Typ 1, Typ 2, Typ 3, wie viele Typen kann man mit Diabetes eigentlich haben?

Michelle war 20 Jahre in dem Glauben, dass sie Typ-1-Diabetes hat, bis sie ein Arzt plötzlich über eine neue Diagnose informiert hat: Typ 3. Die Geschichte dazu erzählt Michelle in diesem Beitrag.

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Man lernt in der Schule grob, dass Diabetes von zu viel ungesunder Ernährung kommt. Und wird sogar falsch informiert mit der Aussage: „Wer Diabetes hat, hat früher zu viel Süßes gegessen.“ Und wenn man ganz aufmerksam war, dann weiß man noch, dass es zwei Typen gibt. Den „guten“ und den „schlechten“. Und wir Menschen mit Diabetes ärgern uns natürlich total, wie ungebildet die Menschen um uns herum eigentlich sind.

Darf ich ehrlich sein? Ich bin 20 Jahre rumgelaufen in dem Glauben, ich hätte Typ-1-Diabetes, bis mir ein Arzt zufällig (nicht mein behandelnder Diabetologe) erklärt hat, dass meine Art der Erkrankung zum Typ 3 gehört.

Ein übermotiviertes Pankreas

Kurze Side Story zu meinem „Typ 3“: Die, die mich kennen, wissen, dass ich sehr viel Energie habe, und fragen mich oft, wie man immer so motiviert sein kann. Ich glaube, das liegt bei mir in den Genen, denn meine Bauchspeicheldrüse war mindestens genauso motiviert. Ich weiß nicht, ob sie eine Wette am Laufen hatte, aber ihr Motto war definitiv „Challenge accepted!“. Ich bin als Baby mit einem übermotivierten Pankreas auf die Welt gekommen, oder für die Kreuzworträtsel-Fans unter euch: Nesidioblastose. Auch Hyperinsulinismus genannt. Keine Sorge, meine Ärzte (Diabetologen) konnten mit dem ersten Wort auch nichts anfangen, scheint also ziemlich special zu sein. So fancy, dass die Ärzte in den 90ern völlig überfordert damit waren und gar nicht so viel Glukose in meine Baby-Venen injizieren konnten. Mein Pankreas war schneller. Deshalb, kurz und schmerzlos: Dat Ding muss raus, sonst war’s das. Also war ich an Tag 12 stolze Nicht-mehr-Besitzerin eines Pankreas und laufe seitdem mit XXL-Narbe am Bauch und Diabetes durch die Welt. Ich bin dem gesamten Team von damals natürlich unendlich dankbar! Das war eine Wahnsinns-Leistung, die mit Sicherheit auch anders hätte ausgehen können.

20 Jahre nichts ahnend

Back to the roots. Okay, cool, dann nach 20 Jahren Typ 1 jetzt dann eben Typ 3. Geändert hat sich seitdem nichts, außer dass ich wesentlich aufmerksamer geworden bin. Seit ich auf Instagram unterwegs bin, habe ich von so vielen weiteren Arten gehört, wie Gestationsdiabetes, Mody und wenn ich einen anderen Arzt frage, findet er bestimmt eine neue Bezeichnung für meinen. Mir ist bewusst, dass Ärzte nicht jegliches Wissen abdecken können. Aber, dass mich in meiner 20-jährigen Laufbahn kein Diabetologe aufgeklärt hat?! Interesting. Mitunter ein Grund, warum ich Gesundheitscoach für die T1-Ds bin. Ärzte sind natürlich super wichtig für eine erfolgreiche Therapie, haben aber in der Praxis meist nicht so viel Zeit für uns und gehen, wenn wir einen gestressten Arzt erwischen, auch wirklich wenig auf uns ein. Das ist nicht unbedingt ihnen verschuldet, sondern dem System, da ein Arzt pro Tag auch so und so viele Patienten braucht, um weiterhin Arzt sein zu können.

Ich bin mehrere Jahre mit top HbA1c (5,5%) rumgelaufen, bis ich nach der Pubertät selber festgestellt habe, dass ich auch dementsprechend 30% Unterzucker hatte und wahrscheinlich genauso viele Highs. Nice. Nach dieser Reihe an BZ-Ups and -Downs sowie psychischen Ups and Downs dachte ich mir: „HALT STOPP“ War natürlich nicht einfach, sich einzugestehen, dass die BZ-Werte die letzten Jahre fälschlicherweise gelobt wurden und alles andere als nice waren.

Verantwortung selbst übernehmen

Hier merkt man allmählich, dass nicht nur die Menschen ohne Diabetes unwissend sind. Die Ärzte können unwissend sein und sogar man selbst weiß manchmal gar nicht so recht, was im eigenen Körper eigentlich passiert. Weil man es nicht wissen will oder weil einem die Werkzeuge dazu fehlen? Das muss jeder selbst für sich herausfinden. Auf jeden Fall sollte man die Verantwortung für seinen Typ selbst übernehmen und sich darüber bewusst sein, dass man es selbst in der Hand hat.

Ich bin froh, dass ich zwar mit etwas Verspätung noch die Kurve gekriegt habe und meine Werte seitdem nicht mehr aussehen wie Europapark 2.0. Sie sind ruhig und stabil wie mein Nervenkostüm heutzutage. Harte Arbeit, aber hat sich gelohnt. Seitdem achte ich sehr viel mehr auf meinen Körper, höre ihm zu und gebe mein Bestes, mich gut um ihn zu kümmern. Denn wenn ich schon unwissend bin, wie sollen andere dann einen Plan davon haben, womit ich es zu tun habe?


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