Manchmal gerät man an Personen, bei welchen man sich fragt, warum genau diese Personen den Beruf ausüben, welchen sie ausüben. So ist es auch Olli schon des Öfteren passiert. In ihrer Diabetes-Laufbahn geriet sie bisher an einige (Fach-)Ärzte als auch medizinisches Personal, welches zum Teil wirklich mangelnde Erfahrung mit der Krankheit Diabetes Typ 1 hatten. Wie genau sich das bemerkbar gemacht hat und was sich Olli für die Zukunft wünscht, das schildert sie euch in diesem Beitrag.
Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne – so oder so ähnlich lautet zumindest ein bekanntes Sprichwort. Leider gilt dieses Sprichwort nicht für den offiziellen Anfang einer Diabetes-Diagnose. Da ist nichts mit Zauber, geschweige denn Magie. Und bei einer Typ-1-Diabetes-Erkrankung landet man mit hoher Wahrscheinlichkeit erst einmal als Patient im Krankenhaus. Zur korrekten Einstellung, versteht sich. Das Krankenhaus, ein richtig „magischer Ort“. Nun ja, nicht wirklich.
Krankenhaus-Magie, Serie vs. Realität
Ich habe mit Krankenhäusern und Krankenhauspersonal schon meine ganz persönlichen „magischen“ Momente erleben dürfen. Im Nachgang kann ich sagen, ich hätte gerne jeden einzelnen davon verpasst. Krankenhäuser haben für mich absolut nichts Reizvolles, geschweige denn Magisches. Die flotten Assistenzärzte, welche man aus Filmen und Serien kennt, existieren meist nicht und falls doch, dann auf jeden Fall nie auf den Stationen, auf denen ich brav und artig Bettruhe gehalten habe. Dafür gibt es sehr oft mindestens eine dezent mies gelaunte Person auf Station. Ich hätte ehrlich gesagt aber auch nicht so die Lust, morgens um spätestens 6.00 Uhr alle aus ihren Betten zu werfen, um Neonstrahl-artige Lichter anzuknipsen und irgendwo noch den Blutzucker zu kontrollieren. Zum Glück für alle Beteiligten bin ich also keine Gesundheitspflegerin geworden.
Mein persönlicher Endgegner
Ich war schon wegen vieler, meist weniger schwerwiegender Dinge im Krankenhaus. Ganz oben auf meiner Strichliste steht das allzeit beliebte „Norovirus“. Dieses Virus reißt meine Blutzuckerwerte und mich jedes Mal so aus dem Leben, dass es ab einem bestimmten Zeitpunkt für mich immer nur noch den Weg ins Krankenhaus gab. Allein zuhause, ohne Infusion am Tropf, habe ich eine Norovirus-Erkrankung (sprich Magen-Darm-Erkrankung, für alle, die davon bisher verschont geblieben sind) nie gepackt.
Dieses Virus und ein paar andere Krankheiten und Umstände führten mich also unter anderem ins Krankenhaus. Aber auch rein diabetische Dinge, wie zu hohe Blutzuckerwerte, welche sich nicht korrigieren ließen, führten mich in dieses weiße, wohl rein ausschauende Bauwerk. Voller freudiger, hilfsbereiter, vermeintlich wohl wissender Menschen. So das Wunschdenken…
Meine Top-Fünf-Sprüche von Krankenhauspersonal bezüglich einer Diabetes-Typ-1-Erkrankung:
Ich durfte mir in direktem Bezug auf meinen Diabetes Typ 1 von Krankenhauspersonal schon so einiges anhören. Hier meine Top-Fünf-Sprüche, die vielleicht der ein oder andere auch schon einmal gehört hat:
„Sie haben einen guten Langzeitwert (HbA1c), also was wollen Sie hier? Sie scheinen es ja sonst gut im Griff zu haben…!“
„Ihr HbA1c sieht stabil aus, wir hängen Sie jetzt an den Tropf, aber Sie machen das schon.“
„Wegen zu hoher Blutzuckerwerte und Ketonen im Urin holen Sie mich jetzt (nachts um 2.00 Uhr) aus dem Bett?“
(Die Ärztin hatte Nachtschicht, aber anscheinend wäre sie gerne liegen geblieben.)
