Wie mein Hund mir mit meinem Diabetes Typ 1 hilft

Das Olli einen Hund hat, dürfte wohl dem ein oder anderen Leser der Blood Sugar Lounge bereits bekannt sein. Aber kann ihr Hund Oskar ihr denn auch explizit helfen in Bezug auf ihren Typ-1-Diabetes?

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Quelle: Olivia P.

Im Grunde genommen könnten hier als einleitende Worte auf die Überschrift bezogen auch stehen: „Gar nicht“. Da das aber so drastisch dargestellt dann auch wieder nicht stimmen würde, hole ich im weiteren Verlauf des Textes einmal etwas aus. So viel kann ich schon verraten: Er, mein Hund Oskar, hilft mir. Nur eben nicht unbedingt so, wie man vermuten könnte…

Er zeigt keine Reaktion, aber dennoch hilft er!

Es gibt hier auf der Seite der Blood Sugar Lounge bereits zwei Beiträge zu meinem wuseligen Gefährten auf vier Beinen namens Oskar. In den beiden Beiträgen begleite ich sozusagen Oskars Aufwachsen und dokumentiere seine Entwicklung unter dem Aspekt, ob er von sich aus Blutzuckerveränderungen bei mir anzeigt.

Darum geht es aber in diesem Beitrag nicht. Denn Oskar befindet sich derzeit mitten in der Pubertät und ich kann froh sein, wenn er einmal am Tag überhaupt wahrnimmt, dass er mit dem Rufen des Namens „Oskar“ gemeint ist und ich somit keine Selbstgespräche führe.

Quelle: Olivia P.

Viel mehr kann ich nach knappen 1,5 Jahren mit dem konstanten Zusammenleben mit meinem Hund sagen, dass er mir trotz bisher nicht erkennbarer Reaktionen auf Blutzuckerwert-Schwankungen hilft. Auch wenn er gerade eher ein „peilo meilo“ ist, sprich Augen und Ohren bei ihm dauerhaft auf Durchzug stehen.

Ich konnte meinem Hund nichtsdestotrotz bereits beibringen, verschiedene Dinge zu apportieren, u.a. Flaschen. Hilfreich natürlich, wenn ich gerade mit hohen Blutzuckerwerten auf dem Sofa versacke und die Wasserflasche quasi als unerreichbares Ziel auf dem ach so weit entfernten Esstisch steht. Dann kann ich Oskar den Befehl geben, mir doch einmal die Flasche zu apportieren. Im Gegenzug gibt’s natürlich immer wohltuendes Bauch-Gekraule. Für den Hund, nicht für mich.

Die Verantwortung dem Tier gegenüber

Ein Hund zu halten, bringt, wie bei wie jedem Tier, Verantwortung mit sich. Verantwortung für den Besitzer, für das Tier zu sorgen, sodass seine Bedürfnisse erfüllt sind. Demnach verbringe ich täglich mehrere Stunden mit Oskar draußen. Leider bei jedem Wind und Wetter, was ich manchmal nicht sehr spaßig finde. Aber wir alle kennen den Spruch: „Es gibt kein falsches Wetter, nur falsche Kleidung.“ Stimmt leider… Doch zurück zur Bewegung. Dass Bewegung nicht schlecht ist, wissen wir auch alle und dieser Aspekt stimmt sowohl für Diabetiker als auch für jeden Menschen ohne Erkrankung.

Aber sind wir mal ehrlich: bei tristem Regen-Sturm-Wetter freiwillig raus? Niemals! Nicht mit mir.

Quelle: Olivia P.

So war es zumindest früher. Auch klar ist, dass Deutschland viele Monate von dieser tristen nass-kalten Zeit jährlich auf seiner Agenda des „Wetter-Programms“ stehen hat. Blöd für alle diejenigen, die keine Fans von Regen, Matsch und Dunkelheit sind. Da bietet es sich ja an, nach der Arbeit einfach muckelig zuhause einen Serien-Marathon zu starten und sich am Wochenende nur von Kühlschrank über Sofa, zwischendrin vielleicht mal ins Badezimmer und zurück ins Bett zu bewegen. Tja, nicht mit Hund. Und wisst ihr was? Das tut extrem gut!

