Tierische Begleiter – Lebewesen versus Technik

Ina hat sich Gedanken darüber gemacht, was ein Diabetes-Warnhund und ein CGM-System zu bieten haben. Ein interessanter Vergleich, denn am Ende wollen uns beide vor steigenden oder sinkenden Glukosewerten warnen und uns im Alltag mit Diabetes unterstützen.

Weiterlesen...

Vor einem Jahr habe ich meine erste Insulinpumpe mit dem zugehörigen CGM-System bekommen. Im Vorfeld der Beantragung blitzte ab und zu der Gedanke auf, ob nicht auch ein Diabetes-Warnhund eine Alternative wäre. Ich mag Tiere und die meisten Tiere mögen mich auch. Das ist in meinen Augen ja schon einmal eine wichtige Voraussetzung. Aber reicht das, um diese Verantwortung zu übernehmen? Das war in der Tat die zentrale Frage, die mich beschäftigt hat. Und was sind eigentlich die Vor- und Nachteile der beiden Varianten?

Beide wollen das Gleiche

Der Diabetes-Warnhund und das CGM-System warnen mich vor steigenden oder sinkenden Glukosewerten. Das CGM-System kann es quasi von alleine. Okay, es müssen die richtigen Einstellungen eingegeben werden und ich muss mit der Bedienung vertraut sein. Mein CGM-System warnt mich zunächst mit einem sanften Brummen und wird dann immer penetranter, wenn ich nicht reagiere.

Quelle: Ina Manthey

Die gefühlvollere Variante ist da sicherlich die Warnung durch ein Lebewesen – angestupst zu werden oder die Pfote aufgelegt zu bekommen als Warnung vor einem sinkenden oder steigenden Glukosewert.

Was ich bei meinen Recherchen gelernt habe, ist, dass nicht jeder Hund zu einem Diabetes-Warnhund ausgebildet werden kann. Die Fähigkeit, zu warnen, müssen die Hunde mitbringen. In der Ausbildung wird dann das zuverlässige Warnen gefördert und erhalten. Die Hunde lernen außerdem, Fehler zu vermeiden.

Verantwortung muss ich für beide übernehmen

Verantwortung – ein großes Wort. Auf den ersten Blick würde ich sagen, dass die Verantwortung für ein CGM-System im Vergleich zu einem Diabetes-Warnhund doch relativ gering ist. Natürlich muss ich mich auch um mein CGM-System kümmern. Das sind dann Fragen wie z.B. habe ich genügend Sensoren, misst es richtig, sitzt es richtig, brauche ich ein neues Rezept usw. Außerdem habe ich auch immer noch die Möglichkeit, eine CGM-Pause zu machen. Bei einem bevorstehenden Sensorwechsel gönne ich mir das schon mal für ein paar Stunden oder auch mal einen Tag. Ich messe dann zu den Mahlzeiten blutig und irgendwie ist es ein komisches Gefühl, nicht zu wissen, was zwischendurch so los ist, aber manchmal halt auch eine Erleichterung, es nicht am Körper kleben zu haben.

Die Verantwortung für einen Hund ist dann aus meiner Sicht doch etwas anders gelagert und viel größer und verbindlicher. Es ist eine langfristige Entscheidung für den vierbeinigen Begleiter. Er ist ein permanenter Bestandteil meines Alltags mit eigenen Bedürfnissen, z.B. Futter, Bewegung, Aufmerksamkeit. Ein Geben und Nehmen. Ob sich das alles im Alltag umsetzen lässt, ist für mich die zentrale Frage für die Entscheidung für einen Diabetes-Warnhund.

Beziehungen zu beiden aufbauen

Ein Lebewesen, das als Begleiter in deinem Leben auftaucht, nimmt starken Einfluss auf dein Leben. Ich denke, das ist mehr als eine Hypothese. Es entsteht eine persönliche Bindung, in guten wie in schlechten Zeiten. Das ist für mich ein absolutes Pro-Diabetes-Warnhund-Argument. In meiner Idealvorstellung ein Freund, der auch noch Ahnung von Diabetes hat, weiß, wie es mir gerade geht, und mich vor doofen „Diabetes-Situationen“ beschützt.

Zu meinem CGM-System habe ich mittlerweile auch eine Beziehung aufgebaut. Die beschränkt sich allerdings auf Zwiegespräche, wenn mal was nicht klappt, Alarme nerven. Aber auch ein Lob, wenn es gut läuft, oder ein Lächeln, wenn das Display entspannte Kurven anzeigt.

