Warum wird #WeAreNotWaiting gerade zu #WeAREwaiting???

Caro berichtet uns heute, wie das Loopen im Laufe der Zeit die Sichtweise auf das Diabetesmanagement verändert hat – zumindest bei manchen Menschen der Loopercommunity – und warum Probieren über Studieren geht.

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Die DIY-Hybrid-Closed-Loop-Systeme gibt es nun schon etwa seit 6 bis 7 Jahren und sie haben sich rasant weiterentwickelt. Von der reinen automatischen Anpassung der Basalrate über kleine Korrekturboli und Automationen bis zu Features in einigen Versionen wie Autotune, dynamischer ISF-Anpassung und UAM-Modes (unannounced meals). Hier kann man oft auf die Berechnung von Kohlenhydraten verzichten.

Quelle: Caro Pudmensky

Ein riesiges Verdienst dieser Bewegung #WeAreNotWaiting ist, denke ich, dass inzwischen und endlich, sicher auch getrieben durch die guten Therapie-Ergebnisse, kommerzielle Hersteller hybride Closed-Loop-Systeme (AID-Systeme – Automated Insulin Delivery Systems) auf den Markt bringen. Denn durch die Unterstützung durch diese Techniken können meist bessere Therapie-Erfolge erzielt werden. Diese Verbesserungen bestehen zum einen in einer höheren Zeit im Zielbereich und zum anderen auch in niedrigeren HbA1c-Werten, wenn sie vorher zu hoch waren. Dies sind aber nur die in Zahlen messbaren Verbesserungen – es kommt aus meiner Sicht noch der immense Gewinn an Lebensqualität hinzu, den diese Systeme mit sich bringen: verbesserte Schlafqualität (stabilere Werte in der Nacht, weniger Alarme), Vermeidung von „Hypos“ und somit ein zunehmendes Gefühl von Sicherheit im Alltag, weniger Interaktion mit dem System usw. Diese Liste ließe sich noch um viele Aspekte verlängern.

Nun leisten die kommerziellen Systeme meiner Meinung nach nicht ganz so viel, wie die DIY-Systeme leisten können. Das erklärt sich für mich daraus, dass ein kommerzielles System für viele verschiedene Menschen standardmäßig passen muss und sicher sein muss. Darüber hinaus muss es strengen Zulassungsregularien genügen.

DIY-Systeme sind, wie Studien zeigen, nicht weniger sicher, aber sie sind flexibler und brauchen keine Zulassungen. Sie können daher schneller entwickelt, verändert und upgedatet werden. Darüber hinaus, kann jeder, der dazu in der Lage ist, für sich selber Anpassungen vornehmen und so sehr individuelle Einstellungen finden. Das macht die DIY-Systeme komplexer, individueller, aber auch komplizierter.

Quelle: Caro Pudmensky

Warum wurde nun aus meinem #WeAreNotWaiting eine Haltung #weAREwaiting?

Als ich 2017 mit dem DIY-Loopen begann, war es wichtig, immer up to date zu sein. Wenn ein neuer Sensor, wie etwa der FreeStyle Libre, der FreeStyle Libre 2 oder der Dexcom G6, auf den Markt kam, dann wollte man den schnell haben und testen.

Zurzeit ist es aber so: FreeStyle Libre 3 ist im Loop (noch) nicht nutzbar wegen der geschlossenen Schnittstellen, ähnlich wird es für den Dexcom G7 erwartet. Also keiner, der derzeit mit einem DIY-Loop ausgestattet ist, will das Update!

Inzwischen haben die Hersteller die Schnittstellen geschlossen, so dass man die neuen Produkte nicht mehr ohne weiteres im DIY verwenden kann. Sehr ärgerlich – aus Herstellersicht auch nur teilweise verständlich.

Wenn man lange loopt, kommt man irgendwann vielleicht an den Punkt, ein wenig Update-müde zu werden. Zumindest ging oder geht es mir zeitweise so. Das höre ich auch immer mehr in der Community: Die loopenden Menschen schauen sich nach den kommerziellen Systemen um und zeigen sich sehr interessiert. Hier reizen Einfachheit, Support, Gewährleistung etc. Einfach alles in einem Paket zu haben mit konkreten Ansprechpartnern, ist schon ein Vorteil.

Da die kommerziellen Systeme gute Arbeit leisten, liegt die Überlegung nahe, dorthin zu wechseln. Auch wenn ich der Meinung bin, dass die DIY-Systeme in der Regel besser sind, hat ein kommerzielles System auch seine Vorteile.

Quelle: Caro Pudmenyky

Das Problem für viele Looper, wie auch für mich, ist aber, dass man die Systeme nicht vorab testen kann. Was ist, wenn ich mit der Pumpe oder dem Zubehör wie Kathetern etc. nicht zurechtkomme? Die Insulinabgabegeschwindigkeit für Schmerzen sorgt… oder, oder, oder…

Bei jeder Ware, die ich in Geschäften oder online erwerbe, habe ich eine Rückgabemöglichkeit. Warum nicht bei so wichtigen Dingen wie einer Insulinpumpe oder einem Loopsystem???

Selbst wenn ich mich im Vorfeld gut informiere, kann ich nicht beurteilen, wie es im Alltag am Ende laufen wird. Die Rücknahme und der Wechsel zu einem anderen System gestaltet sich in der Regel sehr schwierig. Hier muss lange argumentiert und diskutiert und mit Krankenkassen verhandelt werden. 

