Mein 49-jähriger Teenager

49 Jahre sind der Typ-1-Diabetes und Katrin schon ein Team. Was der Diabetes für sie bisher bedeutet hat, lest Ihr hier.

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Sollte man nicht annehmen, dass ein Typ-1-Diabetes mit zunehmendem Alter immer erwachsener wird? Eigentlich schon, aber meiner ist aus dem Teenager-Alter nie herausgekommen. Was man ihm auch sagt: Er macht grundsätzlich das, was er will! Ob ich nett zu ihm bin, fast schon unterwürfig, oder streng – es ist ihm egal. Und das, obwohl er heute seinen 49. Geburtstag feiert…

Happy 49th
Quelle: netsign – Fotolia

Jedes Jahr gemeinsam älter

Die Diabetes-Diagnose kam am Geburtstag meiner Mutter. Als die Kinderärztin meinen Eltern sagte, dass ich Typ-1-Diabetes habe, war das ein Schock! Zwar nicht für mich – ich war viel zu klein, um die Tragweite zu begreifen –, aber natürlich für meine Eltern! Und das genau an diesem besonderen Tag – der dadurch seitdem für mich ein Tag des doppelten Feierns und Drandenkens ist: Meine Mutter und mein Diabetes wurden jedes Jahr gemeinsam ein Jahr älter.

#TypenTalk schon als Kind

Mit meinem Diabetes reifte auch mein Berufswunsch. Ärztin wollte ich werden, Kindern mit Diabetes helfen. Dazu trug auch bei, dass kurz nach meinem 5. Geburtstag ein weiterer Typ-1-Diabetiker in mein Leben trat: Mein jüngerer Bruder erkrankte. Außerdem hatte ich einen Großvater, bei dem ich mich daran erinnere, wie er mit seiner Glas-Metall-Insulinspritze auf dem Bett saß und sich Insulin injizierte; er hatte einen Typ-2-Diabetes. So hat der #TypenTalk bei uns in der Familie früh begonnen…

Chancen im Beruf

Und den wollte ich fortsetzen – eben in meinem Beruf. Aber „gesagt, getan“ wäre bei diesem beruflichen Ziel etwas schwierig, da gab es Hürden zu überwinden. Wahrscheinlich hat aber mein Diabetes, wegen der damaligen Zulassungswege zum Medizinstudium, sogar dazu beigetragen, dass ich Medizin studieren konnte.

Medizinstudenten
Quelle: JackF – Fotolia

Meine bisherigen Arbeitsstellen verdanke ich ebenfalls meinem Diabetes – die Krankheit war hier eine echte #DiaChance! Auch wenn der Diabetes manchmal durchaus eine Hürde sein kann – für mich bot er in den 49 Jahren, in denen wir nun schon als Team unterwegs sind, viele interessante Erlebnisse und schöne Erfahrungen.

Geprägt durch die vielen Jahre

Und es ist sicher kein Nachteil, beim #TypenTalk, den ich beruflich wie privat oft habe, auf so viele Jahre zurückblicken zu können – mit Glas-Metall-Spritzen und Kanülen zum Auskochen, die mein Bruder und ich zu Beginn wie mein Großvater benutzten, Kontrolle nur mit Urinzuckerteststreifen oder Tabletten zum „Aufkochen“, später Einmalspritzen und Blutzuckerteststreifen, bei denen die Farbänderung die Höhe des Blutzuckers anzeigte.

Irgendwann gab es dann Messgeräte so groß wie ein kleines Radio, Insulinpens kamen auf – bis dann allmählich auch die Insulinpumpen verfügbar waren und heute mit Systemen zum kontinuierlichen Glukosemessen koppelbar sind. Fast 50 Jahre sind einfach eine lange Zeit – die mich stark geprägt hat.


Diagnose heute und gestern – Michelle hat mit ihrem Onkel ein Interview zur Diabetes-Typ-1-Diagnose in verschiedenen Jahrzehnten geführt.

4 Kommentare zu “Mein 49-jähriger Teenager

  1. Vieles davon ist auch mir vertraut denn ich habe mittlerweile seit 41 Jahren den Diabetes als Begleiter an meiner Seite. Die Möglichkeiten und Therapien haben sich wirklich enorm entwickelt und machen es mir heutzutage sehr viel einfacher mit meinem Begleiter “freundschaftlich zusammen zu leben” .

  2. Mein “Teenager” ist nur 1 Jahr jünger. Die Aussagen im Artikel kann ich nur bestätigen. Wie ich mit dem ständigen Begleiter lebe, hängt entscheidend davon ab, ob ich ihn als Feind oder nur als lästig und überflüssig betrachte. “Freund” geht mir zu weit. Allerdings ist sein Verhalten ein guter Indikator festzustellen, was mir gut oder weniger gut tut.

  3. Hallo Katrin,

    ich wollte Dir schon eine halbe Ewigkeit auf Deinen Bericht schreiben, weil mein täglicher Begleiter seit über 28 Jahren auch nicht aus seinen Kinderschuhen kommt und sich manchmal aufspielt, obwohl sich die technischen Möglichkeiten zur Behandlung so verändert haben.

    Zwar hatte ich das Glück, keine Glas-Metall-Spritzen mehr nutzen zu müssen, aber über die Jahre hinweg habe ich natürlich auch einige Accessoires (mein erstes Messgerät von 1990, meine erste Insulinpumpe von 1997) angesammelt.

    Ich denke auch jedes Jahr an den Tag, an dem ich die Diagnose erhalten hatte, wobei der Tag Deiner Diagnose für Dich noch eine ganz besondere Bedeutung hat.

    Ich fand Deinen Bericht einen sehr gelungenen Überblick zur Diabetestherapie über die vergangenen Jahrzehnte hinweg. Obwohl die Therapiemöglichkeiten einfacher und der Aufwand für eine gute Einstellung enorm höher waren als heute – es musste funktionieren.

    Viele Grüße
    Emma

  4. Hallo Katrin,
    ich habe mit großem Interesse deinen Bericht gelesen.
    Was mich immer nachdenklich macht, ist das Weiterreicher (10%) vom Typ , an nachfolgende Generationen, in der Familie. Ein Diabetes ist in meiner Familie, mütterlich/väterlich, in 100 Jahren rückwertig betrachtet, nie vorgekommen. Aber vor 12 Jahren kam er von gestern auf heute, zu mir.
    Vielleicht über einen Infektion?? Aber wenn die Ärzte nichts wissen, war es immer eine Infektion.
    Jetzt habe ich schon Angst, dass meine Söhne und mein Enkel erkranken könnten. Aber, so wird es sicher sehr vielen von uns gehen.

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