Gefühle, die nur ein Diabetiker so richtig nachempfinden kann

Ja, wir lieben unsere Typ-Fler. Wir sind ihnen dankbar für all das, was sie auf sich nehmen, um uns zu unterstützen, um für uns da zu sein und mit uns gemeinsam zu lernen. Und doch gibt es da so ein paar Gefühle, die kann wohl nur ein Diabetiker so richtig nachempfinden. Ein bisschen Klarheit über diese „Diabetikergefühle“ möchte Caro heute schaffen.

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#1 Hypo-Kopf

Tausendmal Thema gewesen und doch ist es für Außenstehende immer wieder schwierig, zu verstehen, was da eigentlich in uns passiert, wenn wir in eine Unterzuckerung rutschen. Jeder Diabetiker ist anders – und jeder empfindet damit auch seine Hypoglykämien unterschiedlich. Ich kann es nur aus meiner Perspektive beschreiben: Herzrasen trotz völliger körperlicher Ruhe. Kalter Schweiß, der langsam den Rücken hinabrinnt. Ein völlig leerer Kopf, ein Gefühl, als wäre er mit Watte ausgestopft – unfähig zu denken. Beine, so weich wie Wackelpudding. Ein innerliches Kribbeln, als würden tausend Ameisen unter der Haut entlanglaufen. Panik – pure Angst um das Überleben. Von außen muss eine Unterzuckerung nicht immer sichtbar sein. Nicht jeder Diabetiker beginnt zu zittern, nicht jeder wird blass oder fällt plötzlich in Ohnmacht, wie es immer wieder in Fernsehsendungen zu sehen ist. Und leider haben vor allem wir Menschen mit Diabetes nicht immer eine Erklärung dafür, weshalb jede Unterzuckerung sich etwas anders als die vorhergehende zeigt.
Quelle: Pixabay

#2 Nadelscheu

Ja, ja- Diabetes und Nadelphobie, das passt nicht zusammen. Stimmt. Diese Kombi ist der totale Mist. Und trotzdem gibt es sie. Die Angst vor dem Einstich wird nicht zwangsläufig besser, je öfter man sich damit konfrontiert (konfrontieren muss). Doch auch ohne eine ausgewachsene Phobie kennen die meisten von uns das Gefühl, wenn man eigentlich „einfach nur mal eben schnell“ einen Katheter setzen oder mit dem Pen spritzen möchte – und plötzlich sitzt man da, mit der Kanüle in der Hand, und kann sich einfach nicht überwinden, das verdammte Ding durch die Haut zu stechen, obwohl man es doch schon hunderte Male gemacht hat. Wie eine innere Blockade lähmt eine plötzliche Scheu die Hand nahezu, und nicht selten brauche auch ich mehrere Minuten, um mich zu überwinden – oder es jemand anderen machen zu lassen.

#3 Plagegeist

Bei den meisten von uns lebt der Diabetes wahrscheinlich im Laufe der Zeit irgendwie so „nebenher“. Und doch ist er immer da. Ob man ihn nach vorne zerrt, ins Licht der (eigenen) Aufmerksamkeit, oder ihn irgendwo ganz nach hinten in die verstaubte Kellerecke steckt – er bleibt penetrant da. Und dieses Wissen macht das stinknormale Leben manchmal echt nicht einfach. Urlaube, die entspannte oder aufregende Erlebnisse in den Alltagstrott bringen sollen, werden plötzlich zur organisatorischen Meisterleistung. Die eigene Hochzeit – einer der schönsten Tage im Leben eines jeden Paares – stellt einen vor Herausforderungen, die man ohne Diabetes definitiv nicht hätte, denn: Wohin mit der Insulinpumpe? Und wie viele BE hat ein riesiges Stück Hochzeitstorte eigentlich? Natürlich werden sich viele jetzt denken: Ist doch nicht tragisch, wenn einen Tag lang mal die Werte neben der Spur liegen. Stimmt. Eigentlich. Denn jeder hohe Wert, jede Hypoglykämie kommt mit unangenehmen Begleiterscheinungen. Und ob Geburtstagsparty, Urlaub, Hochzeit, Klausur, Arbeit oder ein simpler Einkaufsbummel: Wenn die Blutzuckerwerte permanent danebenliegen, ist so ein eigentlich wunderschöner Tag schnell mal im Eimer. Ganz ehrlich? Es nervt. Ja, es nervt nicht immer – das gebe ich zu. Und doch gibt es da eben diese Tage, an denen dieses ständige Wissen um den Diabetes mir einfach nur zum Hals raushängt. Wenn dieser kleine Plagegeist sich klammheimlich in all die schönen Pläne stiehlt und sich mit einem fetten Grinsen breitmacht.
Quelle: Pixabay

