Diabetes e.V. – Da kommt man nicht mehr raus!

Das erste, was wir täglich machen? Blutzucker checken. Das letzte, was wir täglich machen? Blutzucker checken. Und dazwischen? Da gibt es so viel zu tun, von dem wir uns keinesfalls abbringen lassen sollten. Lasst uns leben, und zwar so richtig!

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Motivation monatlich_4_Christian Purschke
Quelle: Christian Purschke
Diabetes ist eine Krankheit. Darüber diskutiere ich auch nicht mehr, es ist so. Ärzte sind damit beschäftigt, Forscher auch und die Krankenkassen ebenso. Natürlich reden wir uns gerne mal ein, dass es sich bei Diabetes „nur“ um ein Handicap handelt oder eine Einschränkung. Ein kleiner Fehler in unserem Leben, der nicht weiter schlimm ist, sondern nur dazu führt, dass wir ein bisschen besser aufpassen müssen als „die Anderen“. Die nennen wir übrigens gerne „stoffwechselgesund“, was ja schon impliziert, dass wir „stoffwechselkrank“ sind. Das schreibe ich jetzt aber nicht, um für schlechte Laune zu sorgen oder für eine möglichst hohe Zahl auf dem Behindertenausweis. Es ist nur so: Wenn ich erzähle, dass ich Diabetiker bin, ernte ich in den allermeisten Fällen mitleidige Blicke. Das habe ich gerade am vergangenen Wochenende wieder erlebt. Und dann kommt meine übliche Leier, dass ich gut damit leben kann, dass ich alles essen darf, dass ich sogar Sport mache und dass ich nichts dafür kann. Tabletten? Nein, die helfen bei mir nicht. Und dann kommt meistens der Spruch mit dem „schweren Diabetes“.

Darf ich Diabetes mit einem Verein vergleichen?

In meinem Blog habe ich mal Joachim Fuchsberger zitiert, der einen Sohn an Typ-1-Dabetes verloren hat und der immer wieder sagte, Diabetiker seien nicht krank, sondern lediglich bedingt gesund. Dieser Satz hat mich seit Beginn meiner Zeit mit Diabetes geprägt und immer wieder aufgebaut. Dennoch bleibe ich bei meiner Aussage, dass Diabetes sehr wohl eine Krankheit ist. Aber eben zum Glück eine, die nicht unmittelbar sichtbar ist und auch eine, mit der man wirklich gut leben kann. In der letzten Folge dieser Kolumne ging es ja genau um dieses Thema und ich habe die steile These aufgestellt, dass es den Betroffenen schlagartig besser geht, die aktiv und motiviert mit dem Thema umgehen. Andernfalls ist die Gefahr groß, dass man in einen gefährlichen Strudel gerät, der immer größere Kreise zieht (Folgeschäden, Depressionen, Koma…). Und jetzt sage mir nochmal einer, Diabetes sei keine Krankheit. Manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich diese Krankheit mit einem Verein vergleiche, dem man auf Lebenszeit beigetreten ist. Es ist schon eine wirklich coole Szene, die sich da mit diesem einen Thema befasst. Man trifft sich, man tauscht sich aus, man startet gemeinsame Aktionen und man verfolgt ein gemeinsames Ziel: ein besseres Leben mit der Krankheit. Mit diesem Vergleich muss ich vorsichtig sein und hoffe, nicht falsch verstanden zu werden. Könnte ich austreten – ich würde es sofort tun. Aber das geht nun einmal nicht und so macht man eben das Beste daraus.

Austritt nicht möglich, die Mitgliedschaft ist lebenslang verpflichtend

Die Mitgliedschaft in diesem Verein ist ziemlich teuer und man muss einiges dafür opfern. Aber man geht mit vielen Fragen des Lebens bewusster und vielleicht auch offener um. Selbstverständlichkeiten, für stoffwechselgesunde Menschen nicht weiter erwähnenswert, sind für Vereinsmitglieder täglich zentrale Elemente (gute Werte oder eine halbe Tafel Ritter Sport zum Beispiel). Und man sollte die Mitgliedschaft nutzen, um jeden Tag ein kleines Stückchen mehr zu genießen. Denn viele Nichtmitglieder können das vor lauter Alltag und Normalität gar nicht. Wie jeder Verein muss auch dieser Öffentlichkeitsarbeit betreiben. Es gibt viel zu tun, denn es kursieren jede Menge Vorurteile und falsche Annahmen. Je mehr Menschen mithelfen, desto besser geht es dem Verein und seinen Mitgliedern. Und natürlich gibt es auch passive Mitglieder, die entweder nicht aktiv dabei sein möchten oder die Aufnahmekriterien nicht erfüllen. Die aktiven Mitglieder dieses Vereins haben – wie in fast jedem Verein üblich – einen großen Vorteil: Sie motivieren sich gegenseitig. Gemeinschaft macht stark, das gilt hier mehr denn je. Und so blüht und floriert das Vereinsleben, auch wenn nicht immer alle Mitglieder froh und glücklich sind. Aber wie soll das auch gehen bei so vielen Menschen? Da gibt es immer mal einen, der unzufrieden ist. Aber auch der wird von der Gruppe gestützt und schnell wieder auf die richtige Spur gebracht. Genug gesponnen. Das klingt vielleicht alles irgendwie abgedreht, aber ich finde den Vergleich gar nicht so abwegig: ein exklusiver Zirkel von Menschen, die ein gemeinsames Interesse teilen und das Beste daraus machen wollen – eben Diabetes e.V. Passt doch – oder was meint Ihr?
Hier kommt ihr zum nächsten Teil von Christians „Motivation monatlich“: Meine Familie, mein Praxisteam, meine Diabetes-Lobby

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