Meine Blutzuckerwerte sind Bewegungs-Fans!

Auch wenn ich das öde Wetter weiterhin nicht mag. Es teilweise verfluche, so muss ich raus. Denn der Hund muss raus und es reicht ihm auch nicht, nur fünf Minuten um den Block zu laufen. Und sowohl meine Gesundheit als auch meine Blutzuckerwerte danken es mir (und somit dem Hund irgendwie auch). Ich gebe es nur ungern zu, aber mein Blutzucker findet Bewegung deutlich toller als den Serien-Marathon im Bett. Den kann man ja nach ein paar Stunden Spaziergang draußen im Nass-Kalten umso besser und wohlverdient danach fortführen.

Quelle: Olivia P.

Das ist jetzt kein Appell, sich einen Hund zuzulegen. Nein, bitte nicht. So etwas sollte mehr als gut überlegt sein, ich spreche aus Erfahrung. Aber es ist eben ein positiver, weiterer Aspekt, den ein Hund mit sich bringt. Von diesen mal mehr, mal weniger wettertechnisch motivierten Spaziergängen profitiert im Übrigen auch meine allgemeine Gesundheit, sowohl kurz- als auch längerfristig.

Pausenclown Oskar stets zu Diensten

Aber es gibt noch mehr Aspekte neben beigebrachten Tricks und dem Spazierengehen bei Wind und Wetter. Nämlich: Der Hund ist immer da. Im Übrigen ein Hamster, Wellensittich, eine Katze oder ein Hausschwein auch. Zumindest zuhause. Ein Tier motiviert einen in etlichen Belangen. Ich für meinen Teil habe Hund Oskar hier zuhause sitzen, springen und liegen. Und ich kann sagen: Oskar ist tatsächlich die beste tröstende Wärmflasche, die es gibt. Wie oft lag ich schon mit hohen Blutzuckerwerten, schwach, zu Tode genervt in der Ecke rum, bis Pausenclown Oskar ins Spiel kam.

Er kann mir zwar weder die Blutzuckerwert-Kontrolle abnehmen noch einen Zauberspruch sprechen, sodass alles wieder schneller im „Normalzustand“ ist, aber er kann aufmuntern. Darin ist er super! Er schleppt dann jedes Spielzeug, was er finden kann, zu mir und lässt es ungeniert und vollgesabbert auf mich drauffallen. Das mit dem Zärtlichsein üben wir noch…

Dennoch merkt er genau, wenn ich am liebsten explodieren würde, vor lauter Genervtheit, Wut oder Verzweiflung. Meist aufgrund der Blutzuckerwerte. Obwohl Oskar aktuell noch keine Blutzuckerschwankungen wahrnimmt bzw. mir diese in irgendeiner Form erkenntlich anzeigt, erkennt er mich als Mensch und meine Stimmungen. Hunde haben für so etwas sehr feine Antennen.

Quelle: Olivia P.


Für den Hund den Blutzucker mehr im Blick haben

So sehr mich der Hund motiviert, so sehr motiviere ich mich auch für den Hund. Ich versuche, meine Blutzuckerwerte noch besser im Griff zu haben, denn wenn jemand einmal über einen längeren Zeitraum Blutzuckerwerte im Niedrigbereich hatte und der Hund ausgerechnet dann raus musste, um Pipi zu machen. Was denkt ihr, wer da gewinnt?
Klar, der Hund!

Aber mit einer länger anhaltenden „Hypo“ großartig viel bewegen ist auch nicht immer die aller angenehmste und cleverste Lösung. Erst recht nicht nach bereits unzähligen „Hypohelfern“ intus, die einfach nicht anschlagen wollen, und man als halb Mensch, halb im Delirium versucht. seine Gedanken so beisammenzuhaben, dass man zumindest an den Haustürschlüssel denkt. (Den trägt in meinem Fall übrigens Oskar, noch so ein cleverer Trick, um mich zukünftig nicht mehr auszusperren. ;-)).

