Ist mein Hund ein Diabetikerwarnhund?

Olli ist auf den Hund gekommen. Eigentlich schon seit vielen, vielen Jahren, aber es gab immer ein Problem mit der nötigen Zeit, die ein solches Tier benötigt. 2019 hat dann endlich alles gepasst, um den Schritt nach 15 Jahren „Warten“ zu wagen. Jetzt fragt sie sich, ob ihr Hund denn eigentlich auch das Zeug zu einem Diabeteswarnhund hätte?

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Olli mit ihrem Welpen Oskar
Quelle: Olli Peters

Seit 15 Jahren stand auf sämtlichen Wunschzetteln ein Wunsch an allererster Stelle: Hund. Mein Hundewunsch ist älter als meine bestehende Diabetes-Erkrankung. Demnach war da nicht von Anfang an die Überlegung, beides evtl. einmal miteinander kombinieren zu können. Leider vergingen die Jahre nur so im Flug und die Möglichkeiten, sich einen Hund anzuschaffen und ihm auch gerecht werden zu können, schwanden.

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Dem Hund kamen Uni, Ausbildung, viele verschiedene Umzüge, Wohnen in WGs sowie in Wohnungen mit verbotener Hundehaltung dazwischen. Ganz abgesehen von meinem super vollgepackten Leben und dem Arbeitsalltag. Bis zum Jahr 2019 und dem dazugehörigen Sommer. Es war nicht mein schönster Sommer. Gesundheitlich gab es ein paar blöde, miteinander verkettete Problemchen, die mich ziemlich aus der Bahn geworfen haben. Ein Umzug stand zugleich auch wieder an und an einen Hund war absolut nicht zu denken. Gefühlt hatte ich diesen Wunsch schon abgeschrieben.

Doch wie das Leben manchmal spielt, so merkt man in meist nicht allzu optimalen und rosigen Zeiten, dass man zukünftig evtl. mehr das machen sollte, was man eigentlich möchte. Beziehungsweise, dass man sich auch auch mal Wünsche erfüllen sollte und nicht nur davon träumen.

Eine Fellwurst mit Augen, namens Oskar!

Also suchte ich ein wenig hier und da. Telefonierte mit Hinz und Kunz, um schon bald einem frisch gebackenen Hunde-Eltern-Paar und dessen Besitzer einen Besuch abzustatten. So hielt ich am 28. August 2019 einen fünf Tage alten, kleinen, quietschenden, warmen Welpen in meinen Händen. Der mehr einer warmen Fellwurst mit Augen glich, als den Eindruck zu erwecken schien, eines Tages einmal zu einem stattlichen Hund heranzuwachsen.

Nein, um mich geschehen war es da tatsächlich nicht, dafür war das alles viel zu surreal. Aber ich entschied mich noch am selben Tag bzw. fragte bei dem Besitzer an, ob ich einem kleinen Rüden zukünftig ein Zuhause bieten dürfte. Denn schließlich entschied der Besitzer, wo die kleinen Fellwürste hin verteilt werden würden, da es keine geplante Zucht oder Ähnliches war. Ganz nach dem Motto „Gut, ich kaufe mir mal einen Hund“ führte ich ein nettes Gespräch mit dem Besitzer und bekam die Zusage für einen kleinen Racker.

Der Racker heißt Oskar. (Auch dieser Name stand natürlich schon immer und seit Beginn meines Wunsches fest! :-))

Warum ich mich für einen Jagdhund entschied

Oskar ist ein Jagdhund der Rasse Magyar Vizsla. Er wuchs mit seinen sechs Geschwistern und der Aufzucht beider Elterntiere bis zum dritten Monat auf, bevor er bei mir einzog. Vizslas sind dafür bekannt, eine sehr ausgeprägte Nase zu haben, typisch Jagdhund. Sie brauchen viel Auslauf, aber auch viel „Köpfchen-Training“, da ihnen sonst langweilig ist. Stupides Durch-den-Wald-Laufen wäre also nix für Frechdachs Oskar. Einmal ganz davon abgesehen, dass ich die Erscheinung dieser Rasse mit all ihren Eigenschaften sehr ansehnlich finde, war da immer auch ein Blick auf den Diabetes und eine potentielle „Zusammenarbeit“ beider Komponenten.

Ich hatte allerdings von Beginn an keine Ausbildung geplant. Viel eher wollte ich natürlich erst einmal abwarten, wie und ob er reagiert. Und ob ich das überhaupt merken würde, dass sich der Hund bei einer beginnenden Hyper- oder Hypoglykämie „anders“ verhalten würde.

