Diabetes und Quarantäne in Südkorea

Nach knapp 20 Stunden Reise und der Umrundung der halben Erde kam Nathalie endlich in ihrem Airbnb in Korea an. Hier musste sie die kommenden 14 Tage verbringen, ohne Kontakt zur Außenwelt, komplett abgeschottet vom Stadtleben. Gab es besondere Herausforderungen in Bezug auf den Diabetes?

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Nachdem ich im schwül-heißen Korea gelandet war, ging es für mich direkt in den klimatisierten Flughafen, wo ein Berg an Papierkram auf mich wartete. Da so gut wie jede*r Einreisende in eine 14-Tage-Quarantäne muss, verzögert sich der Einreiseprozess etwas, im Vergleich zu Zeiten vor COVID-19. Diese Quarantänepflicht entfällt nur, wenn man geimpft ist und einen driftigen Grund zum Reisen hat (z.B. eine Geschäftsreise oder Familienangelegenheit, wie eine Beerdigung).
In Südkorea ist es unter anderem Pflicht, einen negativen PCR-Test vorzuweisen, wenn man einreist. Ganz egal, ob man geimpft wurde oder nicht. Ebenso muss man sich bei der Einreise eine App installieren, welche den eigenen Standort überwacht.

Da ich ein Langzeitvisum habe, durfte ich in die private Quarantäne. Das bedeutet: Entweder kann ich die kommenden 14 Tage in meiner eigenen Wohnung oder einem Airbnb verbringen. Das hieß aber auch, dass meine Papiere gleich dreifach bzw. vierfach gecheckt wurden, ob auch alles seine Richtigkeit hatte. Insgesamt dauerte der ganze Prozess knapp 1,5 Stunden, ich habe allerdings auch von Erfahrungen mit 4+ Stunden gelesen. 

Vergessen, die Zeit umzustellen …

In dem ganzen Stress am Flughafen in Deutschland, dann im Flugzeug und gelandet in Südkorea, habe ich tatsächlich vergessen, die Uhrzeit an meinen Diabetes-Utensilien umzustellen. Das Messgerät des FreeStyle-Libre-Sensors macht da ja noch die wenigsten Probleme, aber was ist mit der Insulinpumpe?!

5 Tage nach Ankunft habe ich dann auch mal die Zeit am Messgerät umgestellt. (Quelle: Nathalie Bauer)

Mein Blutzucker verhielt sich komplett unauffällig. Nichts, was mir auch nur den Hinweis darauf hätte geben können, dass die Basalrate noch nach dem deutschen Tagesrhythmus läuft. Naja, irgendwie war mein Körper ja auch noch nicht so richtig auf die koreanische Zeit eingestellt. Dass es aber selbst nach zwei Tagen in der Quarantäne nicht auffiel und ich es durch Zufall dann bemerkt hatte, gab mir schon etwas zu denken. War mein Körper wirklich so lange noch im deutschen Rhythmus? Schließlich lebte ich schon zwei Tage lang nach der koreanischen Zeit und hatte entsprechend auch Schlafens- und Aufstehzeiten eingehalten.

Attacke des Jetlags

Ziemlich stolz auf meine vernünftigen Schlafens- und Aufstehzeiten, erzählte ich bereits allen, dass ich keinerlei Jetlag zu haben scheine. Bisher ist mir das bei meinen Reisen nach Südkorea auch nur einmal passiert und durch meinen kurzen Schlaf im Flugzeug war ich sehr zuversichtlich, dass ich es erneut geschafft hatte.
Es stellte sich heraus: zu früh gefreut. Am dritten Tag war ich komplett in den Fängen der Zeitverschiebung gefangen. Auch meine Wecker, die ich gestellt hatte, halfen nichts und ich schlief tief und fest weiter. Erst mein Pumpenalarm schaffte es, dass ich einigermaßen wach wurde. Wer die Pumpe Dana RS kennt, der weiß, wie schrill ihre Alarme sein können. Und der weiß auch, dass die Alarme sich nicht durch einen einfachen Tastendruck ignorieren lassen. 
So schrie meine Pumpe wohl eine gute Zeit vor sich hin und verkündete lautstark, dass meine Insulinpatrone leer ist. Erst nachdem ich mich im Schlaf bewegt hatte und die Pumpe unter der Bettdecke herausgerutscht war, hörte ich das schrille Piepen und war endlich wach.

