir. Bei der Anreise ging alles recht flott, außer, dass ich vergaß, den Orangensaft aus meiner Tasche zu nehmen. Die Dame an der Sicherheitskontrolle wies mich freundlich drauf hin, beim nächsten Mal den Saft aus der Handtasche zu nehmen und ihnen den Grund des Saftes zu erklären. Yannick und ich führten beide ein Medical Attest mit, welches von unserem Diabetologen auf Englisch verfasst wurde. Dieses wurde jeweils kurz von den Sicherheitsbeauftragten angeschaut. Ich hatte das Gefühl, dass sie uns umsichtiger behandelten als die anderen Reisenden. Wir sind jedes Mal etwas aufgeregt mit dem ganzen medizinischen Gepäck, zumal mein Bruder noch eine Nussallergie hat, die auch noch zusätzliche Medikamente erfordert. Kurz vor dem Flug haben wir unser Lunchpaket von zuhause gegessen (Brot und Obst). Nach knapp dreistündigem Flug (ohne Mahlzeiten) plus einer Stunde Transfer kamen wir erschöpft im Hotel an. Wir hatten für vier Personen ein Familienzimmer.

Start frei für „all inclusive“

Meine Werte waren den ganzen Urlaub hindurch eher etwas niedrig, da ich viel im Wasser war. Habe während des Türkeiaufenthalts immer wieder meine Basalrate nach unten korrigiert. Ich konnte mir viele Leckereien erlauben, die ich zuhause genauer berechnen hätte müssen. Es lag auch mal ein Eis drin, ohne dass ich was dafür bolen musste. Das All-Inclusive-Paket ist für uns immer von Vorteil. Es war kein Problem für uns Diabetiker, aus der großen Auswahl der Speisen etwas Geeignetes zu finden. Das Angebot ist einfach perfekt. Wir hatten, wie jedes Jahr, unsere Reisewaage dabei und haben das meiste abgewogen, was von Außenstehenden kaum bemerkt wurde.
Quelle: Michelle Mirer
Für meinen Bruder war es auch schon normal, mit der Waage an den Tisch zu gehen. Er war während der Ferien noch in der Remissionsphase, sodass er wenig Insulin benötigte und es zum Teil auch ganz weglassen konnte. Hatte er einmal etwas höhere Werte, ging er für eine viertel Stunde ins Wasser. Der Unterschied von Yannick und mir war, dass ich immer an meine Pumpe „denken“ musste und sie immer an mir hatte. Dies auch bei 40 Grad. Ich trage meine Pumpe immer im BH bzw. Bikini. Yannick musste nur an seine Insulinpens denken, wenn wir zum Essen gehen wollten. Im Wasser konnte er sich freier bewegen. Ich hingegen musste immer ans An- und Abkoppeln denken.

Ein Handtuch mit Spezialfach

Meine Pumpe hatte ich nie versteckt und habe sie offen am Bikinioberteil getragen. Für die Strandliege hat mir meine Mutter eine kleine Stofftasche genäht, damit die Pumpe nicht sandig wird. Außerdem hatten mein Bruder und ich je ein spezielles Handtuch mit Seitentaschen für Saft, Pumpe, FreeStyle Libre und Sonnencreme… Die Nächte in einem Familienzimmer mit zwei Diabetikern waren etwas unruhig. Wenn ich eine Hypoglykämie hatte, hörte Yannick meinen Dexcom-Alarm und wachte auch dadurch auf. Er ärgerte sich immer über meine Hypos und machte sich Sorgen. Seine Werte hingegen spielten in der Nacht auch oft verrückt und unsere Mama kontrollierte mit dem FreeStyle Libre. Ich wachte davon auch öfters auf. Wir haben daraus gelernt, dass wir in Zukunft kein Familienzimmer mehr nehmen werden, da ständig alle wach werden und keiner richtig ausgeruht ist. Außer mein Vater, der kann immer tief schlafen :). Nun komme ich zu dem Teil, weswegen meine Ersatzpumpe doch noch wichtig wurde.

Einsatz für die Ersatzpumpe

Vor meinem Urlaub beantragte ich bei Medtronic eine Ersatzpumpe. Die Pumpe wurde mir kurz vor dem Urlaub zugestellt. Da wir uns nicht in Europa aufhielten, bekam ich die Ersatzpumpe ohne Probleme. An einem Urlaubstag am Strand spürte ich, wie meine Pumpe im Bikinioberteil vibrierte. Bei einem kurzen Blick auf die Pumpe sah ich folgende Fehlermeldung: „Kritischer Pumpenfehler…“. Ich wurde schon ein wenig nervös, da ich das noch nie hatte. Dies legte sich aber einige Sekunden später schon wieder, da ich wusste, dass ich eine Ersatzpumpe dabeihatte. In diesem Moment war es auch sehr vorteilhaft, dass ich zu Hause meine Basalrate handschriftlich aufgeschrieben und zusätzlich noch mit meinem iPhone Bilder der Basalrate, des BE-Faktors etc. gemacht habe. Dies erleichterte es mir sehr, die Einstellung der Ersatzpumpe schnell vorzunehmen, und die Ausfalldauer hielt sich so in Grenzen.
Quelle: Michelle Mirer

Die Hitze war schuld

Als ich dann die Batterie und das Reservoir aus der kaputten Pumpe entnahm, sah ich, weswegen wohl meine Pumpe den Geist aufgegeben hatte. Einige Tage zuvor hatte ich die Batterie der Pumpe ausgetauscht. Durch die heißen Temperaturen der Türkei war wohl die Batterie ausgelaufen. Doch wie sagt man so schön? Ein Problem kommt selten alleine. Meine nicht mehr funktionierende Pumpe hörte nicht mehr auf, einen Warnton von sich zu geben. Sie warnte nun im 15-Sekunden-Takt. Da dies neu für mich war, wusste ich nicht, wie ich es stoppen konnte. Also rief ich nach kurzem Überlegen die Hotline von Medtronic an. Die Dame am Telefon erklärte mir, dass ich nur rechts von den vier Knöpfen oben die Taste etwa 7 Sekunden drücken muss. Dies tat ich dann und die Pumpe war somit endlich ruhig. Da ich dann direkt bei Medtronic dran war, fragte ich die Frau am Telefon noch, ob ich die Ersatzpumpe von diesem Zeitpunkt an behalten darf. Sie antwortete mir: „Selbstverständlich!“ Seit diesem Moment gehört nun die schwarze „Ersatzpumpe“ mir. Pink wäre schöner gewesen, aber das ist nicht weiter schlimm. Wichtig ist, dass alles funktioniert.
Quelle: Michelle Mirer
Als ich vom Urlaub wieder zu Hause in der Schweiz war, schickte ich meine defekte Pumpe an Medtronic zurück. Ich war froh, dass ich eine Ersatzpumpe dabeihatte. Das könnt ihr mir glauben.  
Auch Anja hat Erfahrungen mit Urlaub und Diabetes gemacht und davon berichtet: Keep cool! Strandurlaub mit Diabetes (und -) Hund

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