Unterstützung im Diabetes-Management bieten beide

Das CGM-System ist eine riesige Stütze für mich im Diabetes-Management. Jederzeit konkrete Werte und Verläufe zu sehen, sind ein großer Mehrwert in meinem Alltag mit Diabetes. Die erzeugten Daten unterstützen mich dabei, meine Einstellung im Blick zu behalten und notwendige Anpassungen leichter zu erkennen. Da schlägt wohl auch ein bisschen meine Ausbildung als Ingenieurin und meine Affinität zu Zahlen durch.

Ein Diabetes-Warnhund zeigt keine Blutzuckerverläufe an, aber eine Unterstützung im Alltag mit Diabetes ist er allemal. Ich denke, er nimmt die aktive Rolle eines Beschützers ein, der vor gefährlichen Situationen warnt. Ich kann mir einige Situationen vorstellen, insbesondere, wenn man allein unterwegs ist, oder auch nachts.

Mein Fazit: Beide haben etwas zu bieten, allerdings sind sie für mich nicht vergleichbar. Lebewesen und Technik sind halt doch einfach zwei Paar Schuhe. Bei einer Entscheidung kommt es auf die persönliche Ausrichtung und die persönlichen Erwartungen an.

Wenn sich meine Wohn- und Lebenssituation ändert, kann ich mir das Leben mit einem Hund gut vorstellen. Aktuell wäre er tagsüber lange allein und in einer Wohnung mitten in der Stadt finde ich es für einen größeren Hund auch nicht so ideal – ein kleiner Hund kommt für mich nicht in Frage. Das sind die Hauptgründe für eine Entscheidung gegen einen Hund. Für mein Diabetes-Management bin ich mit meinem CGM-System völlig zufrieden. Der Diabetes ist daher kein Grund für einen Diabetes-Warnhund für mich. Aber ein schöner Gedanke ist es trotzdem, wenn da noch jemand ist, der zusätzlich noch ein Auge auf mich hat.

Habt ihr euch schon einmal Gedanken darüber gemacht, euch einen Diabetes-Warnhund anzuschaffen? Welche Fragen habt ihr euch dabei gestellt? Und noch interessanter – zu welchem Ergebnis seid ihr gekommen?


Über das Zusammenleben mit einem Diabetes-Warnhund schreibt Heike immer wieder spannende Erfahrungsberichte, wie hier: Schnüffelhund Daphne

4 Kommentare zu “Tierische Begleiter – Lebewesen versus Technik

  1. Hallo Ina,

    vielen Dank für deinen Artikel. Ich stimme deiner Aussage, dass beide “Systeme” etwas zu bieten haben, nur zu. Sie ergänzen sich einfach gut!

    Ich bilde meine Hündin gerade zum Diabetesanzeigehund (DAH) mithilfe einer professionellen Trainerin selbst aus. Trotz CGM bietet ein DAH viele Vorteile. Häufig riechen sie eine Unterzuckerung schon, bevor das CGM diese überhaupt misst. Außerdem liefert mein CGM nachts teilweise fehlerhafte Werte, wenn ich auf dem Sensor liege und beim Neusetzen braucht der Sensor ja auch immer eine 2-stündige Aufwärmphase. Letztens ist mein Transmitter kaputt gegangen und bis mir Dexcom einen neuen geschickt hatte, vergingen einige Tage, wo ich wieder blutig messen musste und sehr froh über meine Hündin war (auch wenn sie noch nicht verlässlich anzeigt). Also generell kann ich nur sagen, mein DAH gibt mir zusätzliche Sicherheit!

    Einer Sache in deinem Artikel muss ich allerdings widersprechen. Es herrscht immer noch das “Gerücht” oder die falsche Annahme, dass Hunde diese “Gabe” zum Warnen mitbringen müssen. Dies ist nach heutigem Wissensstand einfach falsch. Es ist (fast) jeder Hund dafür geeignet und kann es durch das Geruchstraining erlernen. Denn sie werden darauf konditioniert, den speziellen Geruch bei Unterzuckerung wahrzunehmen, ihn als wichtig einzustufen und daraufhin eine Verhaltensweise zu zeigen (“Warnen”), wofür sie eine Belohnung erhalten.

    Siehe dazu: http://www.diabetikerwarnhund-netzwerk.de/index.php?menuid=2
    oder das Buch “Der Diabetikerwarnhund” von Grosser & Körner (2014).

    Damit möchte ich allen schon oder zukünftigen Hundebesitzer*innen Mut machen, falls sie ihren Hund gerne unter professioneller Anleitung ausbilden möchten.