Demnach heißt es stets für mich: Blutzuckerwerte im Blick bedeutet in den meisten Fällen somit keine super langen, unangenehmen Unterzuckerungen (Ausnahmen bestätigen die Regel), bedeuten ein fröhliches Rausgehen mit dem Hund, egal wann und sogar mit Haustürschlüssel.

Quelle: Olivia P.


Vielleicht wird er noch ein „Blutzuckerwerte-Schwankungs-Experte“

Allgemein lässt sich also sagen: Mein Hund Oskar hilft mir nicht, meine Diabetes-Erkrankung schöner, leichter, besser erträglich oder gar entspannter zu gestalten. Nein. Es ist derselbe „Blödsinn“, der es davor auch schon war. Aber mit ihm, als treues Tier an meiner Seite, ist es einfacher, eine „Hypo“ zu ertragen, weil mein persönlicher Pausenclown versucht, mich aufzuheitern. Er freut sich über jeden Trick, den er ausüben darf, und ich freue mich darüber, wenn man mir halbwegs optimal eine Wasserflasche ans Sofa transportiert, auch wenn sie angesabbert ist.

Die Bedürfnisse meines Tieres zwingen mich, meinen Körper zu bewegen, und mein Körper dankt es mir mit weniger Schmerzen und Verspannungen und weniger Stress. „Frische Luft wirkt Wunder!“, auch wenn ich mich bei dem Spruch fühle wie eine weise, alte Omi. Aber es ist etwas dran. Und weniger Stress bedeutet in meinem Fall, meine Blutzuckerwerte sind entspannter. Die reagieren nämlich super empfindlich auf Stress.

Ich möchte mein Haustier nicht mehr missen und wer weiß, vielleicht, wenn wir beide eines Tages diese Pubertät überlebt haben, vielleicht wird Oskar doch noch ein „Blutzuckerwerte-Schwankungs-Experte“.

Wie sieht das bei euch aus? Habt ihr Haustiere und „helfen“ sie euch? Falls ja, inwiefern? Ich freue mich darauf, von dir in einem Kommentar unter dem Beitrag zu lesen!


Dein Hund zeigt Dir eine Hypo an? Super!! 5 Tipps, wie Du ihn dafür belohnen kannst… – Tipps von Anja

3 Kommentare zu “Wie mein Hund mir mit meinem Diabetes Typ 1 hilft

  1. Hej liebe Olli,
    also ich habe kein festes Haustier bisher – nur die Nachbarskatze kommt immer mal zu Besuch. Allerdings beschäftigt mich schon lange der Gedanke einen Hund aufzunehmen. Und diesen dann vllt als Dia-Dog weitestgehend selbst auszubilden – wenn das tasächlich möglich ist. Zumindest hab ich mir ein Buch dazu bestellt. Jedoch, was mich bisher immer zögern lässt, ist die Sorge, dass ich ihm nicht so gerecht werden könnte, wenn ich gerade nicht so fit bin. Denn so wie Du es beschreibst: mit diesen Unterzuckerungen, die manchmal lange dauern und der BZ trotz zig eingeworfener KEs nicht aus dem Keller kommen will – ja wie soll ich dann die Runde mit dem Hund gehen? Oder wenn das unterwegs passiert? Die romantsiche Vorstellung wäre dann, dass der Hund ganz treu bei einem bleibt, bis es weiter geht… Und einen Welpen einzugewöhnen ist bestimmt auch nicht einfach: nachts aufstehen, schnell vor die Türe usw. Wo ich schon immer froh bin überhaupt mal durchzuschlafen. Möglicherweise würde ich das aber auch vllt alles besser hinbekommen und mache mir nur mal wieder zu viele Grübelgedanken? Vllt hast Du einen Tipp für mich? LG Sonja

  2. Hallo Sonja,

    vielen Dank für deinen Kommentar. Ich weiß nicht ob es dich beruhigt, aber ich habe 15 Jahre lang mit der Entscheidung gehadert einen Hund bei mir aufzunehmen. Wobei man auch fair sagen muss, dass ich viele Jahre davon noch ein Teenager im Elternhaus war und da einfach auch kein Hund (außer von mir) erwünscht war.

