Tine hat gerade ihren ersten Diabetes-Tiefpunkt hinter sich. Ganz langsam trat die eigene Therapie immer mehr in den Hintergrund. In ihrer zweiteiligen Beitrag teilt sie diese für sie beschämende Erfahrung mit uns.
Ich will ehrlich sein mit euch: Ich hatte ein paar harte Monate, und der Berg ist noch lange nicht abgearbeitet. Gut zweieinhalb Jahre nach meiner Diagnose habe ich gerade ansatzweise meinen ersten richtigen Diabetes-Tiefpunkt hinter mir. Es ist unangenehm, ein bisschen schäme ich mich auch dafür – aber es ist wohl normal, sagten viele Typ-1-Diabetiker zu mir. Ihr kennt das vielleicht auch: Immer passiert alles im Leben gleichzeitig, und der Diabetes rückt plötzlich ganz, ganz weit in den Hintergrund.
Am Anfang bemerkt man es irgendwie noch gar nicht
Zunächst hatte ich nur ein paar Tage, in denen ich immer und immer weniger gemessen habe. Ich dachte mir: „Heute messe ich mal nicht so viel, ist schon in Ordnung.“ Tja, irgendwann war das höchste der Gefühle höchstens ein Mal am Tag zu messen. Oft sind die Tage und Wochen verstrichen, ohne dass ich auch nur ein einziges Mal meinen Blutzucker gemessen habe. Was das für mich und meinen Körper bedeutet, habe ich zu Beginn gar nicht wahrgenommen. Vielleicht war es mir auch ein bisschen egal, schließlich gab es Wichtigeres in meinem Leben, und irgendwie ging das alles schon irgendwie klar. Mein Insulin spritzte ich aber tatsächlich noch, allerdings ohne vorher gemessene Werte, will heißen: Ich habe es total blind geschätzt und lag damit glücklicherweise nie daneben. Empfehlenswert ist dieses Verhalten ganz und gar nicht.Dann habe ich es realisiert… und mich geschämt
Bald häuften sich die Situationen, in denen meine aufmerksamen Freunde bemerkten, dass ich mich zum Beispiel vor oder nach dem Essen nicht maß und auch gar kein Insulin mehr injizierte. „Das mach ich später!“, war oft meine Antwort. Ich begann darüber nachzudenken und bemerkte: „Okay, das mache ich nun wirklich schon länger so“, habe die Ursachen gesucht und mich selbst beobachtet. Und obwohl ich mein Problem erkannt hatte, tat ich aktiv nichts dagegen. Ich konnte nicht. An manchen Tagen fühlte ich mich richtig schlecht. Trotzdem habe ich nichts verändert. Ich schämte mich, wenn ich bemerkte, dass ich schon wieder nicht meinen Blutzucker gemessen oder fünf Stunden nach dem Essen vielleicht endlich grob geschätzt Insulin gespritzt habe. Dennoch verbesserte ich nichts an meinem Verhalten.
Hast du dir denn inzwischen einen Therapeuten eine Therapeutin gesucht?
Würde mich mal sehr interessieren, wie er/sie dir da geholfen hat.