    Viele Grüße
    Hannah

    1. Liebe Hannah,

      Danke für dein Feedback und die zusätzlichen Informationen. Insbesondere für die Klarstellung mit der Eignung des Hundes. Ich wünsche dir eine gute Zeit mit deinem Hund und es liest sich ja auch so als seid ihr auf einem guten Weg.

      Herzliche Grüße
      Ina

  2. Hej liebe Ina!
    Das ist ein spannendes Thema, das Du hier aufgegriffen hast. Ich habe seit 2018 den Typ1 dabei (war zu der Zeit 37) und hatte dann Anfang 2019 eine Phase, in der ich mich genau mit der Diabetes-Warnhund-Frage befasste. Bisher war ich in meinem Leben eher der Katzentyp; wobei dies egtl nur, weil mir selbige immer zuliefen. Hatte auch mal einen zugeflogenen Nymphensittich. Also ein Hund lief mir noch nie zu 😉 Eines Tages packte mich die Recherchewut und ich ich lieh mir einen Riesenstapel Fachbücher in der Bibliothek aus über Hundehaltung, über Hunderassen etc. Begleitend dazu las ich im Internet (da in älterer Bibliotheks-Literatur nichts dazu zu finden war) viel über die Assistenzhundausbildung. Ich kam zu folgendem Resultat:
    Wenn ein Hund, dann würde ich gern einen Goldie haben wollen (Golden Retriever), da diese Hunde sehr wissbegierig und lernfreudig sind, es ihnen liegt etwas zu bringen (apportieren), denn egtl. wurden sie oft zur Jagd mitgenommen, um dem Jäger etwas zu bringen.
    Goldies sind auch sanft im Wesen, gut für Hunde-Anfänger und Familien geeignet.
    Allerdings darf man nicht übersehen – so geduldig und sanft sie auch sind, dem Frauchen oder Herrchen so gern gefallen wollen – sie haben einen großen Bewegungsdrang und gehen gerne längere Runden spazieren, sie lieben Wasser – und brauchen dann auch entsprechende Pflege…Natürlich würde sich Goldie nicht beschweren, wenn er täglich nur 2-3x jeweils 30 Minmuten rausginge, aber es täte ihm nicht gut. Er wäre ungern länger allein – aber welcher Hund wär das schon. Da ich berufstätig bin wäre das schwierig. Wobei ich in einer Kita arbeite – ein Therapiehund wäre natürlich auch super als Begleitung! Jedoch so gern ich auch Goldie bei mir hätte, entschied ich mich schweren Herzens erstmal dagegen. Ich kann nicht garantieren, immer dann fit zu sein und bei gutem Blutzucker, wenn Goldie seine große Runde braucht. Ein Welpe muss auch spontan nachts raus zum Sauberkeitstraining – ich würde nachts aber gerne durchschlafen, was wegen der Blutz.Achterbahnen oft genug schon misslingt. Ich habe Familie, weiß aber, dass nachts oder bei prasselndem Regen sich die anderen nicht drum reißen würden mit dem Hund rauszugehen. Und auch sonst müsste man alles auf Hund einstellen: anderes Auto, hundegeeigneten Urlaub planen, die monatlichen Kosten – bei so einem mittelgroßen Hund bestimmt über 100 € pro Monat, überhaupt erstmal etwa 1500 € für einen Welpen. Will man dann tatsächlich eine Assistenzhundausb. hatte ich gelesen, dass die günstigste ca. bis zu 3000 € kostet:
    http://diabetikerwarnhund-netzwerk.de/index.php?menuid=20
    so schön das auch wäre, mit einem Goldie als Ergänzung, aber derzeit denke ich für mich persönlich bleibe ich bei dem freestyle libre 2. Jedoch hatte ich mir in der Recherchezeit, nachdem ich die geliehenen Bücher wieder abgegeben hatte, dann auch ein spezielles Buch über Goldies gekauft. Und das steht noch immer in meinem Regal – wer weiß?! :o)
    Lieben Gruß von Sonja

    1. Liebe Sonja,
      ich kann deine Gedanken gut verstehen und Danke, dass du sie hier teilst. So ähnlich hin und hergerissen war ich auch. Es ist eine Menge zu bedenken und abzuwägen. Aber wenn sich doch eine gute Gelegenheit ergibt und das Umfeld passt, wer weiß, dann findet dein Goldie doch zu dir.
      Herzliche Grüße
      Ina

Schreibe einen Kommentar