Annikas Suche nach einem Ausbildungsplatz läuft beschwerlich: Trotz vieler Vorstellungsgespräche und Termine zum Probearbeiten bekommt sie immer wieder Absagen. Sie erzählt ihren Eindruck, welche Rolle der Diabetes dabei spielt.
Einen Job zu finden, ist nicht immer einfach und ich habe das Gefühl, mit Diabetes erst recht nicht. Letztes Jahr habe ich mich auf so viele Stellen beworben, hatte einige Bewerbungsgespräche und auch öfter mal ein Probearbeiten. Dennoch habe ich keine einzige Ausbildungsstelle bekommen. Meine Bewerbungen sind laut Arbeitsamt gut, mein Aussehen gepflegt und mein Benehmen, meinen Charakter finde ich angemessen und in Ordnung (Oh Gott, klingt das egoistisch, aber das sind nicht nur meine Worte :D!). Woran könnte es also liegen?
Die Bewerbung
Ein Unternehmen googelt die Menschen, die es einstellen möchte, vorerst. Wenn man eine Absage bekommt, kann es also daran liegen, dass man sich obszön im World Wide Web gibt, dass man Fotos vom Partymachen gepostet hat oder eventuell einen Blog schreibt. Vielleicht bin ich einfach zu öffentlich? Vielleicht liegt es daran, dass mein Blog ein Diabetesblog ist? Und viele immer noch nicht genau wissen, was Diabetes (Typ 1) genau ist. Ich bin schon vielen Menschen begegnet und vor allem Klassenkameraden und Kollegen gehen oft sehr anders mit einem um, nur weil man Diabetes hat. Da wird man gehänselt, weil die Menschen nicht wissen, wie man damit umgehen soll. Schlichtweg gesagt, sie haben ein wenig Angst, was das Ganze bedeutet. Vor allem Mitschüler bewältigen diese Angst, indem sie den Menschen mit der Krankheit, in dem Fall mich, niedermachen. Oder man wird vom Kuchen- und Kekseessen ausgeschlossen, weil die Kollegen ja wissen, „man hat Zucker“. Es muss nicht jede Bewerbung auf diesen Gründen basierend abgesagt werden. Manchmal haben sie auch einfach keinen Platz mehr, bilden das Jahr nicht aus oder man ist einfach zu spät.
Das Bewerbungsgespräch
Wenn die Bewerbung angenommen wurde, folgt meist ein Bewerbungsgespräch. Ich habe immer den Vorsatz: Solange keiner fragt, ob ich einen (Schwer-)Behindertenausweis besitze oder ob ich Diabetes habe (könnten die Unternehmen ja durch Google wissen), sage ich davon auch nichts. Wenn gefragt wird, versuche ich, die Vorteile eines Behindertenausweises zu untermalen. Wusstet Ihr zum Beispiel, dass ein Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern 5% Behinderte beschäftigen muss? Ansonsten muss das Unternehmen „Strafe“ zahlen. Meiner Meinung nach sind wir Diabetiker mit Behindertenausweis perfekt dafür geeignet. Gut eingestellt (in der Diabetes-Therapie), sind wir ja genauso arbeitsfähig wie jeder andere auch. Somit eigentlich gar keine Belastung für ein Unternehmen. Und dennoch zahlen die meisten Unternehmen lieber diese Strafe… Wird im Bewerbungsgespräch zum Beispiel meine Insulinpumpe gesehen und gefragt, was das ist, bin ich lieber ganz ehrlich und erzähle dann, dass das kein Pieper von der Feuerwehr oder kein MP3-Player, sondern eine Insulinpumpe ist. Was bringt es mir zu lügen? Auch hier kann man dennoch Absagen wegen anderer Gründe bekommen. Zum Beispiel war vielleicht die Kleidung nicht gut gewählt, das Aussehen nicht gepflegt oder die Artikulation nicht die richtige. Manchmal hängt es auch einfach nur von der Sympathie des Gegenübers ab.
Liebe Annika,
Du hast Recht mit Deiner These, dass man offen oder subtil in eine Nische gedrängt wird als Mensch mit Diabetes, ob am Arbeitsplatz oder auch privat.
Keiner gibt es offen zu, es wäre ja politisch unkorrekt, einen Menschen mit Diabetes zu diskriminieren, aber es entspricht der Realität. Nach nunmehr 44 Jahren mit Typ 1 Diabetes könnte ich aus einem reichen Erfahrungsschatz berichten, der mich oft an den Rand der Verzweiflung gebracht hat. Aber ich habe auch viele erfreuliche Dinge erlebt, die es nicht zu vergessen gilt. Wichtig: lasse Dich nicht entmutigen, auch wenn so manches schwieriger ist mit Diabetes. Nach dem Motto: der liebe Gott hat diejenigen, die er besonders liebt, mit einer Bürde ausgestattet, die sie zu tragen haben im Leben. Es lohnt sich, dran zu bleiben und weiter zu machen und positiv zu bleiben und zu denken.
Liebe Christine,
danke für Deine lieben Worte:-) !
Ich habe durch meinen Diabetes tatsächlich einen Ausbildungsplatz erhalten und bin super glücklich, nachdem das die letzten Jahre nicht so gut geklappt hat. Dein Motto finde ich klasse! Alles liebe Annika