    Grundsätzlich ist es toll, dass du dir Gedanken machst, dass ist der richtige Ansatz und zeigt, dass du ein Verantwortungsbewusster Mensch bist.

    Jetzt gibt es natürlich Hunde und Hunde, sozusagen. Ich habe eine Hunderasse hier herum Turnen, welche sehr sensibel sind und durchaus die Fähigkeiten besitzen könnten, einmal ein Diabetiker Warn oder Assistenzhund zu sein/ werden. Mein Plan meinen Hund offiziell ausbilden zu lassen war und ist es nie gewesen. Auch wenn er den ganzen Tag nur freudig einem Ball hinterher rennen würde, wäre das auch OK für mich. Mir lag es am Herzen einen Hund zu haben und die Rasse die es nun geworden ist, tja was soll ich sagen, ich hatte mich eben unsterblich verliebt.

    Zurück zum Thema Aufwand: ja ein Hund bringt viel Freude, zwangsläufig Bewegung und man wird mit der Übernahme dieser mehrjährigen, dauerhaften Verantwortung auch an seinen Erfahrungen wachsen und ggf manchmal alles in Frage stellen. Aber ein Hund kostet neben viel Geld (kommt auch auf die Größe vom Hund an, aber ich denke da bspw an Versicherung, Haftpflichtversicherung, Hundesteuer, Futter, ggf Hundeschule, Trainer, Ausstattung…) auch viel Zeit. Aber immer abhängig von Rasse und Status des Hundes.

    Mein Oskar ist ein Jagdhund, wir sind tgl zusammen gerechnet 3-4 Stunden auf Achse. In Bewegung. An Tagen an denen es mir mal nicht gut geht, gibt er sich auch mit 1,5h gesamt Auslauf zufrieden. Er merkt ja, dass ich schwächle. Für Oskar habe ich meinen Vollzeit Job aufgegeben und bin komplett ins homeoffice (schon vor corona) eingestiegen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er je 5h am Stück alleine zuhause ist und ich auswärts bin. Er könnte das, sicherlich, wenn man es übt, aber ein Hund leben ist generell schon so begrenzt, da muss er meiner Ansicht nach nicht jeden Tag sein Leben, alleine Zuhause verbringen. Anmerkung: Rudeltier.

    Oskar war die ersten 7 Monate ein komplettes arsc…loch von Hund. Er hat jeden Tag die Rangordnung infrage gestellt (ist aber auch ein sturer Jagdhund, zudem noch Rüde), wollte keine Sekunde freiwillig schlafen und war durch und durch Tyrann.

    Um zum Punkt zu kommen: ich kann dir keine allgemeine Antwort geben. Ja ein Hund wird, wenn er dich lang genug kennt, merken wenn es dir nicht gut geht und kann (wenn gelernt) sich auch dann mal selbstständig zurück nehmen. Einem Welpen ist vieles anfangs egal, ob hypo oder nicht, wenn die Blase drückt, wird gepinkelt. Egal ob drinnen, draußen oder mittendrin. Schlaf? Was war das noch gleich? Mir war Schlaf heilig, vor Oskar. Ich kann nur sagen: es wurde anders. Nicht schlecht, anders gut. Halb 8 Uhr gilt bei mir am Wochenende mittlerweile als ultimatives Ausschlafen, dafür war und ist Oskar aber stets ein Nachts durchschlafer gewesen und ich hatte keine Probleme.

    Wenn du noch mehr Fragen hast, schreib mir gerne eine Nachricht, der Rest würde hier sonst mein Kommentar Fenster sprengen. 🙂

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