Oskar hält sich mit dem Bein die Nase zu
Quelle: Olli Peters

Nun ja. Zu Oskar lässt sich sagen, er macht seit Tag eins seinem Namen alle Ehre. Er ist frech wie Oskar. Die ersten Wochen unseres Zusammenlebens ging es also nur darum zu überleben. Irgendwie einen Rhythmus zu finden und das Mobiliar vor dem Schlimmsten zu beschützen. Aber auch die Phase haben wir mittlerweile überlebt. (Gott sei Dank, nix da von wegen „tolle, kuschelige Welpenzeit“. Kuscheln mochte Oskar nämlich anfangs überhaupt nicht und hatte auch grundlegend nur Blödsinn im Kopf.)

Erkennt mein Hund steigende/ fallende Blutzuckerwerte?

Doch wie könnten sich denn nun Anzeichen abzeichnen, sollte der Hund in einer Art und Weise auf steigende oder fallende Blutzuckerwerte reagieren? Da gibt es tatsächlich viele Ansätze.
Zu allererst muss man beachten, dass ein Hund als Diabetikerwarnhund geboren werden muss und man ihn nicht zum Diabetikerwarnhund machen kann. Entweder er hat diese Gabe oder auch nicht.

Zusätzlich zu beachten ist, dass der Hund mit dieser Gabe kein!!! lebendes Blutzuckermessgerät ist, er zeigt keine „Hypo“ an, sondern reagiert letztlich nur dann, wenn Werte steigen/fallen. Ist euer Blutzucker also durchgehend stabil in einem niedrigen Bereich, dann zeigt der Hund nicht zwingend an, denn es verändert sich nichts an diesem Zustand. Fällt der Blutzucker allerdings weiter, ja, dann kann ein Diabeteswarnhund dies erkennen. Dasselbe natürlich auch mit der Stagnation bei einem hohen Blutzucker und demnach ansteigenden Werten.

Oskar kuschelt zufrieden auf Ollis Beinen
Quelle: Olli Peters

Bei Oskars Eltern bin ich mir relativ sicher, dass sie meine Blutzuckerwerte wahrnehmen konnten. Sprich, den fallenden Blutzuckerwert, welcher sich bei Besuchen, vor lauter Aufregung, meist von alleine in die Tiefe stürzte. Oskars Vater war da etwas gröber beschaffen und hat mich ganz elegant mit der Schnauze angerempelt. Wohingegen seine Mutter so aufdringlich wurde, dass sie sich konsequent auf mich drauf setzen wollte und keinen Zentimeter mehr von ihrer Position gewichen ist. So lange, bis mein Blutzucker dann wieder stieg und in einem Bereich weitestgehend stagnierte.

Wie habe ich „meinen“ Hund ausgewählt?

Oskar, auch gerne Oskarlicious genannt (da er seit Welpen-Tagen schon immer unheimlich gerne frisst) hat sich an dem Tag der Wahl einfach auf meinen Schoß gesetzt und ist eingeschlafen. Meine Blutzuckerwerte waren da auf dem absteigenden Ast, weil ich natürlich vollkommen verzückt war von diesen vielen kleinen, tapsigen Wesen. Er kam, saß und schlief und das, obwohl (hört, hört) gerade die Milchbar eröffnet worden war und auch eine Portion festeres Futter für die Welpen bereitstand. Oskar entschied sich also gegen sein größtes Hobby und eher für ’nen Schläfchen auf meinem Schoß. Wohingegen seine Geschwister fleißig das Buffet plünderten.

Olli mit Baby-Oskar auf dem Arm
Quelle: Olli Peters

Stand heute (Januar 2020, Oskar ist fast 5 Monate alt) bin ich mir ebenfalls sicher, dass er etwas bemerkt. Ganz zuordnen kann er es allerdings noch nicht und mit gezieltem Training haben wir auch noch nicht begonnen. Oskar muss nämlich (wie sagt man so schön) erst einmal und auch heute noch „auf sein Leben klarkommen“. Er könnte ja etwas verpassen, wenn er auch nur zwei Sekunden tagsüber schläft oder einmal 1,5 Minuten an einem Platz verweilt. Ja, Oskars Schwäche ist und wird wohl noch eine Weile seine Impulskontrolle sein. Doch sobald er das erst einmal raus hat, gehe ich das Thema „Blutzuckerwerte anzeigen“ konkreter an.