Reservoirwechsel zur späten Stunde in Seoul (Quelle: Nathalie Bauer)

Seitdem war mein Schlafrhythmus mehr oder weniger im Eimer und ich hatte wirklich eine Weile mit den Müdigkeitsanfällen tagsüber zu kämpfen. Mein Blutzucker? Es hätte ihm (erstmal) nicht egaler sein können.

Dauerhaft hohe Werte – Insulin kaputt?

Gegen Ende der Quarantäne ging es meinen Blutzuckerwerten dann doch miserabel. Psychisch war ich tiefenentspannt, so, wie schon lange nicht mehr. Aber trotz meiner Gelassenheit wollten meine Werte einfach nicht sinken. Meist stiegen sie mit dem Aufstehen und, sobald der erste Happen Essen in meinem Mund verschwunden war, kamen die Werte nicht mehr unter eine Grenze von 170 mg/dl (9,4 mmol/l). Ich musste für kleine Portionen teilweise fast das 3-Fache an Insulin abgeben und auch meine Korrekturen auf nüchternen Magen brachten so gut wie keine Besserung.

Blutzuckerchaos in der Quarantäne (Quelle: Nathalie Bauer)

Nachdem ich an meinem Gemüse im Kühlschrank kleine Schneeflocken entdeckt hatte, gingen bei mir die Alarmglocken los. War der Kühlschrank zu kalt eingestellt? War mein Insulin jetzt hinüber, weil die Temperatur zu niedrig war? Was mich daran besonders verwirrte, war, dass das Insulin ja ein wenig noch wirkte – sonst wären meine Werte ja weit über 300 mg/dl (16,7 mmol/l). Aber irgendwie einfach nicht mehr so 100%.

In einem „fremden Land“ in Quarantäne zu leben, ohne Möglichkeit, zu einem Diabetologen oder einer Apotheke zu gehen, erhöhte meinen Stresspegel. Ich fragte in der Community nach Erfahrungen und Ratschlägen. Von einer anderen BSLoungerin kam dann eine Nachricht, ob es eventuell an der mangelnden Bewegung in der Quarantäne liegen könne? Ich habe ganz ehrlich überhaupt nicht daran gedacht. Ich war schon vor der Quarantäne nicht die sportlichste Person und war tagsüber auch wenig unterwegs, dass man nun ein großes „Bewegungsdefizit“ bemerken könnte.

Das Ende der Quarantäne

Letztendlich kam der letzte Tag der Quarantäne und es ging für mich zum PCR-Test. Was soll ich sagen … mein Blutzucker war seit diesem Tag wieder in Ordnung. Lag es also doch an dem unterschätzten Bewegungsmangel? Ich vermute es mal, denn mein Insulin funktioniert jetzt wieder einwandfrei.

연어덮밥 (Yeoneo-deopbap), Reis mit Lachs (Quelle: Nathalie Bauer)

Die Quarantäne ist jetzt knapp eineinhalb Monate her und ich blicke wehmütig auf diese Zeit zurück. Ich habe es genossen, für 14 Tage einfach mal „nichts“ tun zu müssen und entspannen zu können. Allerdings war im Hinterkopf immer die Angst, was passieren würde, wenn ich ernsthaft Hilfe gebraucht hätte. Zum Glück war das alles unbegründet und jetzt startet mein Abenteuer „Studieren in Südkorea“ erst richtig. 🙂 (mit ganz viel koreanischem Essen!)


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