Der Moment vor dem Einstich

Olli hat sich mal Gedanken darüber gemacht, was genau sie am Katheterwechsel stört. Da hat es nicht lange gedauert, um festzustellen, dass es „der Moment vor dem Einstich“ ist, welcher eigentlich immer am unangenehmsten ist.

Weiterlesen...

BSL_Der Moment vor dem Einstich_Bild4 Hallo, liebe Mitstreiter und Mitstreiterinnen. Man könnte ja manchmal fast denken, Diabetes ist ein Wettkampf. Ein Kampf ums Überleben (wenn man es mal ganz dramatisch ausdrücken möchte). Doch heute geht es nicht um den Kampf ums Überleben, sondern um diese piksigen, kleinen Dinger/auch Nadeln genannt. Entweder piksen wir uns damit tagtäglich, mehrmals oder „nur“ alle 2-3 Tage. (Mal ganz abgesehen von dem „in den Finger Piksen“, das ist ja schon Standard und für uns alle.) Ich denke, ich muss hier jetzt nicht anfangen, den Unterschied zwischen Pumper und Penner zu erklären. Wir wissen ja alle, dass die einen sich mehr piksen und dafür nichts Dauerhaftes an sich haben und die anderen sich seltener piksen, dafür aber die Pumpe 24/7 bei sich tragen. Egal für was man sich entscheidet, man kommt um dieses blöde Gepikse nicht herum. Selbst die Menschen nicht, die einen Pod tragen. Der wird ja schließlich auch von Zeit zu Zeit gewechselt. ☺ BSL_Moment vor dem Einstich_Bild1 Ich bin wirklich kein „Mimöschen“, das seiner ganzen umliegenden Verwandtschaft, Freunden und Familie immer erzählt, was alles so schrecklich ist und dass dieses ständige Stechen und Piksen einfach grauenvoll ist. Gut, ich glaube, so wirklich ein „Mimöschen“ ist keiner von uns Diabetikern, auf jeden Fall habe ich davon noch keinen kennengelernt. Wir machen ja alle unser Ding, die einen mehr, die anderen weniger auffällig. Jedem das Seine! Geht es allerdings um das Thema Katheter wechseln, wird mein Gehirn, auch aus der tiefsten Tiefschlafphase, schlagartig wach. Denn seit eh und je überkommt mich bei diesen zwei Worten „Katheter wechseln“ ein Gefühl, was sofort Demotivation mit sich bringt. Jedes Mal spielen sich dann so Sätze in meinem Kopf ab wie: „Och ne, schon wieder Katheter wechseln?!“, „…das habe ich doch vorgestern erst gemacht“ und „Ich HASSE Katheter wechseln!“. Das stimmt auch tatsächlich. Ich fange da nicht an zu heulen, um Gottes willen, aber ich kann mir niemals vorstellen, dass ich mal ein Fan von dieser „Aufgabe“ werde. Zum Beispiel finde ich es überhaupt nicht so schlimm, Ampullen aufzuziehen, Tupfer aufzufüllen, mir in den Finger zu stechen und und und… Macht mir nix aus! Beim Katheterwechseln allerdings ist immer Alarm Stufe ROT angesagt! BSL_Moment vor dem Einstich_Bild2 Doch wieso ist das eigentlich so? – Das habe ich mich tatsächlich mal gefragt. Will ich den (eventuell) auftretenden Schmerz nicht, oder finde ich das kalte, nasse Desinfektionsmittel vorher so blöd? Nö – nix davon ist es. Es ist ganz einfach der Moment vor dem Einstich, wenn ich da sitze oder andere Verrenkungen mache, um noch „schöne, neue“ Stellen zu finden. Sobald ich meine „optimale“ Haut- und Einstichstelle gefunden habe und die super glänzende und geschliffene Kanüle nur darauf wartet, endlich in meine Haut piksen zu dürfen. Ach, ein Graus! Ich möchte das hier gar nicht so theatralisch erzählen, aber es stimmt ja manchmal. An manchen Tagen geht es ratzfatz, aber an den Tagen, an denen ich die Aufgabe sowieso schon mehrere Stunden vor mir herschiebe, da sitze ich dann wieder da und denke mir: „Hach, was für ein blödes Gefühl.“ Wie gesagt, ich fange da nicht an zu weinen oder so und man kann auch noch ganz normal mit mir kommunizieren. 😀 Aber es gibt Tage, da zähle ich mehrmals bis drei, bis dann endlich die neue Kanüle sitzt. Und manchmal habe ich dann auch schon so lange gewartet, bis jegliche Motivation verloren gegangen ist und ich mir die Kanüle dann fast in Zeitlupe in die Haut gestochen habe. Boah, also schmerzfrei kann man das dann leider nicht mehr nennen. Also warum ist es jetzt so ein Graus? Mmh – weil ich vielleicht, weiß was auf mich zukommt. Weil ich mir denke: „Uh, wenn du jetzt zu langsam pikst, DANN tut’s weh.“ Vielleicht mache ich mir auch zu viele Gedanken darüber, was passieren könnte. Früher, als ich noch gespritzt habe, war ich viel unempfindlicher. Egal wo, egal wann. Pen raus, Bauch raus und ab ging die Lutzi. Komisch, wobei so eine Kanüle ja eigentlich ’ne Erleichterung ist und die Kanülenlänge auch dieselbe geblieben ist. Vielleicht lag es einfach daran, dass man als Kind „den Akt“ schnell über die Bühne bringen wollte, um endlich zu essen oder weiterspielen zu können. Jetzt wartet höchstens ’ne viertel Stunde mehr Schlaf auf mich. Das ist zwar viel wertvolle Zeit, aber anscheinend nicht so toll wie die Spannung darauf, endlich essen zu können oder weiterzuspielen. Oder es ist das Alter. Man hört doch, im Alter wird man immer wehleidiger. Gut, mit 21 Jahren gehöre ich jetzt vielleicht noch nicht zu den ältesten Eisen, aber man macht sich tatsächlich mehr Gedanken. Besonders, je länger man Diabetes hat. „Wo sind noch Stellen frei, in die ich noch nicht gestochen habe?“ „Ah, da habe ich letzte Woche erst die Kanüle drinnen gehabt, das ist nicht gut, wenn ich die jetzt wieder daneben setze!“ Ja, ich glaube, das ist der Grund für dieses Unwohlsein kurz vor dem Einstich. In Kombination mit der Frage: „Wird es wohl weh tun? Werde ich die richtige Stelle treffen oder irgendwie ganz kompliziert abrutschen?“ Ich denke, ich habe eins gelernt → je weniger Gedanken ich mir um dieses Thema „Kanüle wechseln“ mache, desto besser klappt es. Ist ja komischerweise mit vielen Dingen im Leben so. Was jetzt nicht heißen soll, dass ihr alle da draußen wie Gedanken-lose Menschen durch den Diabetes Alltag stolpern sollt. 😀 Um Gottes Willen, bitte nicht! Die Grundplanung ist wichtig, aber bei der Ausführung einfach machen (insofern man eine Stelle gefunden hat, die man benutzen möchte). BSL_Der Moment vor dem Einstich_Bild3 So, das war mein Bericht und meine Ansicht. Wie seht ihr das denn so? Was findet ihr am schlimmsten am Diabetes oder am Katheter wechseln oder allgemein am Stechen? Ich freue mich jetzt schon, von deiner Meinung zu hören bzw. zu lesen. Schreib es doch gerne in einem Kommentar hier unter diesen Beitrag, wenn du deine Ansicht/Geschichte mit den anderen teilen möchtest. ☺