Bei steigenden Werten ist er momentan sehr kuschelig, kommt auch nachts an und möchte dann einfach sehr nah bei mir sein. Nichtsdestotrotz bekommt er dabei aber kein Auge zu, bevor die Werte wieder in einem Bereich stagnieren. Bei fallenden Werten geht die Tendenz Richtung Aggression und Gejammer. Sprich, er fängt an zu beißen, dreht am Rad, bellt und jault. Wenn ich dann den Raum verlasse, jault er mir hinterher, als würde ich vermutlich gleich tot umfallen (Das macht er bei stagnierenden Werten absolut gar nicht. Ihn stört es nicht, ob ich Türen schließe oder verschwinde.). Er sucht auch meine Nähe, fängt aber wie gesagt an zu beißen bzw. zu schnappen. Nicht böswillig à la „Ich beiße dir jetzt die Hand ab“, sondern eher ein Aufmerksammachen.

Oskar beim Spielen
Quelle: Olli Peters

Wie geht es weiter mit Oskar und mir?

Ob Oskar jetzt ein Diabetikerwarnhund ist? Ich weiß es nicht, dafür ist er aber auch einfach noch zu klein. Derzeit sehe ich Potential, das kann sich natürlich auch noch „verwachsen“, schließlich passiert da ja die kommenden Monate noch einiges.

Für alle, die jetzt grundlegend auch mit dem Gedanken spielen, sich einen Hund anzuschaffen, der möglicherweise in diese Richtung „Diabetikerwarnhund“ ausgebildet werden kann, dem kann ich sagen – informiert euch vorher. Ich habe mich bewusst für einen Jagdhund entschieden. Ich wollte diese ausgeprägte Nase und den Spürsinn, muss jetzt aber auch mit dem Jagdtrieb und der entsprechenden Auslastung für Oskar klarkommen.

Und nochmals: Ein Hund kann auf noch so vielen Listen als „geeignete Rasse“ stehen, wenn er die Gabe nicht hat, hat er sie nicht. Dennoch liebt er euch über alles und ich hoffe, ihr ihn ebenfalls im mindestens selben Maße. Denn bitte immer bedenken: Für den Hund seid ihr sein komplettes Leben. Auch Tierheim-Hunde und Mischlingshunde können selbstverständlich diese Gabe haben. Diesbezüglich einfach gut im Tierheim informieren lassen, Hunde ausführen und vor allen Dingen eins: sich Zeit lassen mit dieser Entscheidung. Und wenn es 15 Jahre dauert, aber so lohnt es sich am Ende allemal, denn Vorbereitung ist alles.

Quelle: Olli Peters

Ich bin gespannt darauf, von euren Erfahrungen zu lesen. Hat denn jemand von euch einen ausgebildeten Diabetikerwarnhund zuhause? Oder einfach einen vierbeinigen Freund, der ebenfalls „anzeigt“, sollten eure Werte fallen oder steigen? Lasst es die Community und mich gerne wissen, indem ihr hier unter diesem Beitrag einen Kommentar schreibt. 🙂


Lucas alte Hündin ist in die Rolle des Diabeteswarnhundes hineingewachsen: Meine Zuckerschnüfflerin

7 Kommentare zu “Ist mein Hund ein Diabetikerwarnhund?

    1. Hi Susanne und Erwin,

      vielen Dank für deinen/ euren Kommentar! Oskar liebt Beagle sehr, weil natürlich die beiden Rassen auch relativ ähnlich sind, vom Jagdtrieb und Rasse charakterlichen Eigenschaften. Er würde sich sicher freuen, einmal mit Erwin abzuhängen. Vielleicht klappt es ja eines Tages auf einem Barcamp oder einem anderen Meetup! 🙂

      Ich freue mich für dich/ euch, dass Erwin diese Ausbildung erfahren kann und wünsche euch natürlich nur stets das Beste!

  1. Wie azsus der Seele geschrieben. Warum nicht 1 und 1 verbinden. Ich überlege aus schon seit Jahren… aber genau wie beschrieben nicht der richtige Ort nicht die richtige Zeit und zudem kommt alles anders wie geplant… bin sehr interessiert am erfahrungsaustausch mit euch .finde das Thema Bombe. Lieben Gruß aus einer fast kompletten Dia Familie .
    Eure Sonja

    1. Liebe Sonja,

      vielen Dank für deinen lieben Kommentar! 🙂 Ich bin auch schon gepsannt, wie sich der kleine, große Vierbeiner in Zukunft so schlägt und ob meine ersten Anzeichen, die ich bei ihm erkennen konnte, in die richtige Richtung gehen. Natürlich werde ich weiterhin über die BSL berichten, deswegen – stay tuned!

