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  • vali hat ein Update gepostet vor 3 Jahre, 6 Monate

    In über 20 Jahren mit Diabetes Typ 1 Diagnose habe ich wenige andere Menschen mit Diabetes näher kennen gelernt. Meist habe ich andere Menschen mit Diabetes bei Schulungen getroffen, aber wenig Interesse an einem längeren Kontakt. Aus der Beschäftigung mit struktureller Ungleichheit und Diskriminierung habe ich verstanden, dass die generelle Orientierung an einer weißen, männlichen, gesunden [hier lassen sich noch mehr Begriffe einsetzen] Norm es erschwert, dass Menschen zusammenfinden, die in einer bestimmten Hinsicht nicht dieser Norm entsprechen. In Bezug auf Diabetes Typ 1 ist es, wie ich es verstanden habe, eine fortlaufende Aushandlung, inwiefern er als Behinderung (und damit einer Einschränkung in der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben) eingeschätzt wird. Dass er eine Abweichung von der „gesunden“ Norm darstellt, im Alltag zusätzliche Arbeit erforderlich macht und zu einem zusätzlichen Risiko in vielen Situationen führt, ist für mich auf jeden Fall sehr deutlich.

    In Bezug auf meinen Umgang mit dem Diabetes finde ich mich gut darin wieder, mich an dieser Norm zu orientieren, danach zu streben und nicht-gesunde Aspekte, also meinen Diabetes, zu verstecken oder auf einen minimalen Teil meines Lebens einzugrenzen. Im Alltag habe ich versucht, meinen Diabetes zu verstecken. Insulinpumpe und Messgerät wollte ich nach außen unsichtbar tragen, es durfte nichts piepen und in vielen Fällen habe ich versucht, eine Unterzuckerung auszuhalten, bis ich in einem günstigen Moment etwas zuckerhaltiges zu mir nehmen konnte. Die Aussage von Freund:innen und Bekannten, „Ich hab gar nicht gemerkt, dass du Diabetes hast!“, habe ich als Anerkennung wahrgenommen. Wenn ich mich doch mit meinem Diabetes beschäftigen musste, wenn meine Blutzuckerwerte über einen längeren Zeitraum zu hoch waren oder ich einen Diabetolog:innen-Termin hatte, nahm ich das als unangenehme Konfrontation mit einem Teil von mir wahr, den ich lieber nicht sehen wollte und versuchte, der Konfrontation schnellstmöglich wieder zu entkommen. Über Austausch mit anderen Menschen mit Diabetes dachte ich wenig nach, geleitet von der Ansicht, ich hätte andere Themen, die mich sehr viel mehr interessierten und über die ein Austausch mir sehr viel wichtiger sei. Ziel war dabei aber denke ich auch, den Diabetes möglichst wenig als Teil meiner Identität zu begreifen.

    Indem ich mir diese Zusammenhänge langsam zu erklären versuche, wächst mein Wunsch, mein Verhalten zu ändern und mich mehr mit Menschen auszutauschen, die in Bezug auf Leben mit Diabetes eigene Erfahrungen gemacht haben. Zu meinem Glück gibt es inzwischen so viele schön geschriebene, spannende und informative Blogs von Menschen mit Diabetes. Ebenso froh bin ich über die Möglichkeit zur Vernetzung durch die Blood Sugar Lounge. Wie finde ich Gruppen von Menschen mit Diabetes, die sich offline treffen? Über Anregungen dazu würde ich mich sehr freuen!