9 Kommentare zu “Der Moment vor dem Einstich

  1. Besser hätte ich es nicht beschreiben können! Danke! Ich habe seit 1984 eine Pumpe und in den letzten 15 Jahren ist jeder Kathederwechsel ein Grauen! Ich nehme nur den Bauch, weil alle anderen Stellen mir aus verschiedenen Gründen nicht gefallen. Aus diesem Grund ist mein Bauch entsprechend angewachsen, aber damit kann ich leben! Womit ich nicht leben kann, ist z. Bsp. dass ich am Bauch einsteche und ein Pieksen in der Hand oder Schulter (Nerven ) kurz ist. Also Nadel wieder raus, woanders suchen! Manchmal rutscht die Nadel super rein, manchmal muss ich 3 – 6 mal stechen, bis es nicht nicht mehr weh tut. Deswegen wechsele ich die Nadel nur alle 4-5 Tage. Aber ohne Pumpe würde es mir nach 44 Diabetesjahren nicht so gut gehen!

    1. Liebe Andrea,

      das freut mich natürlich sehr, dass dir mein Beitrag gefällt. 🙂
      Na klar ist das nicht schön, dass man manchmal öfters stechen muss, jedoch kommt das auch bei mir immer mal wieder vor.
      Jedoch können wir beide uns denke ich sehr glücklich schätzen, dass es unsere Insulinpumpen gibt und wir uns gar nicht mehr so oft pieksen müssen (Gott sei Dank).

