Aus Sicht eines Betroffenen ist das mit den Apotheken so eine Sache: Man muss Zuzahlungen leisten, man bekommt oftmals nicht die Beratung, die man gerne hätte, und dann gibt es ja auch noch den sogenannten Diabetes-Fachhandel. Christian fragt sich deshalb: Was spricht also noch für die guten, alten Apotheken?
Vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch daran: Im Jahr 2015, als der Hype um das FreeStyle Libre begann, machte Abbott bewusst einen großen Bogen um die Apotheken und verkaufte das Produkt kurzerhand in Eigenregie über die Unternehmenswebsite. Es gab einen großen Aufschrei seitens der Apothekenverbände. Wie sich Abbott die Notfallversorgung vorstelle und ob dies nun dauerhafte Praxis werden solle? Schließlich hätten die Apotheken einen Versorgungsauftrag. Schaut man heute darauf zurück, so kann man eigentlich nur sanft schmunzeln. Kaum ein Pumpenträger oder CGM-Nutzer geht noch in die Apotheke, um die benötigten Dinge dort zu kaufen. Im Gegenteil: Die Krankenkassen ermutigen ihre Versicherten sogar dazu, bei bestimmten Versandhändlern zu bestellen. Da muss die Frage nach dem Sinn der Apotheken schon erlaubt sein.Das Thema Apotheken ist hochaktuell und wird heiß diskutiert
Andererseits: Natürlich ist es gut und wichtig, dass es Apotheken gibt. Viele von uns standen schon nachts oder am Wochenende vor der Apothekentür und baten um Insulin oder Zubehör, weil die Pumpe den Geist aufgegeben oder man seine Utensilien verloren hat. Aber auch in solchen Situationen zeigt sich oftmals, dass man sich auf die Fachkenntnis der Apothekenmitarbeiter oftmals nicht verlassen kann. Aus eigener Erfahrung können viele Menschen mit Diabetes berichten, dass es durchaus ratsam ist, genau zu wissen, was man benötigt.
Beide Seiten müssen gehört werden
Besonders erfreulich: Auch Apotheker haben sich an der Diskussion beteiligt und auch die „andere Seite der Medaille“ beleuchtet. Hier ist die Rede von sehr niedrigen Gewinnmargen, Knebelverträgen mit Krankenkassen und Problemen bei der Lagerhaltung von Medikamenten. Und spätestens hier kommen die Krankenkassen ins Spiel, die in dem ganzen System natürlich auch eine tragende Rolle spielen. Haben Apotheken überhaupt eine Chance, die Erwartungen an sie zu erfüllen, oder werden alle Versuche im Keim erstickt, weil sie einfach wirtschaftlich uninteressant gemacht werden? Im Zusammenhang mit den Onlineversendern spielt übrigens ein weiterer Aspekt eine wichtige Rolle, der überraschend erscheint: Bei jeder Bestellung liegen kleine Goodies bei, wie Kuscheltierchen, Gummibärchen oder auch mal eine Tasche. Und es gibt (man mag es kaum glauben) regelrechte Aufstände in den einschlägigen Facebook-Gruppen, wenn mal „nur“ Traubenzucker mitgeschickt wird. Man kann davon halten, was man möchte – diese kleinen Aufmerksamkeiten sind tatsächlich für viele Kunden ein Hauptgrund, nicht mehr in die Apotheke zu gehen. Eines hat die Zeit in jedem Fall gezeigt: Die Apothekenverbände sind ebenso wenig in der Lage, das Problem zu lösen, wie vermeintliche Online-Fachblätter, die sich selber zu Anwälten der Apotheker ernennen, aber doch nur recht einseitig berichten und von mannigfaltiger Werbung am Bildschirmrand offenbar recht gut leben können. Auch von den Betroffenen ist wenig Hilfestellung zu erwarten, denn die wollen natürlich möglichst einfach, günstig und sicher an ihre Wunschprodukte gelangen. Und da geht der Trend derzeit offenbar unaufhaltsam in Richtung Direkt- bzw. Onlinevertrieb. Da gibt es nichts zu lamentieren, nur Taten können helfen.Der Kampf ist sicherlich noch nicht verloren
Ich persönlich – ob ich will oder nicht – erhalte mein FreeStyle Libre bei Abbott und meine mylife Omnipods bei Ypsomed. Nur mein Insulin hole ich noch in der Apotheke – üblicherweise ohne weitere Beratung und ohne, dass mir zusätzliche Produkte angeboten werden. Ist das nun Desinteresse oder einfach die Angst davor, mich zu nerven? Vielleicht würde ich ja sogar gerne mehr über das Produkt- und Servicespektrum einer Apotheke erfahren. Stattdessen bin ich bei der Abholung meines Insulins hauptsächlich damit beschäftigt, sicherzustellen, dass ich auch das richtige Produkt erhalte. So ist es nun einmal – nicht schön, aber wahr.