„Haben Sie es denn schon einmal mit Trinken und Flüssigkeitsaufnahme versucht? Wissen Sie, so kann man auch den Blutzucker regulieren.“
„Ihr Blutzuckerwert ist doch jetzt gerade bei 14,8 mmol/l (266 mg/dl), wieso genau sind Sie hier? Ich denke nicht, dass es ein Problem gibt.“
Das waren nur ein paar wenige Sprüche, die mir auf jeden Fall am präsentesten in Erinnerung geblieben sind. Auch heute finde ich viele dieser Sprüche noch frech. Natürlich möchten weder ich noch wahrscheinlich ein Großteil aller Betroffenen abgestempelt werden. Aber ich denke, wenn man sich zu einem gewissen Zeitpunkt schon freiwillig in ein Krankenhaus begibt, dann ist das sicherlich nicht deshalb, weil es einem Spaß macht, sich gegenüber Ärzt*innen/med. Personal für seine Krankheit oder seinen Zustand zu rechtfertigen. Erst recht möchte ich den Menschen dort auch grundlegend gar nichts erzählen (müssen) oder gar diskutieren.
Von Unverständnis bis hin zu Schema X
Ich würde mir wünschen, dass es sowohl beim med. Personal als auch bei Ärzt*innen niemanden gibt, der in dem Bereich nicht fachunkundig ist oder nicht einfühlsam reagiert. Im Sinne von: Grundverständnis der Krankheit gegenüber, denn das ist, glaube ich, der Knackpunkt, an dem es hapert. Entweder das Personal oder die Ärzt*innen gehen nach Schema X, sprich zu hoher Blutzucker = Flüssigkeit hinzufügen, Blutbild untersuchen. Ist alles soweit in Ordnung = Entlassungspapiere ausstellen, Tschüssikowski.
Denn die Betten müssen ja frei werden, für Menschen mit „echten Krankheiten“.
Oft habe ich (leider) auch das Gefühl, die Ärzte wissen gar nicht, wovon ich spreche, wenn ich erzähle, was genau ich alles versucht habe, um z.B. meine Blutzuckerwerte zu senken. Oder was mit dem Blutzucker passiert, sollte ich mich (Beispiel Norovirus) weiterhin übergeben und somit keinen Saft/Traubenzucker in mir behalten. Ihr könnt euch sicher sein, dass ich die Krankheit Diabetes Typ 1 den anwesenden Menschen seit Tag eins stets gleich erkläre. Nämlich so, als würde ich mit einem Fünfjährigen reden: vereinfacht und so simpel wie möglich.
Neben all der Unwissenheit, die vorherrscht, gibt es noch die Hürde mit der Maßeinheit der Werte. Wie ihr aus diesem Beitrag erkennen könnt, messe ich in mmol/l und finde natürlich meine „kleinen Zahlen“ um ein Vielfaches angenehmer als diese riesigen mg/dl-Werte, mit welchen andere jonglieren. Auch hier fangen Ärzte und med. Personal, sollten sie generell den Unterschied zwischen Typ-1- und Typ-2-Diabetes kennen, an zu straucheln. „Ah, Sie messen in mmol/l, mhm… ja. Das kann ich ja jetzt gar nicht umrechnen/deuten. Schwierig!“
Umrechnen leicht gemacht!
Ich verrate euch, allen Ärzt*innen und med. Personal, mal einen Tipp für eine ganz simple Umrechnung. Aufgepasst:
mmol/l-Wert * 18 = mg/dl-Wert
mg/dl-Wert / 18 = mmol/l-Wert
Et voilà. Und einen Taschenrechner gibt es mit Sicherheit in jedem Krankenhaus. Das ist aber nur eine Kleinigkeit in Bezug darauf, was es noch alles gibt. Ihr wisst ja, viele Köche verderben den Brei.