Werden neue Pumpen mit den neuen CGM-Sensoren kompatibel sein? #WeAreWaiting! Welche Pumpen kommen mit welchen Algorithmen auf den Markt? #WeAreWaiting! Welche Kooperationen wird es geben? #WeAreWaiting! Welche neuen Systeme kommen auf den Markt und wann? #WeAreWaiting!

Auf diesem Markt ist derzeit so viel Bewegung, dass man kaum eine Entscheidung treffen kann, die einen über Jahre an ein System binden wird. Diese lange Bindung ist auch oft ein Problem und bremst letztendlich auch die Innovationen aus.

Fazit: Ich, wie viele andere auch, laufe mit Insulinpumpen herum, die lange aus der Garantie raus sind und warte ab, ob wir die Gelegenheit bekommen, ein kommerzielles System zu testen, um dann eine gute Entscheidung treffen zu können.

#WeAreWaiting!

Quelle: Caro Pudmensky

In Anbetracht der Tatsache, dass weltweit immer noch unendlich viele Menschen keinen Zugang zu Insulin haben, geschweige denn zu technischen Hilfsmitteln, sind dies allerdings auch keine Probleme, die einen nicht schlafen lassen! 😉

4 Kommentare zu “Warum wird #WeAreNotWaiting gerade zu #WeAREwaiting???

  1. Danke für den Artikel, Caro. Er spricht das an, was mich bei den aktuellen Systemen auch schon länger stört. Die meisten Systeme werden irgendwann von der Community erst brauchbar gemacht, indem sie mit viel Aufwand, Hintergrundwissen und zeitlichem und persönlichem Engagement so geöffnet werden, dass sie für die individuellen Anpassungen zugänglich werden. Ich verstehe durchaus, dass die Entwicklung der Blutzucker-Sensoren eine sehr kostenintensive Sache ist und dass die Hersteller da sehr viel investiert haben, um sie zu entwickeln und zur Marktreife zu bringen. Es ist mir ausserdem klar, dass die Firmen ihr Investment lieber heute als morgen wieder in der Kasse haben wollen und auch, dass bei professionellen Systemen viele versteckte Kosten drin sind, die mit Patenten, Rechten und gesetzlichen Auflagen zu tun haben.

    Aber ich fände es wesentlich besser, wenn die Firmen, die so etwas entwickeln auch den Weitblick hätten, die Systeme für die Community zugänglicher zu machen. Es mag sein, dass das vom Gesetzgeber her ein Problem und ein Risiko darstellt, weil man natürlich auch Schindluder damit treiben kann, aber das ist mit jeder Technik so. Missbrauch kann man niemals ausschliessen. Was heutzutage aber leider auch sehr im Vordergrund steht ist, dass man schon den normalen Gebrauch verhindert, indem man es extrem schwer macht, die Daten, die die Geräte sammeln, vernünftig auswerten zu können und diese Auswertung nur dem eigenen Ökosystem zur Verfügung stellt. Zumindest wird das durch alle möglichen Sicherheitsmechanismen versucht, die aber im Laufe der Zeit natürlich umgangen werden, um die wirklich gute Technik für mehr Menschen nutzbar zu machen und nicht nur für die, die bereit und in der Lage sind, die Preise zu bezahlen, die völlig losgelöst von den Herstellungskosten zu sein scheinen und ähnlich wie die Benzinpreise lediglich der Phantasie und Argumentationsfreude des Anbieters unterliegen.

    Das Problem bei den Herstellern ist, dass sie vielleicht die fachliche und technische Kompetenz hat, die Hardware eines Sensors zur Perfektion zu entwickeln, aber die Entwicklung der Software für den Endbenutzer woanders besser aufgehoben wäre, wo darauf geachtet wird, dass die Software für die Anwender brauchbar, verständlich und zuverlässig ist. Was ein Hardwareentwickler als verständlich betrachtet kann sich erheblich von dem unterscheiden, wie das ein Anwender sieht.

    Ich würde mir die ein oder andere Firma wünschen, die ihre Geräte mit Schnittstellen versehen, die es engagierten Programmierern und einer interessierten Community ermöglichen, die gemessenen Werte nach eigenem Willen und in eigener Verantwortung nutzen zu können. Die Verwendung der Schnittstelle darf auch gerne bei der Installation mit einem fetten, roten, blinkenden, alarmierenden Label versehen werden, dass die Nutzung auf eigene Gefahr und ohne jegliche Regressansprüche an die Herstellerfirma genutzt werden darf, das man als Programmierer bestätigen und akzeptieren muss. Der dauernde Krieg zwischen Herstellern und Benutzern muss nicht sein.

    Eine Welt, die nicht nur auf monetären Profit ausgelegt ist, sondern einfach nur das Wohl der Menschen im Fokus hat, wäre in meinen Augen wirklich sehr erstrebenswert (Gene Roddenberry hatte so eine Vision :)). Und gerade bei Werkzeugen, Programmen und Hilfsmitteln, die für die Gesundheit benötigt werden halte ich die Profits(i/u)cht für völlig fehl am Platze.

    LG Andi

    1. Hallo Andi,
      Vielen Dank für deinen tollen Kommentar! Da kann ich dir nur zustimmen… Money rules the world ist leider in so vielen Bereichen, eigentlich in fast allen, das Problem der Menschheit. Der open source Gedanke ist da sicher eine Ausnahme. Wie können dankbar sein, dass es immer wieder Menschen gibt, die dieser Idee folgen und so Solidarität fördern. Meist erreicht man damit ja auch die guten Ergebnisse – siehe diy Loop Systeme…

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