„Diabetes-Konflikte“ – gibt es das?

Streit, bei dem es um den Diabetes geht, kennen wahrscheinlich alle von euch. Ina taucht ein wenig tiefer in das Thema Konflikte, Deeskalation und Kommunikation ein.

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Wer kennt das nicht – ein Wort gibt das andere und schwupps ist er da, der handfeste Streit. Konflikte entstehen immer dann, wenn unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse aufeinandertreffen. Auch der Alltag mit Diabetes bietet Potential, sich zu streiten. Der Streit entfacht sich zunächst am Diabetes, aber in der Regel stehen oft weitere Bedürfnisse oder auch Missverständnisse dahinter. „Musst du mal deinen Blutzucker messen?“ ist wahrscheinlich der Klassiker unter den Aufregern zwischen Menschen mit Diabetes und ihren Partner:innen. Oder zwischen jungen Erwachsenen mit Diabetes und ihren Eltern tragen Sätze wie „Hast du auch gespritzt?“ nicht unbedingt zu einer guten Stimmung bei.

Niedrige Eskalationsstufen von Konflikten als Chance!

Was sich aus einer einfachen Frage entwickeln kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Konfliktmodelle sprechen dabei von Eskalationsstufen. Schwach eskalierte Konflikte sind in der Regel noch durch Gespräche lösbar, während es bei sehr hoch eskalierten Konflikten „gemeinsam in den Abgrund“ geht. Eine Vermittlung ist oft nicht mehr möglich. Das Ziel sollte also sein, Konflikte zu deeskalieren und runterzufahren. Und sie so zu lösen, dass für alle eine gewinnbringende Situation entsteht.  Das ist oft leichter gesagt als getan, denn wenn wir streiten, sind wir oft sehr emotional.

Ich-Botschaften unterstützen die Deeskalation!

Der Schlüssel zum Erfolg ist oft eine Frage der Formulierung. Mit der Frage „Musst du mal deinen Blutzucker messen?“ ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass sich der Mensch, an den sich diese Frage richtet, angegriffen und in die Ecke gedrängt fühlt. Die Frage kann als Vorwurf aufgefasst werden z.B. im Sinne von „du hast es nicht im Griff“ oder „du bist nachlässig mit dir“.
Quelle: Ina Manthey
Eine Möglichkeit zu deeskalieren ist es, die Perspektive zu wechseln und die Frage als Ich-Botschaft zu formulieren. Das kann sich z.B. so anhören: „Ich bin gerade etwas unruhig, du wirkst so abwesend. Ist mit deinem Blutzucker alles ok?“ Das hört sich doch schon etwas anders an, oder? Das Gefühl und die Intention der Frage werden transparent und nachvollziehbar. Genauso verhält es sich mit der Antwort auf die gestellte Frage. Hier besteht die Möglichkeit, eine weitere Weiche zu stellen. Ein einfaches, vielleicht auch schnippisches „Nein“ wird den Konflikt weiter eskalieren lassen. Aber wie sieht es mit „Ich fühle mich ganz ok. Warum fragst du mich?“ aus. Mit dieser Frage kann ich möglicherweise herausfinden, was mein Gegenüber beschäftigt. Das ist nur ein kleines Beispiel von vielen. Es geht also um Kommunikation und wertschätzenden Umgang miteinander, auch wenn wir vielleicht nicht einer Meinung sind. Die Verwendung der „Ich-Botschaft“ ist eine von verschiedenen Möglichkeiten, wertschätzend zu kommunizieren. Weitere Methoden sind z.B. aktives Zuhören, Umformulieren, Perspektivenwechsel oder Reframing. Zurück zu unserer Ausgangsfrage, ob es „Diabetes-Konflikte“ gibt. Was meint ihr? Ich denke, manche Konflikte würden vielleicht nicht auftreten, wenn der Diabetes nicht da wäre. Doch wenn er der Auslöser ist, lohnt sich immer, hinter die Kulissen zu schauen, um was es sonst noch gehen kann. P.S.: Wenn ihr mehr über das Thema Konflikte und Konfliktlösung erfahren wollt, dann kommt doch in die Online-Veranstaltung „Zoff im Diabetes-Orbit – Konflikte im Alltag!

12 Kommentare zu “„Diabetes-Konflikte“ – gibt es das?

  1. Oh ja,aktuell ist der Ton zwischen unserer Tochter und mir etwas rauer beim Thema Diabetes,leider.
    Sie hat wie ich Typ1 und aktuell ist ihr,ihr “Monsta”, durch die Pubertät pups egal.
    Da kann Sie manchmal echt grummelig werden,aber Sie kommt dann später auch an und entschuldigt sich mit den Worten ich weiß das du es nur gut meinst.

    1. Pubertät ist eine herausfordernde Zeit … auf dem Weg zum Erwachsen werden, eigene Entscheidungen zu treffen, Verantwortung zu übernehmen … ein Prozess. Aber du siehst, dass es eure Tochter auch beschäftigt, wenn ihr “aneinanderrasselt”, sonst würde sie sich nicht bei dir entschuldigen. Vielleicht könnt ihr mal darüber sprechen, was ihr euch jeweils vom anderen wünscht im Umgang miteinander, welche Themen ihr als wichtig empfindet und warum. Vielleicht habt ihr auch Ideen, wie ihr eure Beziehung Stück für Stück neu gestalten könnt, denn die Rollen verändern sich je älter eure Tochter wird.

  2. Eins machen wir seit einiger Zeit,wir nehmen uns abends eine Zeit und reden über den Tag mit unsere “Monsta”.Das hilft schon sehr,Sie ist etwas ruhiger und einsichtiger jetzt.
    Wenn Sie mich fragt wie es mit meinem “Monsta” in der Zeit zum Erwachsen werden war sage ich ihr ganz ehrlich,nicht schön,denn damals gab es noch nicht so viele Möglichkeiten wie heute und ich war mehr in der Klinik als daheim.
    Auch wenn Sie manchmal eine Prinzicke ist Sie doch in vielen Dingen einsichtig.
    Und mal ganz ehrlich auch wir alten Zuckermäuse haben Tage wo uns unser “Monsta” nur noch nervt.

    1. Das ist ein tolles Ritual das ihr euch da geschaffen habt und es hört sich nach einem guten Austausch an. Ich habe meinen Diabetes in der Pubertät bekommen und wenn ich an diese Zeit zurückdenke, oh je, oh je … es war sowieso schon viel los und dann auch noch Diabetes. Auch wenn es heute mit der Technik einfacher ist, gibt es trotzdem noch oft herausfordernde Situationen. Und schliesslich sind wir Menschen und keine Maschinen. Ich wünsche euch weiterhin auf eurem Weg viel Erfolg und es hört sich wirklich gut an, wie ihr die Situation meistert.

    1. Danke dir. Ich bin darüber auch echt froh, allerdings wusste ich es damals nicht so richtig zu schätzen. Die Erkenntnis kam erst sehr viel später.

    1. Das ist eine gute Einstellung. Deine Tochter wird merken, dass sie dir wichtig ist und du sie unterstützen willst. Hast du sie mal gefragt, welche Art von Unterstützung sie sich von dir wünschen würde?

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