Lisa geht ziemlich gelassen mit ihrem Diabetes um. Schon bei der Diagnose – da war sie 10 – verstand sie die ganze Aufregung nicht. Aber nach und nach wurde ihr klar, was ihr Diabetes für andere bedeutet.
Das Telefon klingelte und meine Mutter nahm ab. Nur wenig später verstummte sie und wurde ganz kleinlaut, ihr standen die Tränen in den Augen. „Dann packe ich jetzt die Sache und fahr mit ihr in die Kinderklinik.“ Jetzt rutschte auch mir das Herz in die Hose. Als meine Mutter auflegte, ging ich zu ihr. Sie nahm mich in den Arm und fing an zu weinen: „Du hast Diabetes.“ Mir fiel ein Stein vom Herzen. Ich war gerade 10 Jahre alt geworden und verstand die Tränen meiner Mama nicht. Mein Bruder hatte bereits seit 12 Jahren Typ-1-Diabetes und dem ging es in meinen Augen ziemlich gut. „Aber wieso weinst du denn dann? Jan hat das doch auch?“ So entlockte ich meiner Mama sogar ein müdes Lächeln. Sie wusste genau, was auf uns zukam, was auf mich zukam. Für mich war das erstmal nur ein Abenteuer.Die Sorgen der Eltern
Ein Kind mit Typ-1-Diabetes hatte meine Mama schon erfolgreich großgezogen. Und sie würde es wieder schaffen. Trotzdem machte sie sich enorme Sorgen. Sorgen um Folgeerkrankungen, Unterzuckerungen und einfach auch um alles andere – so kam es mir zumindest vor. Ich als Kind sah das total locker, verstand oft die ganze Aufregung nicht. Für Eltern ist das aber alles noch mal ganz anders. Sie erleben den Schock der Diagnose ganz anders, machen sich Sorgen um ihr Kind. Dass es vielleicht Probleme bekommen wird, vielleicht kein so normales Leben führen kann wie andere Kinder oder dass sogar etwas Schlimmeres passieren kann. Heute kann ich das absolut verstehen, versuche Eltern aber immer zu erklären, dass Kinder in ihre neuen Aufgaben hineinwachsen. Als mein Bruder und ich Diabetes bekamen, gab es keine Sensoren und Handys. Wir gingen wieder zur Schule und waren dort auf uns gestellt. Meine Mama wäre gerne mitgekommen und hätte uns am liebsten nie aus den Augen gelassen, aber sie hatte Arbeit, noch ein anderes Kind und ein großes Haus, da konnte sie nicht alles stehen und liegen lassen.
Die Sorgen des Partners
Diese Sorgen der Eltern können später auch den Partner plagen. Ich hatte die ständigen Fragen leid und dass sich immer alles um den Diabetes drehte. Deswegen sagte ich meinem Freund zwar, dass ich Diabetes habe, ließ ihn aber ansonsten außen vor. Er wusste, dass ich für mein Essen spritzen muss und dass ich etwas essen muss, wenn ich zu niedrig bin. Mehr Informationen wollte ich ihm gar nicht geben. Wenn ich daran denke, dass meine Mama noch heute wie ein aufgescheuchtes Huhn durchs Haus rennt, wenn ich eine Unterzuckerung habe, schüttelt es mich. Ich wollte nicht, dass mein Freund genauso reagiert. Ich dachte, je weniger er darüber weiß, desto weniger macht ihm das Angst. Dass das vielleicht genau der falsche Gedanke war, daran dachte ich nicht. Denn gerade das Ungewisse und Neue kann für Partner schwierig sein.