Jetzt könnte man meinen: Die Menschen und Ärzte im Krankenhaus müssten sich ja breit gefächert mit so vielen komplizierten Krankheiten und Krankheitsbildern auskennen, da ist eine Diabetes-Erkrankung nun einmal eher Nebensache. Klar, könnte man meinen, halten wir einfach mal fest an diesem Glauben.
(Fach-)Ärzte – Glückstreffer oder Niete?
Aber ein Facharzt, ein Diabetologe, welcher sich auf dieses Gebiet spezialisiert hat, sollte dann tatsächlich Ahnung haben.
Tja, Fehlanzeige.
Auch hier gibt es natürlich bundesweit Unterschiede. Aber da spreche ich mit 14 Umzügen in 7 Jahren (in versch. Städten) aus eigener Erfahrung. Da gab es unter anderem Diabetolog*innen, welche sich nur mit einem und sonst keinem Insulinpumpensystem auskannten. Andere wiederum kämpften mit derselben Thematik wie die Kollegen im Krankenhaus, dem Umrechnen, und wehrten sich fast, diesen Versuch generell zu starten. Wiederum andere wirkten teilweise verwirrt und unsicher, sodass sie einfach destruktiv und wahllos an Berechnungsfaktoren sowie Basalraten herumschraubten. So etwas kann absolut gefährlich für den Patienten werden. Spätestens ab dem Zeitpunkt würde ich meine sieben Sachen nehmen, aufstehen und gehen.
Wo könnte die Problematik liegen?
Wäre mehr Aufklärungsarbeit die Lösung?
Und dann fragen wir uns: Warum sind Diabetiker leider so oft alleine mit ihrer Erkrankung und auf sich gestellt? Die Lösung für vieles in Bezug auf diese Fragestellung liegt bereits auf der Hand: Es fehlt, wie an vielen Ecken und Enden in der Medizin, an der einheitlichen, strukturierten Aufklärung. So denke ich zumindest darüber.
Ich möchte diesen Beitrag auch nicht als einen wutentbrannten Autorinnen-Artikel beenden. Und ich möchte erst recht nicht über med. Personal und Ärzt*innen aller Art „herziehen“. Ich liebe Ärzt*innen und jeden in der Medizinbranche arbeitenden, motivierten, verständnisvollen und sehr gut fachkundig informierten und geschulten Menschen. Zudem bin ich extrem froh, dass es überhaupt so viele Ärzt*innen gibt und erfreue mich stets am deutschen Gesundheitssystem. Auch das sollte erwähnt werden!☺
Aber natürlich würde ich mir für die Zukunft wünschen, dass noch mehr Aufklärung stattfindet.
Hast du auch schon einmal solch eine Erfahrung in diesem Themenbereich gemacht und möchtest den Lesern und Leserinnen sowie mir deine Ansicht oder persönliche Meinung mitteilen? Dann freue ich mich, von dir in einem Kommentar unter diesem Beitrag zu lesen!
Mit Typ-1-Diabetes ins Krankenhaus – auch Felicitas musste schon unschöne Erlebnisse als Mensch mit Diabetes im Krankenhaus machen!
oh ja, kenne ich. Sebst auf einer Fachstation. Hat mich dazu veranlasst, das Ganze schriftlich zu verarbeiten.
Hi @rayamo06, Danke für deinen Kommentar.
Schade, dass du das auch erlebt hast. 🙁 Hast du das Ganze innerhalb eines Schreibens direkt an die Fachstation gerichtet oder wie hast du es für dich gelöst?
Liebe Grüße,
Olli
Hallo Olli,
nein, ich habe zum einen aus den hahnebüchenen Erlebnissen ein Buch gemacht und zum anderen eine Facebook-Seite unter dem gleichen Namen erstellt, auf der ich immer wieder über die Stilblüten und den Irrsinn in der Diabetesbehandlung berichte. Und ich habe mir wegen den immer größer werdenden Meinungsverschiedenheiten eine neue Praxis gesucht, was nicht ganz einfach war. Okay, ich muss dazu sagen, dass ich in Japan lebe und hier alles ein wenig, so knapp 95%, anders gehandhabt wird, als ich es noch aus Deutschland kannte.