      Ganz liebe Grüße an euch!

  2. Hallo Olli,

    ich habe seit November 2019 Diabetes Typ 1 (mit 31 Jahren bekommen). Meine Hündin war zu dem Zeitpunkt 2 Jahre alt. Seit Januar bilde ich sie zum Diabetesanzeigehund (professionell mit Trainerin) aus. Sie liebt die Nasenarbeit und macht es ganz prima.

    Deinen Artikel finde ich sehr interessant und ich wünsche euch viel Erfolg beim Training!
    Eine Sache hat mich nur gewundert : meines Wissens sollten Hunde so schnell wie möglich – auch schon als Welpen – mit dem Diabetesanzeigetraining beginnen, damit sie sich nicht an den Geruch einer Unterzuckerung gewöhnen. Außerdem werden sie ja auf den Geruch konditioniert, d.h. es kann fast jeder Hund lernen, der Spaß und Talent an der Nasenarbeit hat. Denn Gerüche differenzieren kann jeder Hund. Es gibt also nicht die “Gabe”, die ein Hund hat oder nicht. Dies ist zumindest mein Wissenstand. (Buch: Grosser & Körner, 2014. Der Diabetikerwarnhund. Das Praxisbuch zur Ausbildung. Kynos Verlag)

    Ich freue mich auf deine Antwort und Wissensaustauch und wünsche weiterhin viel Freunde und Erfolg mit Oskar,

    Herzliche Grüße
    Hannah

    1. Liebe Hannah,

      vielen Dank für deine liebe Nachricht! Es freut mich sehr, dass dir mein Beitrag zu und mit und über Oskar gefallen hat. Natürlich habe auch ich mich viel belesen und recherchiert in Bezug auf das Thema “Diabeteswarnhung”, damals bin ich über folgenden Absatz (Quelle: http://www.assistenzhunde-zentrum.de) gestoßen:

      “Ein Hund muss als Diabetikerwarnhund geboren werden, man kann ihn nicht zum Diabetikerwarnhund machen! Die Fähigkeit zu warnen, bevor ein lebensbedrohliches Ereignis akut wird, kann ein Hund nicht erlernen. Entweder er besitzt diese Sensibilität für ein drohendes Ereignis oder nicht.”.

      Mein Ziel war es auch nie, Oskar aktiv auszubilden, entweder er kann es oder eben nicht. Da ich aber schnell feststellen konnte, dass Oskar die unfassbare Gabe für “Blödsinn im Kopf” hat, musste ich natürlich erstmal durch diese Phase mit ihm durch. Derzeit stecken wir mitten in der Pubertät mit seinen 9 Monaten und es läuft an manchen Tagen toll und dann wieder ganz furchtbar. Aber auch da müssen wir durch. Oskar hätte von seinem quirligen Wesen her niemals mit einem halben Jahr eine Ausbildung starten können. Das meine ich nicht, weil ich ihn für zu unqualifiziert halten würde, sondern viel eher, weil Oskar bis heute noch oft nicht auf sein eigenes leben klarkommt. Das ist ein wenig niedlich anzusehen, bedeutet aber auch weiterhin sehr viel Einfühlungsvermögen und intensive Zusammenarbeit mit mir. Er ist sehr leicht überfordert mit sich, Wahrnehmungen und seinem unermütlichen Tatendrang und weiß zum Schluss gar nicht mehr wo genau er jetzt war.

      Ich fördere seine Nasenarbeit aktiv, aktuell sind wir schon so weit, dass er aus drei verschiedenen Socken, die eine findet, die er suchen soll, natürlich erschwert im versteckten Zustand mit zusätzlichen Hindernissen wie Kauknochen etc. Das macht er auch schon großartig und ich bin gespannt, wie weit sich dies noch entwickeln lässt. Es folgt auch bald wieder ein neuer Update Beitrag über den Raubauken und mich. 🙂

      Ich freue mich sehr für dich und deine Hündin und hoffe natürlich, dass dein Alltag dadurch etwas “einfacher” wird.

      Ganz liebe Grüße,
      Olli

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