Achterbahn mit Kortisol

Zusätzliche Medikamente, die den Glukosestoffwechsel beeinflussen, können bei Typ-1-Diabetikern die Glukoseverläufe ziemlich durcheinanderbringen. Katrin berichtet über ihre Erfahrungen mit einer Kortisol-Therapie.

Weiterlesen...

Typ-1-Diabetes und eine Therapie mit Kortisonpräparaten sind eine unheilvolle Kombination. Sicher kennen einige diese Problematik – denn zusammen mit dem Diabetes kommen oft weitere Krankheiten, die eben mitunter eine solche Therapie benötigen.

Quelle: Katrin Kraatz

Warum aber ist das Ganze so unheilvoll? Das Hormon Kortisol – bzw. die entsprechenden Wirkstoffe – sorgen unter anderem für eine stärkere Zuckerneubildung (Glukoneogenese) im Körper. Aber wann genau? Und wie viel? Genau da fängt das Dilemma an. Ist es dann noch eine Stoßtherapie, also die kurzzeitige Einnahme mit anschließend wieder allmählicher Reduktion der Dosis, wird es noch schwieriger.

Sehr variable Glukose-Reaktion

Inzwischen habe ich in meiner Insulinpumpe eine „Kortisol-Basalrate“, die ich bei Start der Therapie direkt starten kann. Das hilft erst einmal – aber die Glukoseneubildung ist leider sehr variabel, wie ich gerade wieder feststellen musste. Vorgefertigte Insulin-Schemata helfen dabei nicht. Auch die Insulindosen für Mahlzeiten und Korrekturen passe ich natürlich an, steigere sie also immens. Am Anfang geht das meist auch so halbwegs, denn der Körper braucht dann so viel Insulin, dass ich ihm eigentlich dauernd etwas geben kann und er sich irgendwann bequemt, die Werte entsprechend zu normalisieren.

Erfahrungswerte sind gut – passen aber oft nicht

Sobald ich aber mit dem Ausschleichen der Kortisol-Dosis beginne, wird es spannend: Wie viel weniger Insulin brauche ich? Natürlich habe ich auch hier Erfahrungswerte – aber es wäre ja zu einfach, wenn alles direkt passen würde. Die Glukosewerte steigen noch nicht an, wenn ich eigentlich damit rechne, und steigen an, wenn ich nicht damit rechne. Nicht so unangenehm ist es, wenn ich einen zu kleinen Bolus gebe: Dann steigen die Glukosewerte zwar an, aber durch kleine Korrekturen bekomme ich sie allmählich wieder nach unten. Aber unangenehm wird es, wenn ich für einen Bolus in Erwartung eines größeren Bedarfs wegen der Kortisoltherapie eine zu hohe Dosis wähle – die theoretisch passen müsste, aber mein Körper entscheidet sich leider anders. Das Resultat: rasanter Glukose-Absturz – Glukose-Rettung durch Traubenzucker und Kekse – rasanter Glukose-Anstieg… na, und so weiter. Die schönste Achterbahn!

Quelle: blambca – AdobeStock

Steile Abstürze

Wüsste ich vorher, dass sich die Abstürze selbst bremsen, wie es in den letzten Tagen unter Kortisol offensichtlich der Fall gewesen wäre, müsste ich nicht mit Kohlenhydraten gegensteuern. Aber wer kann das bei einem Absturz um 130 mg/dl (7,2 mmol/l) innerhalb einer halben Stunde ahnen?

Quelle: Katrin Kraatz

Zum Glück ist die Kortisol-Therapie jetzt vorbei und es kann wieder etwas mehr Ruhe einkehren in die Glukoseverläufe – ohne die schnellen Abstürze mit unangenehmen Unterzuckerungen…

Wie sind Eure Erfahrungen mit einer Kortisol-Therapie?


Die Wirkung von „Kortison“ auf den Blutzucker – auch Olli hat Erfahrungen mit dem Thema gemacht!

4 Kommentare zu “Achterbahn mit Kortisol

  1. Hallo Katrin, Deine Erfahrungen kann ich nur bestätigen. Ich musste einige Jahre lang Prednisolon nehmen, ausschleichen, dann auf Anraten aufgeteilt 3 x täglich, wieder ausschleichen, erneut mit hohen Dosen. Es war zum Wahnsinnig werden und so richtig habe ich es nie hnbekommen. Das war damals auch noch die Zeit vor FGM und CGM. Meine einzige Hoffnung ist, dass die beiden Erkrankungen, die diese Therapie erforderlich gemacht haben, nicht mehr so schnell wiederkommen. Ich war zu der Zeit, wegen der einen Erkrankung (Status Asthmaticus) stationär, aber die Internisten waren heilfroh, dass ich mich selbst gekümmert habe. Einer der Ärzte hat mir gestanden, dass er wegen mangelndem Diabeteswissen fast durch die Facharztprüfung gefallen wäre. Wie tröstlich!! Es ist einfach nur fürchterlich.
    Ich kann Dir so nachfühlen.
    Gisela (Justi)

    1. Hallo Gisela,
      danke für Deine Bestätigung! Daran sieht man mal wieder: Typ-1-Diabetes funktioniert einfach nicht nach Schema F oder Lehrbuch. Aber wir boxen uns trotzdem durch, auch mit dauerhaft oder ab und zu Kortisol, oder?
      Grüße, Katrin

  2. Hallo zusammen, nach einer Spritze Kortison wegen Rückenschmerzen (Hexenschuss) ist mein Blutzuckerwert auch sehr gestiegen bis auf 350 und lässt sich kaum steuern. Ich spritze doppelte Dosis, bei reduzierten Mahlzeiten und bin noch immer, nach fast 30 Stunden bei über 200. Sollte ich das Basis Insulin auch erhöhen?
    Eigentlich sollte man Kortison für Diabetiker verbieten.
    Es müssten doch Alternativen dazu geben. Oder?

  3. Hallo Sara,
    Kortison für Diabetiker zu verbieten, dürfte nicht sinnvoll sein, denn es ist in gewissen Situationen sehr hilfreich. Aber ich verstehe Deinen Frust, wie Du ja auch an meinem Text sehen kannst. Wie Du aktuell mit Deiner Insulintherapie auf die höheren Werte reagieren solltest, darf Dir allerdings nur ein Arzt, der Dich und Deine Therapie kennt, also z.B. Dein behandelnder Diabetologe, sagen. Bitte ihn am besten, Dir für solche Situationen für Dich passende Insulindosisanpassungs-Regeln zu geben. Dann bist Du in Zukunft gewappnet.
    Alles Gute, Katrin

Schreibe einen Kommentar