Systeme für die „unblutige“ Glukosemessung: Cnoga und DiaMonTech

Könnt ihr euch vorstellen, eure Glukosewerte eines Tages mithilfe von Licht messen zu können? Andreas Thomas stellt weitere Systeme zur unblutigen Glukosemessung vor.

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Dieses Mal beurteile ich zwei weitere Systeme für die „unblutige“ Glukosemessung. Bei beiden wird Licht auf die Haut eingestrahlt und tritt im Gewebe in Wechselwirkung (Abgabe von Energie) mit den dort befindlichen Atomen und Molekülen. Das heißt: Ein Teil der Energie wird von diesen aufgenommen (absorbiert), ein Teil gestreut (remittiert) und ein Teil durchgelassen (transmittiert), falls der Strahl an eine relativ dünne Stelle gehalten wird (z.B. eine Hautfalte) und intensiv genug war. Generell lässt sich sagen, dass aus dem einfallenden Lichtstrahl nach seiner Wechselwirkung drei Anteile entstehen, nämlich die Summe aus absorbiertem, gestreutem und transmittiertem Licht. Wie viel Energie die Atome und Moleküle dabei aufnehmen, hängt von deren eigenen energetischen Eigenschaften ab.

Glukosemessung mit Lichtstrahlen

Die Atome und Moleküle können nur eine definierte Energie (bzw. Wellenlänge des eingestrahlten Lichts) aufnehmen. Dadurch ergibt sich eine Art „Fingerabdruck“, das heißt, man sieht im Spektrum der absorbierten Energie, welche Atome/Moleküle diese aufgenommen haben. Das ist aber noch nicht alles. Die aufgenommene Energie muss wieder abgegeben werden, denn prinzipiell strebt jedes System nach seinem energieärmsten Zustand. Diese Energie kann zum Beispiel abgegeben werden als Licht (Fluoreszenz), als Schallwelle, als Wärmestrahlung usw. Die Analyse dieser Energie, d.h. die Analyse der entstehenden Spektren, lässt ebenfalls Rückschlüsse auf die Atome und Moleküle zu, mit denen die Wechselwirkung aufgetreten ist.
Abb. 1: Schematische Darstellung des Messprinzips des israelischen Unternehmens Cnoga. Das auf den Sensor auftreffende Licht besteht aus dem einfallenden Licht minus dem absorbierten minus dem gestreuten Licht. / Quelle: Dr. Andreas Thomas

Messsystem TensorTip CoG des israelischen Unternehmens Cnoga

Ein Beispiel ist das Messsystem TensorTip CoG des israelischen Unternehmens Cnoga. Dieses Unternehmen hat sich verschrieben, verschiedene Parameter im Blut „unblutig“, also nicht invasiv, zu messen. Verwendet wird Licht unterschiedlicher Wellenlängen im sichtbaren und infraroten Bereich. Zur Messung platziert der Patient seinen Finger auf einem Messfeld, wohin der Messstrahl fokussiert wird (Abb. 1). Dieser durchleuchtet den Finger von der Fingerkuppe her. Auf der Unterseite tritt das durchgelassene Licht aus und von dort auf einen optischen Sensor. Das austretende Licht unterscheidet sich vom einfallenden Licht, da dabei das im Gewebe absorbierte und auch das seitlich gestreute Licht nicht vorhanden ist. Das gibt Hinweise auf die Wechselwirkung des Lichts mit der Glukose und kann analysiert werden. Studien mit einer bisher begrenzten Anzahl an Patienten (Typ-1- und Typ-2-Diabetes) verglichen die Messungen mit den mit einem Laborgerät erzielten Werten (Pfützner A. u.a. beim ATTD-Kongress Madrid 2020). Die mittlere Abweichung lag bei 16,6%. Aus der Sicht der klinischen Zuverlässigkeit waren 66,5% der Werte korrekt und weitere 33% ausreichend für die Diabetesbehandlung. Zum Vergleich: Bei der Messung mit Blutzuckerteststreifen liegt die Abweichung um die 5%, bei CGM bei ca. 10%.

Messsysteme des Berliner Unternehmens DiaMonTech

Weiterhin stelle ich die Systeme des Berliner Unternehmens DiaMonTech vor. Hier platziert der Patient ebenfalls seinen Finger auf einem Testfeld. Dort erhält sein Finger kurze Lichtimpulse im mittleren infraroten Bereich (mehrere Wellenlängen) von einem Quantenkaskadenlaser. Dadurch spielen die oberen Hautschichten und damit Verhornungen, kleine Verschmutzungen usw. keine Rolle, d.h. gemessen wird in der Tiefe des Fingers. Bei einer bestimmten Wellenlänge werden die Impulse von der Glukose absorbiert und regen diese an. Danach geben diese ihre Energie strahlungsfrei als eine kleine Wärmemenge ab. Nach Angaben des Unternehmens soll diese Methode selektiv sein, d.h. nur die spezifisch der Glukose zuzurechnende Wärmemenge wird ausgewertet. Es handelt sich vom Messprinzip her um eine photothermische Detektion. Wie zuverlässig die Messung von Glukose im Organismus funktioniert, muss sich noch zeigen. Zwar gab es dazu eine publizierte Teststudie (Lubinski T et.al., J Diabetes Sci Technol 2021; 15: 6-10), bei der 41 Menschen mit und 59 ohne Diabetes über zwei Stunden parallel Messungen durchführten und dabei eine gute Messgenauigkeit nachgewiesen wurde (11-12% Abweichungen zu Labormesswerten). Allerdings wurde die Studie im Rahmen der Aktivitäten des Unternehmens durchgeführt. Daten von unabhängigen klinischen Einrichtungen fehlen bisher, sind aber für eine wirkliche Einschätzung der Brauchbarkeit der Methode unabdingbar. Es sind verschiedene Geräte geplant: eine Standgerätevariante namens „D-Base“, ein kleines transportables Gerät namens „D-Pocket“, beide für die diskontinuierliche Messung, und später noch ein Armband mit dem Namen „D-Sensor“, welches kontinuierlich die Glukose messen soll. Es bleibt abzuwarten, wie der technologische Fortschritt weitergeht und ob diese Geräte wirklich Marktreife erlangen werden. Marketingaktivitäten, wie die Bewerbung des Gerätes über private Krankenkassen sind m.E. noch verfrüht.
Zuvor hat Andreas bereits diese Systeme vorgestellt: Systeme für die „unblutige“ Glukosemessung: Apple Watch 7 und Indigo-Sensor

Ein Kommentar zu “Systeme für die „unblutige“ Glukosemessung: Cnoga und DiaMonTech

  1. Vielen Dank für diesen interessanten Artikel. Persönlich lege ich große Hoffnung in die nicht invasive Blutzuckerbestimmung. Vor allem Armbänder oder Fitnesstracker mit einer zuverlässigen BZ-Messung könnten vielen Menschen bereits in der Vorstufe vor Augen führen ob sie gefährdet sind später an Diabetes zu erkranken. Bereits betroffene könnten so ihre Therapie wesentlich einfacher Managen und kontrollieren. Hoffentlich gibt es bald marktreife Produkte zu einigermaßen erschwinglichen Preisen. Gerade für Typ2 Patienten ohne Insulinpflicht könnte das einiges an Kosten sparen.

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