#4 Erklärungsfrust

Quelle: creozavr/Pixabay
Apropos schlechte Werte. Hände hoch, wer noch nie in seiner gesamten Diabeteskarriere einen unerklärlich schlechten (ob zu tief oder hoch, sei mal dahingestellt) Blutzuckerwert auf dem Display stehen hatte. Jeder von uns hatte sicherlich mindestens einmal im Laufe seines Lebens mit Diabetes diesen Moment, in dem man sich fragt: „WIESOOOOOOOO?!?!?!?!?“ Das kann einen unheimlich frustrieren. Kennt ihr diese ungeheure Wut auf sich selbst, auf den Diabetes, auf… ja, worauf eigentlich? Irgendwie auf alles und jeden. Was da definitiv nicht hilft, sind Sprüche à la: „Aber wieso ist denn dein Wert jetzt so schlecht?“ Explosionsgefahr! In solchen Momenten sollte man von mir lieber Abstand nehmen. Denn sich mit dem vermeintlich eigenen Versagen auseinanderzusetzen und es zu akzeptieren, dass ein eigentlich perfekter Tag plötzlich in Bahnen gerät, die einem überhaupt nicht gefallen, ist wirklich nicht einfach.
All die Gefühle und Situationen, die bei Diabetikern immer wieder vorkommen, sind ein großes Thema in Caros Beiträgen:

2 Kommentare zu “Gefühle, die nur ein Diabetiker so richtig nachempfinden kann

  1. Ja, auch ich habe eine Nadelallergie. Wenn so ein spitzes Ding beim Arzt oder sonst wo auf mich zu kommt, drehen sich meine Füße automatisch Richtung Ausgang und die Beine beginnen mit einer Schrittbewegung. Woher das kommt kann ich nicht sagen. Falsche Vorstellung, falsche Erwartung, schlechte Erfahrung. Möglicherweise von allem etwas. Nun ich stehe zum einen nicht auf Schmerz, wer tut das wohl und ein Einstich ist manchmal echt schmerzhaft. Allein schon das entgegenkommen der Kanüle, lässt meinen Arm in respektvollem Abstand erstarren. Abhilfe habe ich bei einer Kanüle “click-fine autoprotect” gefunden. Die Kanüle ist unter einer Hülse verborgen und ich setze nur den Pen mit der Hülse auf die Haut und drücke den Pen Richtung Haut. Die Hülse rutscht zurück und die Kanüle ist drin. (Meist schmerzfrei bei zügigem stechen) Beim Zurückziehen springt die Hülse mit einer Sicherheitskappe darunter wieder vor. Die Kanüle ist gesichert und eine Verletzungsgefahr für andere besteht nicht. Nur weil ich die Kanüle nicht sehe, ist sie für mich nicht existent und mein Gehirn ist ausgetrixt.

  2. Ich selbst hänge seit 35 Jahren an der Nadel,als Kind wollte ich auch nur noch flüchten.
    Wenn ich nur daran denke was das für lange Nadeln waren läuft es mir noch kalt den Rücken runter. Unsere Tochter hat erst seit 2,5 Jahren Diabetes,Anfangs habe ich Sie mit dem Pen gespritzt fand sie nicht schön,also haben wir uns für die Pumpe entschieden denn da hat Sie nach der Setzung der Kanüle nur noch ein Teflonschläuchen drinnen.

    Und ja auch ich bzw wir fragen uns manchmal warum spielen unsere Werte wieder Achterbahn fahren,Man sitzt dann da und zerbricht sich den Kopf und bekommt schlecht Laune.

    Und Hypos aber auch Hypers kennen wir.

    Aber wir leben mit unserem Diabetes,auch wenn wir ihn manchmal ihn verfluchen.

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