Mit Diabetes im Gepäck durch Europa – eine Reise beginnt!

Olli hat schon lange davon geträumt, mehr von der Welt zu sehen, als es evtl. durch einen klassischen Urlaub für ein paar Wochen an einem Ort möglich wäre. Da sie zu den Menschen gehört, welche gerne aus Träumen Ziele kreieren, hat sie es im Frühling 2022 gewagt und ist zu ihrer unbefristeten Europareise aufgebrochen. Zusammen mit ihrem Hund Oskar und natürlich stets mit ihrer Diabetes-Typ-1-Erkrankung im Gepäck. Im folgenden Beitrag berichtet sie vom anfänglichen Pläneschmieden und den Vorbereitungen, welche sie für ihre Reise getroffen hat.

Weiterlesen...

Quelle: Olivia Peters

Ich liebe das Meer, den Strand, Sonne sowieso und sämtliche Temperaturen zwischen 20 und 30 Grad. Mir unbekannte Kulturen, neue Orte, fremde Supermärkte und kulinarische Entdeckungen, ebenfalls. Klar Deutschland ist schön, hier ist man abgesichert und hat, je nachdem, wie viel man sich von seinem Einkommen leisten kann, ein Leben, welches ich als „absolut in Ordnung“ beschreiben würde.

So war auch mein Leben bis vor kurzem noch = „in Ordnung“. Ich wohnte in einer kleinen Wohnung, zusammen mit meinem Hund, im Speckgürtel einer größeren Stadt. Hatte einen Job, welcher zu 90 % aus dem Homeoffice und somit recht flexibel von zuhause aus erledigt werden konnte. Ich konnte damit meinen Lifestyle und ein einfaches Leben für den Hund und mich finanzieren. Urlaub war allerdings aufgrund meiner beruflichen Teilzeit-Position (damit der Hund in meinem Leben nicht zu kurz kommt) leider nicht mehr drin. Dennoch kann ja auch Urlaub auf Balkonien oder in der eigenen Stadt schön sein – die Sonne scheint im Sommer ja auch in Deutschland.


Ich hatte „alles“ – aber war dennoch nicht glücklich

Aber all diese oben aufgeführten Punkte haben mich nie wirklich glücklich gemacht. (Ausnahme der Hund, der macht aber zusätzlich noch Blödsinn und Sorgen.) Ich wollte mehr. Vor allen Dingen: mehr Meer und Strand und Sonne. Das konnte mir Deutschland nicht in dem Umfang bieten, wie ich es mir gewünscht habe.

Jahrelang hegte ich Pläne und verwarf diese relativ schnell wieder. Folgende Faktoren waren für mich einfach nicht miteinander vereinbar: meine Diabetes-Typ-1-Erkrankung und die entsprechende Insulin– und Hilfsmittelversorgung. Zudem noch mein junger, wilder Hund Oskar und die Tatsache, dass ich allein diese Reise antreten würde. Zudem gab es da ja noch meinen Homeoffice-Job, mit welchem es mir lediglich gestattet war, in meinem Arbeitszimmer von meiner gemeldeten Wohnadresse aus zu arbeiten.

Man kann klar erkennen: Es sah nicht unbedingt rosig aus, was die Umsetzung meiner Pläne betraf. Vor allen Dingen die Punkte „allein mit Diabetes, im Ausland“ ließen mich stets stark zweifeln.

Doch ich wäre nicht ich, wenn ich nicht weiterhin an meine Pläne geglaubt hätte.

Also änderte ich zuerst die offensichtlichen Umstände und wechselte meinen Job. Nun hatte ich einen Job, mit welchem es mir europaweit möglich war und somit remote zu arbeiten. Das komplette Unternehmen ist remote aufgestellt, sprich, man arbeitet (bis auf wenige Ausnahmen) online zusammen und miteinander. Das mag für viele unmöglich klingen, ich kann aber aus Erfahrung sagen: Wenn jeder ordentlich mitarbeitet, ist das machbar.