      Ganz liebe Grüße – Olli

  2. Hi …
    Ahabe ich bin so einer der merkt dass der Katheter falsch liegt und danach wieder 2 Tage lang wehtut. Ich bin dann immer so genervt dass ich den Katheter wieder herausziehe… Und nach ca. 5 minütigen suchen endlich die richtige Stelle gefunden Habe Das nervt mich richtig . Ansonsten hab ich seit ca 2 Jahren meine Pumpe und bin damit voll zufrieden !
    Ich hab immer das Motto: AUCH AUS STEINEN DIE EINEN IN DEN WEG GELEGT WERDEN LÄSST SICH ETWAS SCHÖNES BAUEN …
    LG Niklas

    1. Liebe Niklas,

      ein super Motto hast du da. Da kann es ja in Zukunft nur gut weiter gehen, ganz nach meinem Motto: Immer (versuchen) positiv zu denken.☺

      Liebe Grüße – Olli

  3. Liebe Olli,
    eine ziemlich treffende Analyse!!! Das Gefühl des “Schusses” ist bei mir genau das selbe… Bin zwar ICTlerin, dh. eig. sind die 7/8x spritzen Alltag, aber es gibt immer mal wieder Tage, an denen eh schon die Nerven blank liegen, das Wetter o. Stress mir zusetzt… Und dann auch noch beim Ansetzen der Nadel so ein fieser Schmerz mich schüttlet! Danach tut eigentl. jeder Spritzversuch weh, und es dauert seine Zeit, bis ich die geeignete Stelle gefunden habe.

    Es gibt aber auch die Tage, zum Glück sind es die meisten, an denen ich mir den Pen zwischen Tür und Angel einfach ohne Gedanken reinjage…:D
    Ich glaub als Pumper würd ich nur mit Setzhilfe stehen, dann ist der Überwindungsmoment nicht so lang…;)

    LG
    Johanna

    1. Liebe Johanna,

      DANKE für deinen Kommentar. ☺
      Ja, da hast du Recht, an manchen Tagen klappt es besser und problemlos, eben weil man vielleicht viel um die Ohren hat und gar keine Zeit hat, so wirklich über den Vorgang nachzudenken und dann einfach automatisch handelt.

      Das mit den “blöden Stellen” kenne ich leider auch. 🙁

      Liebe Grüße,
      Olli

  4. Hallo Olli,
    ich habe mich gerade erst registriert und bin eigentlich auf der Suche nach Erfahrungen mit dem neuen Freestyle libre, als ich bei deinem Beitrag hängengeblieben bin.
    Mein Diabetes begleitet mich mittlerweile 35 Jahre und die Pumpe 25 Jahre und ich habe die Erfahrung gemacht, dass dieses Gefühl mit den Jahren abgestumpft ist. Eigentlich nervt es mich nur noch, dass ich wieder Zeit für den Katheterwechsel investieren muss und dass das immer dann ist, wenn es mir doch so gar nicht in den Kram passt.
    Seit ca. vier Wochen benutze ich den FlexLink und bin ganz begeistert. eine Setzhilfe macht den Wechsel doch leichter und bei der Teflonkanüle ist es mir auch noch nicht passiert, dass sie bei ungünstigen Bewegungen doch mal piekst, so wie es bei der Stahlkanüle ab und zu der Fall war.
    Vielleicht wäre das einen Versuch wert?

    Ganz liebe Grüße
    Nicole

    1. Liebe Nicole,

      vielen Dank für deinen Kommentar und für deinen Tipp. Ich habe mich auch schon einmal an das Thema “flexibler Kathether” getraut, jedoch sind wir nie so wirklich “Freunde” geworden. Da gefällt mir die Stahlnadel dann schon besser, auch wenn sie manchmal ungüsntig liegt und piekst.

      Und zu dem Thema Setzhilfe: Damit komme ich leider auch nicht so gut zurecht, weil ich dann irgendwie nicht mehr den Überblick habe, was passiert und wohin genau die Nadel sticht. Ich glaube da bin ich ein kleiner Kontroll-Freak. ;-P

      Aber vielen Dank für die Anregung, ich denke das viele andere Diabetiker sich deinen Tipp auch zu ♥-zen nehmen und hoffe sie probieren wenigstens die Setzhilfe und den Flex-Kathether einmal aus. ☺

      Liebe Grüße,
      Olli

  5. Das ist ein sehr treffender Artikel! Klasse!
    Ich habe eigentlich jedes Mal vorm Katheter Wechsel die Hose voll. Bin letztes Jahr auf die Minimed umgestiegen von der Combo und hab seitdem nur Theater mit den Kathedern. Irgendwie waren die von Accu Chek wesentlich spitzer und gingen besser durch meine an vielen Stellen verhärtete Haut. Die Teflon Katheter muß ich manchmal 3x hintereinander neu legen weil es nicht läuft oder weh tut. Da kann man sich schon mal gruseln. Trotzdem ist immer die Devise: aufstehen, Krone richten, weitermachen!
    Wünsche Dir einen schönen Tag!
    Liebe Grüße, Uli

Schreibe einen Kommentar