Die dunkle Seite des Diabetes – wenn die Augen durch den Diabetes krank werden

Plötzlich konnte Volker auf dem linken Auge nicht mehr sehen. Er beschreibt die Zeit voller Angst vor der dauerhaften Erblindung und seinen Genesungsweg dank Laser-Therapie.

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Nachdem Martina Anfang Juli ihren Beitrag über Geschichten geschrieben hat und mir bewusst wurde, dass es enorm wichtig ist, erlebte Geschichten zu erzählen und Erfahrungen weiterzugeben, habe ich mich dazu entschlossen, Euch die Geschichte über meine Augen zu erzählen. Damals hatte ich keine Informationen darüber, was genau bei einem schlecht eingestellten Diabetes mit den Augen passiert und welche Möglichkeiten es heutzutage gibt, die Sehkraft wiederherzustellen. Aus diesen Erfahrungen heraus habe ich gelernt, wie wichtig es ist, zu wissen, was zu tun ist, wenn das Licht nicht mehr angeht. Denn es wird einem meistens erst dann bewusst, dass etwas fehlt, wenn es zu spät ist.
Quelle: pixabay

Plötzlich habe ich nur noch „schwarz“ gesehen

Vor 5 Jahren wachte ich eines Morgens auf und konnte mit meinem linken Auge nichts mehr sehen. Egal was ich tat, es änderte sich nichts daran, dass ich mich nur noch mit dem rechten Auge orientieren konnte. Obwohl ich vorab schon mehrfach mit dem Laser an den Augen behandelt worden war und ich wusste, dass ein schlecht eingestellter Diabetes irgendwann meine Sehkraft beeinträchtigt, war ich auf diese Situation nicht so richtig vorbereitet. Da ich nicht wusste, was genau der Grund für den kompletten Ausfall meiner Sehkraft im linken Auge war, dachte ich gleich an die schlimmste Ursache: die Ablösung der Netzhaut. Da eine solche Ablösung nicht mehr rückgängig zu machen ist, war es eine sehr schwere Zeit bis zum Termin beim Augenarzt. Immer wieder dachte ich daran, der Vorhang sei für immer gefallen. Ich fragte mich: Wie konnte so etwas passieren, obwohl ich zuvor engmaschig beim Augenarzt war und ich mich sogar öfter in einer Augenklinik zur Fluoreszenz-Angiografie vorgestellt hatte? Bei der Fluoreszenz-Angiografie wurde bei mir die Netzhaut fotografiert, während in den Blutkreislauf ein Kontrastmittel gespritzt wurde. Im kurzen Abstand von Sekunden wird dabei die Verteilung des Kontrastmittels anhand der Zeitrafferbilder beurteilt, um Rückschlüsse auf die Durchblutung der Netzhaut zu ziehen. Die letzte Angiografie lag keine 5 Monate zurück. Warum hat man dort nicht erkennen können, was passieren wird?

Der Gang zum Augenarzt

Am nächsten Tag stellte ich mich beim Augenarzt vor. Die Pupillen wurden wie bei der Netzhautkontrolluntersuchung durch Tropfen weitgestellt. Der Augenarzt schaute mir in die Augen und sah nicht schwarz, sondern rot. Es hatte sich durch eine starke Blutung in der Netzhaut Blut zwischen der lichtempfindlichen Netzhaut und dem Glaskörper abgesetzt. Dieses Blut war nun der Grund dafür, dass ich nichts mehr sehen konnte. Mein Augenarzt riet mir dazu, in einer Spezialklinik durch eine OP den Glaskörper im Augapfel entfernen zu lassen. Da ich nun wusste, was der Grund für den Totalausfall war, recherchierte ich im Internet über die Möglichkeiten, den Defekt beheben zu lassen. Ich war sehr unsicher, da es mir nicht klar war, ob nun eine OP unbedingt notwendig ist oder es vielleicht nur eine Zeit dauert, bis die Sehkraft zurückkommt, weil das Blut abgebaut wird. Ich stellte mich zur Sicherheit bei einem anderen Augenarzt vor, um eine zweite Meinung zu erhalten. Jedoch wurde mir auch dort zur OP geraten.
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Der Einäugige ist der König unter den Blinden