Bei der Onlineapotheek werde ich sehr schnell und informativ bedient. Zusätzlich ist die Zuzahlung (10 Euro) sehr viel. Bei der Onlinebestellung zahle ich nur 5 Euro. Bei meiner Ortsapotheke bekomme ich nie die Menge Insulin auf einmal, der Rest wird mir geliefert (ungekühlt), denn woher sollte der Lieferant (die Apothekengehillfin) sowas auch wissen. Also werde ich weiterhin immer schön auf Vorrat bei der Onlineapotheek bestellen.
Ja, in diese Richtung geht auch viel Feedback von anderen Lesern. Vielen Dank dafür!
Während ich in meiner Apotheke für jedes Hilfsmittel kräftig zuzahlen muss, verzichtet mein neuer Onlineversand komplett darauf.
Im Gegenteil, es gibt tatsächlich immer kleine Überraschungsgeschenke zu jeder Bestellung, während ich bei meinem Apotheker außer einem Tschüss nichts weiter für die Zuzahlung erhalte.
Beratend stehen mir beide Händler zur Seite und da der Onlinehändler auf Diabetesprodukte spezialisiert ist, währed der Apotheker ein viel größeres Spektrum im Auge behalten muss, wage ich zu bezweifeln, dass der Apotheker die Nase, in Sachen Beratung, vorn hat.
Hinzu kommt, dass ich beim Gang in die Apotheke noch nie alle Hilfsmittel vom Rezept auf einmal bekommen habe.
Irgendetwas ist immer gerade nicht am Lager und wird nachgeliefert oder gar durch andere Produkte “ersetzt”.
Wenn sich nicht bald grundlegend etwas am Apotheken-Service und -preis ändert, fällt mir kein Grund ein, warum ich mein sauer verdientes Geld dorthin bringen sollte.
Lieber Michael, vielen Dank für Deinen Kommentar. Viele sehen das so und das ist auch verständlich. Nichtsdestotrotz gibt es Situationen, wo man froh ist, eine Apotheke um die Ecke zu haben. Daher frage ich mich, ob gerade wir als chronisch Kranke ein Interesse daran haben sollten, dass es Apotheken gibt. Vielleicht ist es zu kurz gedacht, einfach zum billigsten und bequemsten Anbieter zu gehen. Und wenn ja: was kann getan werden, damit es so bleibt? Was müssen die Apotheken tun? Was muss das Gesundheitssystem tun? Für mich spannende Fragen – wir bleiben dran!
Bezueglich Beratung hab ich in der Apotheke selten sinnvolles und mehrfach falsches erlebt (eben genau das nachfettende Desinfektspray fuer die Katheder empfohlen/verkauft bekommen).
Fuer Pumpenconsumables fuehlen sich die Apotheken vor Ort eh nicht zustaendig — das fuehren sie nicht, die Rabattvertraege haben zu wenig Marge etc.
Interessanterweise gabs von der KK eine Liste mit “Partnerapotheken”, wo ein Rabattvertrag fuer Pumpenteile existieren sollte. Beide gelisteten Apotheken in unserer Gegend wollten auf Anfrage daran nicht mehr teilnehmen.
Somit: Ja — die meisten Teile werden online bestellt, Insulinrezepte manchmal lokal eingeloest. Aber auch da wieder die unangenehme Erfahrung: oft gibts nur eine Packung und die 2. erst einen Tag spaeter.
Und gegen den Notfall hilft nur sorgfaeltige Vorratshaltung zu Hause.
Yep – passt ins Bild und bestätigt auch die Aussage, dass viele Apotheken bei den Knebelverträgen der Krankenkassen einfach nicht mehr mitspielen können (Zitat).
Ich habe eine Apotheke quasi direkt vor der Haustür und bin mit damit immer sehr zufrieden gewesen. Ich gebe mein Rezept ab und kann mein komplettes Equipment sofort mit nach Hause nehmen. Sie haben fast immer alles da und bieten mir für das Insulin auch noch jedes Mal eine Kühltasche an. Für die eine Minute Transport nach Hause brauche ich die natürlich nicht. Außerdem bekomme ich Giveaways wie Taschentücher, Cremeproben, Kulis oder Traubenzucker. Beraten werde ich nicht, aber schließlich steht auf dem Rezept genau drauf, was ich möchte.
Ich habe bisher noch nie was per Onlineversand bestellt und hätte eher dabei Bedenken, dass etwas schiefgeht. Paket beschädigt, ungekühlt oder zu spät.