Machen wir uns nicht verrückt – 3 Wochen ohne FGM

Nadja hat drei Wochen ohne ihren FreeStyle Libre „überlebt“. Wie es dazu kam, welche Erfahrungen sie gemacht hat und warum es für sie gut war, den Sensor mal abzulegen, erfahrt ihr hier.

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Unfreiwilliger Selbstversuch

Nach einem Dreivierteljahr Kämpfen hat meine Krankenkasse endlich mein CGM genehmigt. Da ich nachts oft niedrige Werte habe, von denen ich leider nicht wach werde, hoffte ich, das ganze Thema mit einem CGM in den Griff zu bekommen. Leider sah das meine Krankenkasse anders und hat das System erst mal pauschal abgelehnt und mir den wesentlich günstigeren FreeStyle Libre aufs Auge gedrückt. Nach Hin-und-her-Diskussion, Widerspruchsverfahren und unzähligem Werte-hin-und-her-Geschicke wurde jetzt mein Dexcom G5 endlich für ein halbes Jahr genehmigt. Als ich die Nachricht von meinem Krankenkassensachbearbeiter bekommen habe, meinte dieser, dass er nur noch ein Rezept braucht und der Dexcom G5 kann dann quasi sofort verschickt werden. Da ich damit gerechnet hatte, dass dieses ganze Prozedere maximal eine Woche dauern würde, habe ich meinen letzten FreeStyle-Libre-Sensor einfach noch die restlichen drei Tage auslaufen lassen, ohne einen neuen zu setzen. Leider ging es dann doch nicht so schnell und es hat insgesamt fast drei Wochen gedauert, bis ich mein neues Baby das erste Mal am Körper kleben hatte. In diesen drei Wochen habe ich sowohl positive als auch negative Erfahrungen sammeln können und mich seit über einem Jahr mal wieder intensiv mit meinen blutigen Werten auseinandergesetzt.
Quelle: privat

Der innere Schweinehund und Ich

Den FreeStyle Libre hatte ich schon circa ein halbes Jahr, bevor ich den Dexcom G5 das erste Mal beantragt hatte, und dadurch sind auch die niedrigen Werte nachts auffällig geworden, die bei mir am nächsten Tag zu starker Migräne geführt haben. Bevor ich den FreeStyle Libre hatte, musste ich mich immer dazu zwingen, meinen Blutzucker zu kontrollieren. Tatsächlich gab es eine Zeit, in der mein HbA1c auf Grund meiner Mess-Faulheit katastrophal war. Irgendwann war ich gezwungen, wieder mindestens 5-mal am Tag zu messen, und habe mir sogar Alarme gestellt. Mit dem FreeStyle Libre wurde die Sache einfacher, da ich einfach schnell mit dem Handy über meinen Arm fahren konnte und meine Werte im Blick hatte. Ohne FreeStyle Libre kam auch wieder die Faulheit. In den letzten Tagen ohne FGM/CGM kam es sogar häufiger vor, dass ich das erste Mal erst am Vormittag in der Universität gemessen habe und sonst auch über den Tag verteilt nur drei Mal.

Machen wir uns nicht verrückt

Eigentlich bin ich ganz stolz auf meine Werte in diesen drei Wochen. Mein durchschnittlicher Blutzucker lag laut OmniPod bei 124 mg/dl ( 6,9 mmol/l). Um mal ganz ehrlich zu sein, war es sehr entspannend, mal nicht fanatisch zu versuchen, im Zielbereich zu bleiben, eine Macke, die ich mir dank FreeStyle-Libre-Grafik leider angeeignet habe. Tatsächlich waren nur wenige Ausreißer nach oben dabei. Das Problem mit den nächtlich niedrigen Werten blieb leider trotzdem und es kam öfter vor, dass ich morgens einen Wert unter 70 mg/dl (3,9 mmol/l) auf dem Messgerät stehen hatte.
Quelle: privat

Irgendwie fehlt die Trendkurve

Was ich beim blutig Messen sehr vermisst habe, ist die Trendkurve. Der Blutzucker, den das Messgerät angezeigt hat, war leider wirklich nur eine Momentaufnahme. Wenn ich z.B. nach dem Essen erst Blutzucker gemessen habe (ja, das soll man nicht machen, aber wie gesagt, ich bin faul und vergesslich;)), konnte ich nicht sagen, ob der Wert schon die Kohlenhydrate beinhaltete, die ich zu mir genommen hatte, oder nicht. Mit der Trendkurve hätte ich meinen Ausgangswert vor dem Essen rekonstruieren können und auch gewusst, wie stark der Zucker steigt bzw. ob er konstant bleibt.

Safety first

Selbst in der dritten Woche ohne FreeStyle Libre hatte ich noch eine Art „Phantom-Libre-Schmerzen“. Was ich damit meine: Auch nach drei Wochen habe ich mir immer noch reflexartig an den Oberarm gegriffen, wenn ich zu schnell den BH angezogen habe oder irgendwo angestoßen bin, weil ich Angst hatte, der FreeStyle Libre könnte abgerissen sein. Nach dem Duschen habe ich immer einen Blick über die Schulter geworfen, um zu prüfen, ob sich das (nicht vorhandene) Pflaster gelöst hat. Ich frage mich, wie lange es dauert, bis diese Macken dann aus meinem Gehirn verbannt sind.

Diskretion ade

Wahrscheinlich kommt es mir nur so vor, aber ich hatte das Gefühl, dass mein blutig Messen in der Öffentlichkeit mehr Aufmerksamkeit erregt hat als jemals zuvor. Vor allem in der Universität oder beim Restaurantbesuch bin ich der Meinung, dass sich spätestens nach dem Klicken der Stechhilfe die Köpfe in der näheren Umgebung umgedreht haben. Auch wurde ich von Freunden und Kommilitonen drauf angesprochen mit Sätzen wie „Häh, du hast doch so ’nen High-Tech-Scanner“ oder „Ist dein anderes Gerät kaputt?“.

Das Fazit

Es war schön, sich drei Wochen lang mal nicht verrückt zu machen, wenn die Werte nicht mindestens 80 Prozent des Tages im Zielbereich liegen. Trotzdem würde ich nicht mehr auf FGM/CGM verzichten wollen. Es geht einfach, diskret und ohne die aktuelle Tätigkeit zu unterbrechen. Außerdem geben die Trendpfeile Aufschluss über vergangene und künftige Werte, was das Diabetes-Management erheblich einfacher macht. Mit dem Dexcom G5 wird es jetzt noch leichter als mit dem FreeStyle Libre, da die Werte natürlich in „real Time“ angezeigt werden und das CGM Alarm schlägt, wenn etwas nicht passt. Ein bisschen aufpassen, dass ich mir den Sensor nicht aus Versehen runterreiße, werde ich natürlich immer noch müssen. Aber dank meiner Erfahrung ohne Sensor gehe ich jetzt auch entspannter in die halbjährige Dexcom-Testphase und werde versuchen, mich nicht mehr so stark von der perfekten Kurve beeinflussen zu lassen.
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