Erster Teil: DIY-Loop – Fluch oder Segen?

Caro stellt sich heute als neue Autorin der BSL vor. Sie geht mit dem Thema gleich ans Eingemachte: Das Loopen. ihre Erfahrungen und Einschätzungen teilt sie mit uns.

Weiterlesen...

Kann man sich im Loop-Kreis auch schwindelig loopen?

Die „neuen“ DiabetesTherapien, die derzeit auf den Markt kommen, haben oft mit digitaler Unterstützung zu tun. Ob es um Smart-Pens, Pumpen oder CGM-Systeme geht – immer spielt die Nutzung digitaler Systeme eine große Rolle. Für mich ist es natürlich eine riesige Hilfe, wenn ich meine Gewebezuckerwerte kontinuierlich angezeigt bekomme. Dazu bekomme ich Auswertungen und Statistiken aller Art.

Quelle: Pixabay

Ein Segen?!

Zunächst eine einfache Antwort: JA. Denn anhand dieser Daten kann ich unfassbar viel über meinen eigenen Diabetes lernen. Und wenn ich lerne, wie sich Werte verhalten, nach bestimmten Mahlzeiten, während des Sports oder während einer Krankheitsphase, kann ich natürlich auch meine Therapie anpassen und optimieren. Auch für Eltern, deren Kinder Diabetes haben, sind ein CGM und die daraus resultierenden Daten natürlich ein Segen. Mit Follower-Funktionen können so selbst aus der Ferne, während das Kind in der Kita oder in der Schule ist, Anpassungen in Form von Boli oder temporären Zielen vorgenommen werden.

Es ist aus meiner Sicht überhaupt nicht diskutabel, dass die neuen Technologien im Bereich der Diabetes-Therapien (und auch allgemein im medizinischen Bereich) eine große Erleichterung für alle Betroffenen sind. Es bringt eine Steigerung der Lebensqualität mit sich und vor allen Dingen kann es helfen, Spät- und Folgeschäden zu verhindern.

Warum treibt mich dieses Thema trotzdem um und lässt mich auch kritisch darauf schauen?

Ich gehöre seit nun guten 5 Jahren zu dem Teil der Menschen mit Diabetes, die ein DIY hybrides Closed-Loop-System nutzen (AAPS). Dieses System vernetzt eine Insulinpumpe mit einem CGM-System und einem Algorithmus in einer App. Damit ist das Gesamt-System in der Lage, automatisch Insulin zu dosieren. Nähere Infos dazu unter der Loopercommunity oder unter Android APS-Dokumentation.

Dies führt im Regelfall dazu, dass man noch bessere Ergebnisse erzielen kann: niedrigere HbA1c -Werte, eine bessere Time in Range (TiR), also mehr Zeit im Zielbereich (*dieser liegt offiziell zwischen 70 und 180 mg/dl bzw. 3,9 und 10,0 mmol/l) und eine geringere Variabilität der Werte (also weniger Schwankungen und damit eine stabilere Einstellung) … Perfekt also – sollte das dann nicht jeder nutzen?!

Quelle: Caroline Pudmensky

Wer nutzt nun solche Systeme? – Wie mein Arzt immer sagte: „So ein System nutzt nur der aufgeklärte Patient,“ Was meint er damit? Tatsächlich sind es Nutzer, die oft aus IT-affinen Berufen stammen. Es sind mehr Männer als Frauen vertreten (dies sind zunächst Behauptungen, die lediglich auf meinen eigenen Beobachtungen basieren).

Ich beobachte in dieser Community auch eine extreme Zielstrebigkeit, ein Streben nach genauem Verständnis des Algorithmus bis ins Detail, ein Streben nach Optimierung und einen unfassbar ausgeprägten Ehrgeiz, immer noch bessere Werte und eine noch bessere Einstellung zu erreichen.

Der Motor, der diese Systeme hat entstehen lassen und der sie voranbringt und weiterentwickelt, birgt zugleich, aus meiner Sicht, auch ein Problem.

Es geht um Verbesserung… oder?

Viele Nutzer, die diese Systeme nutzen, sind glücklich über ihre Erfolge in der Verbesserung ihrer Einstellungen – und hier schließe ich mich natürlich ausdrücklich mit ein. Denn darum geht es ja auch!

Nun hat dies zur Folge, dass immer wieder Bilder gepostet werden, die zeigen, wie schnurgerade die Kurven sind, die Tage zeigen, in denen man 100 % im Zielbereich war, und Durchschnittswerte, die einen meinen lassen, man wäre geheilt.

Quelle: Caroline Pudmensky

Hier entsteht der Eindruck, ein Loopsystem sei die Heilung des Diabetes – um es mal ein wenig überspitzt auszudrücken. Leider postet kaum jemand die Momente und Tage, an denen es nicht so gut läuft: wenn die Werte einfach nur Achterbahn fahren, wenn die Technik streikt, weil der Sensor ausfällt, oder die Werte einfach nur extrem abweichen, wenn der Katheter der Pumpe verstopft ist oder in denkbar unmöglichen Momenten ein lauter Alarm ertönt, wenn der Katheter abreißt oder sich die Haut an der Einstichstelle entzündet oder einfach nur die Bluetooth-Verbindung zwischen den Geräten nicht stabil funktionieren will… siehe hierzu das Thema im Forum der loopercommunity.org „Fuck-up-days“ unter was-sind-beispiele-fuer-tage-an-denen-der-dia-mal-nicht-so-läuft?!


Wie geht es denn euch damit? Wollt ihr lieber die Erfolge sehen, oder braucht es auch mal Fotos und Beiträge aus der realen Welt von Tagen, an denen es eben nicht reibungslos läuft? Hinterlasst Caro gerne in den Kommentaren, wie ihr das seht!

4 Kommentare zu “Erster Teil: DIY-Loop – Fluch oder Segen?

    1. Danke für deinen Kommentar! Ich freue mich, dass du eine entspannte Haltung zum Loopen finden konntest! Ich denke, damit erreicht man dann auch das Maß an Lebensqualität, was einem der Loop bringen soll und kann!

  1. Mich stört jede Werte-Ausrichtung praktisch um der Werte willen.

    Wenn ich meinen Insulinbedarf nicht mit dem insgesamten Absenken meiner BZ-Kurve um gut 30% verringert gefunden hätte und mit deutlich weniger großen Schwankungen sehr viel ruhiger steuerbar, wäre ich nach den ersten Probewochen schnell wieder beim höheren Verlauf gelandet.

    Wenn ich also mit niedrigeren Zahlen erlebbaren Nutzen für mich bewirken kann, bin ich schon dabei. Aber nicht bei den Zahlen, sondern beim Nutzen!

    Von nem Loop würde ich erwarten, dass er nicht nur nachlaufen und so ein bisschen spät vor Hochs und Tiefs warnen, sondern in die nächsten 4-5 Stunden vorausschauen und so konstruktiv ausgleichend steuern kann.

Schreibe einen Kommentar