Wer einmal selbst erleben musste, wie es ist, wenn man ein wichtiges Sinnesorgan wie das Auge nicht einsetzen kann, der weiß, was man in den ersten Tagen nach der Erkrankung durchmacht. Ich möchte mir heute nicht ausmalen, wie es ist, wenn man gar nicht mehr sehen kann. Immer wieder hatten mir meine Eltern schon kurz nach der Manifestation meines Diabetes im Jahr 1979 oder die Schwestern in der Diabetesklinik eingeredet, wenn ich mich nicht an die Therapie halte, dass ich eher früher als später mit einer Erblindung meiner Augen rechnen muss. Ganz ehrlich war dies eine Erziehungsmaßnahme, die man sich auch hätte sparen können. Die Jahre vergingen und mein Diabetes und ich waren zwar nicht immer einig, aber irgendwie arrangierten wir uns. Auch bin ich mit jedem Jahr nach der Kontrolluntersuchung beim Augenarzt und der Diagnose, dass nichts zu erkennen sei, trotz eines HbA1c von 9,5%, selbstbewusster geworden und habe die Gefahr nicht mehr als solche wahrgenommen.

Irgendwann war es doch so weit

Etwa 2008 riet mir mein damaliger Augenarzt dazu, mich lasern zu lassen. Ich fragte, warum denn gelasert werden muss, und bekam eine Antwort: Durch den Diabetes sind bei Ihnen die Blutgefäße leicht verstopft und die Netzhaut bekommt nicht mehr genug Nährstoffe. Um dieses Defizit auszugleichen, bildet die Netzhaut zusätzliche Gefäße, die jedoch instabil sind und in den Glaskörper wachsen. So dass diese reißen und außerdem die Netzhaut ablösen können. Bei der Lasertherapie wird die Netzhaut an vielen Stellen, (bei mir an etwa 1.500) immer wieder beschossen und Gefäße werden verödet. Dadurch reicht nach der Laserung die Durchblutung wieder aus und das gefährliche Zellwachstum wird eingedämmt. Lasern ist demnach eine vorbeugende Maßnahme, um den Totalausfall der Netzhaut hinauszuzögern.

Mittendrin statt nur dabei – das Lasern

Ich stimmte der ambulanten Laserkoagulations-Therapie zu und ließ meine Augen von 5 Megapixeln auf ca. 3 Megapixel herunterlasern. Das ist natürlich nur eine Umschreibung. Durch das matrixartige Lasern werden viele funktionierende Sehzellen verödet und die Sehkraft nimmt sicherlich ab. Ähnlich wie eine 5-Megapixel-Kamera, wo man fast die Hälfte der Pixel abschaltet. So ein Unterschied würde auch nur Menschen auffallen, die genau hinsehen. Ich habe den Unterschied selbst nicht bemerkt. Denn entgegen einer Kamera rechnet das Gehirn die fehlenden Stellen heraus, ohne dass man dies bemerkt. Nur in der Nacht konnte ich feststellen, dass ich im Dunkeln nicht mehr so gut sehen kann, da die Lichtempfindlichkeit abnimmt. Die Empfehlung zum Lasern kam im Grunde ohne Ankündigung. Auch hatte ich zuvor überhaupt keine Probleme mit dem Sehen. Das ist der Grund, warum es so wichtig ist, als Diabetiker mindestens einmal im Jahr zum Augenarzt zu gehen und die Netzhaut kontrollieren zu lassen. Wer schlecht eingestellt ist oder andere Begleiterscheinungen hat wie zum Beispiel hohen Blutdruck, der sollte sich öfter auf den Behandlungsstuhl bei seinem Augenarzt setzen. Wer denkt: „Ich kann gut sehen, also brauche ich nicht zum Arzt!“, riskiert früher oder später, dass er erblindet. Gerade bei den Augen ist es so wichtig, dass man immer am Ball bleibt, denn für das Augenlicht gibt es keinen Ersatz!
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Was passiert beim Lasern?