Ein Problem: mein junger, wilder Hund Oskar

Danach folgte das „Problemkind“: junger, wilder Hund. Da half mir nur meines Erachtens: Hundeschule, Zeit zum Wachsen und Entwickeln geben. Vertrauen stärken und konsequent in der Erziehung sein sowie das Backup einer europaweiten All-inklusive-Hunde-Krankenversicherung als auch Hunde-Haftpflichtversicherung.

Soviel vorweg: Es hat sich für mich ausgezahlt, nicht mit einem ganz jungen Hund loszufahren. Oskar war bei Reisebeginn 2,5 Jahre alt.

© Olivia Peters

Jetzt zu dem kritischsten Punkt: Diabetes. Eine Thematik, die mir in Deutschland schon des Öfteren innerhalb der letzten 17,5 Jahre Kummer bereitet hat. Sei es entweder phasenweise durch zu hohe oder auch zu tiefe Blutzuckerwerte, oder einfach der ständigen Verantwortung und des Kontrollierens wegen als auch des permanenten Kümmerns, um ausreichend Hilfsmittel und Insulin zuhause bzw. auf Reisen dabeizuhaben. Ja, Vorbereitung ist die halbe Miete, aber es ist ja nicht nur so, als wäre dies die einzige nervende Thematik, die so eine Diabetes-Erkrankung mit sich bringt.

Ich war dennoch nach vielen wachen Nächten und schier endlosem Zerdenken zu dem Entschluss gekommen, dass ich es zumindest versuchen möchte.


Vorbereitungen sind das A und O einer jeden Reise mit Diabetes

Also hieß es: Vorbereitungen treffen! Dafür plante ich anhand folgender Fragen:

1.) Wie lange bin ich am Stück weg?
Sprich, für wie viele Wochen/Monate benötige ich Insulin und Hilfsmittel?

2.) Wie stelle ich eine ununterbrochene Kühlkette sicher?
(Kleine Randnotiz: Ich besitze keinen Van oder ein Wohnmobil, lediglich ein größeres Auto. Ich wollte eine Europareise mit verschiedenen Unterkünften, in welchen ich über längere Zeit verweilen und arbeiten könnte.)

3.) Was ist, wenn etwas passiert?
Sprich tiefe Hypoglykämie, ich brauche Hilfe, aber niemand ist da? Wer kümmert sich dann um den Hund?

Das sind nur einige Fragen, die mir unterstützend für meine weitere Planung helfen sollten. Ich möchte euch in meine abgeschlossenen Reiseplanungen einweihen, möchte aber anmerken, dass das nur meine Vorgehensweise war. Es gibt sicher auch noch viele andere Wege.


Mein Reise-Plan

Für folgenden groben Reise-Plan habe ich mich entschieden:

Nicht zu weit weg für den Anfang, sprich keine Tour allein (+ 🐶) nach Portugal o.ä. Das wäre mir für den Anfang zu weit gewesen.

Ich wollte in ein Land, in dem Hunde willkommen sind.

Es sollte in der Nähe von Strand und Meer sein. Natürlich habe ich vorher ausgiebig recherchiert, dass Hunde dort erlaubt sind. Klimatisierte Unterkünfte waren auch ein MUSS, denn der Sommer ist nicht nur in Deutschland heiß.

Max. 3 Monate am Stück „weg sein“. Danach für eine Zeit zurück nach Deutschland, um u. a. beim Diabetologen alles checken zu lassen und um wieder den Insulin- und Hilfsmittel-Vorrat (ich trage übrigens eine Insulinpumpe und GlukoseSensor/en) aufzufüllen.

Ausreichend Vorrat an Insulin und Hilfsmitteln planen, besorgen und mitnehmen.


Internet, Versicherungen, Sprachkenntnisse, Unterkünfte – das Planen nahm gefühlt kein Ende

Gesicherte Internetverbindungen, sprich SIM-Karten-Anbieter und/oder WLAN in Unterkünften, an öffentlichen Orten zu besitzen/zu kennen. Sowohl zum Arbeiten, als auch, um notfalls Ärzte googeln und „nach Hause telefonieren“ zu können, war das ein wichtiger Punkt der Planung.

