Wenn das Pflegepersonal mehr Ahnung als die Ärztin hat

Das Diabetes-Management aus den Händen zu geben, ist für viele eine große Angst – doch im Krankenhaus sollte das kein Problem sein, oder? Antonia hat eine erschreckende Erfahrung gemacht.

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Anfang Februar musste ich, wegen meines Diabetes, ins Krankenhaus. Die Werte waren schon den ganzen Tag zu hoch, ließen sich nicht mit Pumpe und auch nicht mit Spritze korrigieren und als dann auch noch Bauchschmerzen und Übelkeit dazukamen, hat mich meine Mitbewohnerin in die Notaufnahme gebracht.

Diese „Kurve“ und Keto-Symptome waren der Grund für die Fahrt in die Notaufnahme. (Quelle: Antonia Ahlers)

In der Notaufnahme

Dort angekommen wurde ich erstmal über den Diabetes und meine Therapie ausgefragt. Anschließend kam eine Ärztin und las die Notizen des Pflegepersonals. Sie fragte mich dann nochmal, welchen Typ von Diabetes ich hätte, und meinte dann, dass sie erstmal den Arzt auf der Intensivstation anrufen und um Rat fragen muss. Da begann ich schon ein leicht ungutes Gefühl zu bekommen. Ganze zwanzig Minuten später kam sie wieder zu mir und meinte, dass ich meine Pumpe sofort abnehmen soll, denn sie hätten Angst, dass diese eine Fehlfunktion hätte und deshalb der Zucker so hoch sei. Ich habe ihr dann versucht zu erklären, dass ich die Pumpe nicht abnehmen mag, da dann ja das Basalinsulin komplett fehlen würde. Sie meinte dann aber, dass sie unbedingt abgeschaltet werden soll und dass das alles dann mit dem Pen geregelt wird. Da ich total fertig war und mich überhaupt nicht gut fühlte, hatte ich nicht sonderlich viel Kraft, mich durchzusetzen, und habe gemacht, was mir gesagt wurde.

Fehlendes Fachpersonal

Also wurde ich an eine Infusion angeschlossen und bekam von einer Schwester Insulin gespritzt. Wie sich später herausstellte, war es Actrapid und davon nicht mal viel. Lediglich wenige Einheiten gab es und erst nach 4 Stunden gab es nochmal ein wenig Actrapid. Diese Dosis war sogar noch kleiner als die erste. Nach 5 Stunden war der Wert nur minimal gesunken und ich bekam ein Bett in der Notaufnahme.

Am Morgen sollte ich dann doch tatsächlich etwas zum Frühstück essen und dafür nicht spritzen, obwohl mein Wert immer noch bei knapp 300 mg/dl (16,7 mmol/l) lag. Die Krankenschwester, die mich morgens geweckt hatte, war auch etwas entsetzt darüber, dass meine Pumpe abgelegt werden sollte und ich lediglich ein klein bisschen Actrapid bekam. Sie verstand den Sinn dahinter nicht und tröstete mich aber damit, dass ich nur eine Stunde warten müsse und dann ins nächste benachbarte Krankenhaus verlegt werden würde, wo man sich viel besser mit dem Diabetes auskenne. Als ich die Notaufnahme, zusammen mit einem Krankentransport, verließ, war ich überglücklich.

Mit Kindle und Kopfhörern bekommt man die Zeit schon irgendwie rum. (Quelle: Antonia Ahlers)

Auf ins nächste Krankenhaus

In der Aufnahme des anderen Krankenhauses angekommen, wurde ich natürlich wieder über alles ausgefragt und auch darüber, was in der Nacht alles gemacht wurde. Bei meinen Schilderungen schüttelten alle Anwesenden nur den Kopf und konnten es auch nicht so wirklich glauben. Mein Blutzucker war bei der Erstuntersuchung schon wieder über 300 mg/dl bzw. 16,7 mmol/l (wie sollte es ohne Pumpe auch anders sein), die Blutgasanalyse war aber zum Glück in Ordnung, jedoch hatte ich ordentlich Ketone im Urin. Diese hatte ich am Vorabend gar nicht bzw. nur ganz wenig. Also habe ich die Notaufnahme des ersten Krankenhauses mit mehr Ketonen verlassen, als ich sie betreten hatte. Unglaublich, oder? Und das nur, weil es keinen diensthabenden Arzt gab, der sich mit dem Thema Diabetes auskannte.

Leider gibt es bei uns in der Gegend nach 20 Uhr nur diese eine Notaufnahme. Ich hätte also auch nicht direkt in das zweite Krankenhaus fahren können. Im zweiten Krankenhaus war ich dann viel besser aufgehoben und es wurde sich sehr gut gekümmert. Dort wurde mir dann aber auch gesagt, dass ich, falls sowas nochmal vorkommen sollte, beim nächsten Mal deutlicher sagen soll, dass ich einen Typ-1-Diabetes habe und dass ich meine Pumpe auf keinen Fall ablegen werde.

I’m greater than my highs and lows… (Quelle: Antonia Ahlers)

Mein Tipp

Mein Tipp an euch ist also: Habt keine Angst bzw. Scheu davor, euch gegen Ärzte durchzusetzen und ihnen ganz klar zu sagen, wenn ihr mit ihren Anweisungen nicht einverstanden seid. Ich hatte nicht den Mut dazu und bereue das jetzt. Hätte ich mich nämlich durchgesetzt, hätte ich mir bestimmt ein paar Tage Krankenhausaufenthalt ersparen können.


Mit Diabetes ins Krankenhaus? Na, wenn das mal gutgeht… – Antjes Gedanken zu dem Thema.

4 Kommentare zu “Wenn das Pflegepersonal mehr Ahnung als die Ärztin hat

  1. Hallo Antonia,
    ich kann das nur bestätigen. Hatte ähnliche Erfahrungen gemacht nur in die andere Richtung. Bin in die Notaufnahme mit einem Blutzucker von 20mmol. Zu dem Zeitpunkt wusste ich nichts von Diabetes. Es kam dann eine Ärztin, die mir vielzuviel Insulin spritzte. Vor allem auch in den Oberarm und natürlich den Muskel mit der Einmalspritze getroffen,super. Ein par Stunden später musste ich die Ärztin herbei klingeln und mir wurde dann ein Glucosetropf gelegt. Die Schwestern hatten vorher schon gesagt das es zuviel Insulin war.

  2. Genau! So oder so ähnlich ist es mir im Krankenhaus auch ergangen. Statt mich von einer Verstopfung zu befreien, wollte mich die Oberärztin von meiner „Zucker-Einstellung“ befreien. Meine Werte lagen über Nacht angeblich zu niedrig (ich beachte meinen Diabetes seit über 60 Jahren, HbA1c = 6,0). Auf jeden Fall wurden Pens und Insulin „eingezogen“ und mir nix dir nix (ähnlich wie bei Antonia) Actrapid verordnet (ein Insulin, das ich bis dato noch nie ausprobiert hatte). Die Folge war (natürlich) eine extreme Steigerung der Zuckerwerte in Höhen, die ich seit sechs Jahrzehnten nie erreicht habe. Diskussionen „verbat“ sich die Oberärztin, ferner hat sie mir auch gleich das Autofahren verboten. Leider durften die wohl besser geschulten Pflegekräfte mir auch meine Utensilien nicht zurückgeben. Später habe ich mich dann selber aus dem Krankenhaus entlassen und mich beim Patienten-Beauftragten beschwert. Es kam dann etwas später ein zweizeiliges „Entschuldigungs-Schreiben“.

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