Vor dem Lasern braucht man keine Angst zu haben. Es ist nicht angenehm, jedoch absolut auszuhalten und man kann nach wenigen Stunden wieder sehen, als ob nichts gewesen wäre. Bei der Behandlung wird das Auge mit einem Tropfen Lokalanästhetikum betäubt und mit einem weiteren Tropfen Gel legt der Augenarzt ein Kontaktglas auf den Augapfel. So kann er genauer sehen, wo der Laser platziert wird und man kann das Auge nicht schließen. Während einer Behandlung wird meist nur ein Auge behandelt und etwa 100- bis 150-mal „geschossen“. Es pikst ein wenig und es blitzt natürlich. Um seine Sehfähigkeit zu erhalten, ist dies eine sehr wichtige Behandlung, die man nicht hinauszögern sollte. Auch wenn es unangenehm ist, ich kann nur sagen, dass ich ohne Lasern heute nicht mehr so gut sehen könnte. Meine Netzhaut hätte bereits viele neue Gefäße gebildet und der schwarze Vorhang vielleicht schon gefallen wäre.

Die Vitrektomie oder die Entfernung des Glaskörpers

Nach fast 3 Monaten, nachdem mein linkes Auge ausfiel, bekam ich einen Termin zur OP. Genauer gesagt zu einer Vitrektomie. Von der OP selbst kann ich Euch nicht berichten, da diese unter Vollnarkose stattgefunden hat. Jedoch kann ich sagen, dass ich danach keine Schmerzen oder Probleme hatte. Etwa 3 Tage später wurde ich nach Hause entlassen. Bei der Vitrektomie wird der Glaskörper, eine gallertartige, transparente Masse aus dem Auge entnommen. Außerdem wird die Blutung, die auf der Netzhaut zum Totalausfall beigetragen hat, gestoppt. Um den Raum, der nach der OP freigeblieben ist, zu füllen, gibt es mehrere Behandlungsmöglichkeiten: Es wird entweder ein Öl oder ein Gas ins Auge gefüllt. Die dritte Möglichkeit, die auch bei mir prima funktioniert hat, war, darauf zu warten, dass sich im Auge körpereigene Flüssigkeit bildet. Das hat ungefähr eine Woche gedauert. Zwischendurch sah es dabei für mich aus, als ob ich in ein Aquarium schaue, welches innerhalb einer Woche gefüllt wird. Jeden Tag war der Flüssigkeitsstand etwas höher. Heute bin ich froh, dass es so unkompliziert gelaufen ist.

War die OP erfolgreich?

Nach der OP hatte ich fast wieder 100% Sehfähigkeit. Der Arzt klärte mich jedoch darüber auf, dass sich nach der OP in einigen Monaten meine Linse eintrüben wird und eine weitere OP wegen grauen Stars notwendig sei. Die Linse des Auges trübt sich aufgrund der Verletzung (der OP), die bei der Vitrektomie unausweichlich war. Deshalb ist es klar, dass nach der Entfernung des Glaskörpers die eingetrübte Linse nach ein paar Monaten durch eine Kunstlinse ersetzt werden muss. Aus den vorausgesagten Monaten wurden bei mir durch einen Zufall Jahre und die Eintrübung der Linse zögerte sich stark heraus. Momentan ist es jedoch so weit, dass ich diesen Eingriff in den nächsten Wochen plane. Diese OP wird ebenfalls ambulant in ca. 15 Minuten mit örtlicher Betäubung durchgeführt und man kann nach 14 Tagen wieder sehen, als wenn nichts gewesen wäre.
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Zurückblickend kann ich sagen, dass es mein Glück war, dass ich engmaschig beim Augenarzt war und meine Netzhaut kontrollieren lassen habe. Dass dennoch die Einblutung passierte, war einfach auf meine schlechte Einstellung zurückzuführen und weder vermeidbar noch genau voraussehbar. Wenn ich heute ein Problem am Auge habe, warte ich nicht lange, damit zum Arzt zu gehen und nachsehen zu lassen, was der Grund für das Problem ist. Es ist immer besser, sich bei einem so wichtigen, unersetzlichen Organ wie dem Auge auf jemanden verlassen zu können, der sich damit auskennt. Besser einmal zu oft zum Arzt, als den Besuch hinauszuzögern und abzuwarten. Wer aufgrund meines Artikels Interesse an seinen Augen gefunden hat und sich über diabetische Augenprobleme informieren möchte, dem empfehle ich die Seiten: www.das-diabetische-Auge.de  oder www.diabetes-auge.de. Die Seiten informieren, besser als mein Artikel, über die Folgeerkrankungen und die Behandlungsmöglichkeiten mit tollen Grafiken und Videos einfach und verständlich.

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