Eine zusätzliche Auslandskrankenversicherung, zu meiner deutschen Krankenversicherung, die grundsätzlich auch überall in Europa gilt. Aber ich wollte das Komplettpaket für den äußersten Notfall.
Sowie eine zusätzliche Auto-Unfall-/Abschlepp-Versicherung.

Mir vorab Sprachkenntnisse (sofern nicht Englisch oder Deutsch anwendbar) aneignen, sodass ich ausdrücken kann, wer ich bin und dass ich Hilfe bräuchte.

Unterkünfte entsprechend auswählen, dass ich nie „allein“ bin. Sprich: ja, ein Haus auf einer umzäunten Wiese ist sicher toll, nur blöd, wenn da keine Menschenseele ist, die einem im Zweifelsfall helfen kann. Daher wurde es eher der Bungalow auf einem Campingplatz mit Rezeption etc.

Unterkünfte wurden ebenfalls so ausgewählt, dass zeitnah ein Tierarzt/eine Tierklinik für meinen vierbeinigen travel buddy erreichbar war. Krankenhaus in der Nähe, für mich, kann auch nie schaden.

Sich vorher um Notfallnummern, Emergency-Apps (gibt einige) und landesweite Rahmenbedingungen (z. B. „Wie schnell bekommt man in Land XY einen Arzttermin?”, „Was kosten Medikamente?”) informieren.


Brauche ich einen Plan B?

Plan B zu planen, war mir im Vorfeld sehr wichtig. Denn was wäre, wenn mir das alles nicht gefällt, wie geht es dann weiter? Also hatte ich stets einen weiteren Plan, zur Eskalation quasi. Falls alles schiefgeht, ich mich unwohl fühle oder, oder, oder…

Kostenkalkulation so detailliert wie möglich aufstellen, inkl. hochgerechneter Sprit-, Maut-, Verpflegungspauschalen, und auch daran denken, dass Lebensmittelpreise stark variieren können in Europa, sowie die Inflation berücksichtigen. Sämtliche gebuchte Unterkunftskosten, laufende Versicherungskosten, Zusatzkosten (z. B. Wäsche waschen außerhalb der Unterkunft, Ausflüge …) mit einplanen. Das kann sonst schwer nach hinten losgehen, teuer werden und man hat möglicherweise nicht genügend Geld als Backup.


Vorbereitungen umsetzen und Abfahrt

Dann hieß es nur noch:

a.) Alles planen, packen, vorab nochmal sämtlichen Ärzten einen „Besuch“ abstatten. Das Auto checken lassen, Hund impfen/durchchecken lassen, alle wichtigen Dokumente in versch. Sprachen ausstellen lassen und zusammensammeln. Klären, ob ein Visum für längere Aufenthalte in Land XY benötigt wird, recherchieren, womit man an den Mautstellen bezahlt, z. B. ist es für solche europäischen Bezahl-Vorgänge sinnvoll, eine Visakarte zu besitzen.

b.) Die Wohnung kündigen (untervermieten wäre vielleicht für andere auch eine Option, in meinem Fall nicht), alles verkaufen, was man besitzt (außer Kleidung, Auto, Laptop und Hund) – und ab geht die Post!

Ich kann euch sagen, ganz so einfach war es alles nicht. Insgesamt habe ich 1,5 Jahre geplant und die letzten sechs Monate intensiv jeden Tag verschiedene Dinge umgesetzt/organisiert, damit wir endlich losfahren konnten.

ABER: Für mich war das eine gute Entscheidung und ich habe sie bisher (Stand November 2022) nicht bereut.

© Olivia Peters

Wo unser erstes Reiseziel lag und ob ich auch schon beängstigende Situationen erlebt habe, die mich schwer haben zweifeln lassen? (kleiner Spoiler: JA) – darüber berichte ich in Teil 2! Denn das richtige Abenteuer, nach dem ganzen organisatorischen Aufwand, ist ja erst gestartet. ☺

Falls ihr ebenfalls eine längere Reise plant oder auch gerade unterwegs seid oder einfach Fragen zu meiner Reise habt: Dann freue ich mich auf einen Kommentar unter diesem Beitrag!

Schreibe einen Kommentar