Diabetes bei Kindern heute und vor 37 Jahren

Steffi berichtet heute rückblickend, wie es für sie war, mit Diabetes aufzuwachsen. Immerhin war sie gerade mal in der 5. Klasse, als der Diabetes diagnostiziert wurde. Hätte sie die Technologien, die man heute nutzen kann, auch als Kind akzeptiert?

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Ich bin bekanntermaßen in der Diabetes-Community aktiv. Dort verfolge ich auch Berichte von Müttern/Vätern von Kindern mit Diabetes. Ich finde es sehr spannend und beeindruckend, mit welcher Power, Kraft und welchem Enthusiasmus sie den Alltag mit den jungen Menschen mit Diabetes meistern.

Mit der lieben Maren von http://diabetesbluemchen hatte ich die Idee, mal von meiner eigenen Kindheit, dem Diabetes und meiner Familie zu erzählen.

Diabetesdiagnose 1981

1981 war ich gerade in der 5. Klasse auf dem Gymnasium.

Im Winter zuvor hatte ich eine heftige Mumps-Erkrankung. Es ging mir ziemlich schlecht, ich litt an Fieber, Schmerzen und einer extrem dicken Wange.

Danach hatte ich mich erst gut erholt. Bis ich irgendwann selbst merkte, dass ich schwächer und müder wurde. Irgendwann wurde der Durst fast unerträglich und Wasserflaschen wurden zum besten Freund. Zudem wurde ich vom „gutgenährten“ Mädchen zum dünnen Mädchen.

Das waren dann zum Glück auch für meine Mutter Warnzeichen genug, um mit mir zum Kinderarzt zu gehen.

Dort wurde ein Blutzucker von 500 mg/dl (27,8 mmol/l) festgestellt und ich wurde direkt an die Uniklinik überwiesen.

Klinikum Essen

Dort angekommen, wurde ich erstmal an eine Infusion gehängt und ins Bett verfrachtet. Mir war total schleierhaft, was das zu bedeuten hatte und wie es weitergehen sollte.
Das Einzige, das mir wirklich Sorgen machte, war, dass meine Mutter weinend neben mir saß und auch mein Vater direkt aus dem Büro kommen musste.

Die Tage, die darauf folgten, waren sofort gefüllt mit Gesprächen, Ernährungsberatung und Insulinanpassung. Auch das eigenständige Spritzen sowie Aufziehen des Mischinsulins in Einwegspritzen lernte ich. Morgens musste der Urinzucker bestimmt werden, danach waren Aussagen zur Therapieeinstellung möglich.

Nach einigen „Hypos“ wurde ich 2 Wochen später in den Alltag mit meinem Diabetes entlassen.

Alltag mit Diabetes

Für mich hat sich gefühlt mein Alltag gar nicht so dramatisch geändert. Ich bin zur Schule gegangen, durfte mich auch mit Freundinnen treffen und auch zum Tennistraining gehen.

Ich habe morgens und abends Insulin gespritzt und war, rückblickend betrachtet, in einem sehr geregelten Alltag, den meine Mutter natürlich gemanagt hat. Da wir als Familie ohnehin immer feste gemeinsame Mahlzeiten und Snackpausen hatten, war es für mich nicht weiter von Bedeutung. Meine Mutter hat auf die Zeiten geachtet und mich auch am Wochenende dann früh im Bett gespritzt. Das erste Jahr gab es nur Urinzuckersticks am Morgen und dadurch wenig Kontrolle und auch wenig Eingreifen in den Blutzuckerverlauf über Tag und schon gar nicht in der Nacht. Das war eigentlich echt entspannt für mich. Durch Remission usw. war dann der Kontrollblutzucker immer in einem guten Rahmen.

Irgendwann hatte mein Vater bei der Krankenkasse durchgesetzt, dass ich ein Blutzuckermessgerät bekam, ein großer blauer Klotz, der für eine Messung 5 Minuten brauchte!
3x täglich musste ich dann testen und meine Werte präsentieren. Ab diesem Zeitpunkt wurde es für mich nervig! Ich fühlte mich kontrolliert und oft übervorteilt. Das Verhältnis zu meiner Mutter war zu der Zeit dann auch sehr belastet.

Jugend mit Diabetes

Als ich circa 13 Jahre alt war, kamen die ersten Insulinpens auf den Markt und damit auch die ICT.

Für mich bedeutete das erstmal eine neue Freiheit, was die festen Zeiten und Mengen bzw. Zusammensetzung der Mahlzeiten anging. Das habe ich auch genutzt und mit Freundinnen die ein oder andere Süßigkeit probiert.

Meine Mutter habe ich langsam, aber sicher aus meinem Diabetesmanagement rausgedrängt. Das war für sie nicht leicht, aber ich war sehr stur! Natürlich war meine Mutter aber bei den regelmäßigen Diabetologenterminen dabei. Da zeigten sich meine Alleingänge schon in deutlich schlechteren HbA1c-Werten. Es gab regelmäßige Standpauken, aber nach einem Tag war das für mich ausgestanden und ich hatte meine Freiheit wieder.

So bin ich dann bis ins Erwachsenenalter mit meinem Diabetesmanagement weiter verfahren. Ich bin aber nie ganz abgedriftet, habe immer kontrolliert und gespritzt. Mit Auf und Ab lief ich aber im mittleren Blutzuckerbereich. Ich bin nie so unter- oder überzuckert, dass ich Fremdhilfe benötigt hätte. Selbst erste Alkoholversuche sind gut gegangen, auch wenn manche Nacht Traubenzucker nötig war.

Für meine Eltern war meine Jugend eine sehr harte Zeit, da sie das einfach aushalten mussten.

Mein Fazit

Im Vergleich zu heute hatte meine Mutter sehr wenig Einfluss auf mein Diabetesregime. Ich dafür war sehr frei und wenig belastet durch meine Einschränkung.

Ich denke, die Diabeteseinstellung heutiger Kinder ist deutlich besser als meine damals. Heute bedaure ich das schon, insbesondere, wenn die Angst vor Folgeschäden mal wieder in meinem Kopf herumschwirrt.

Auf der anderen Seite weiß ich nicht, ob ich nicht gegen so starke Überwachung durch Handys, Follower-Apps und so weiter rebelliert hätte.

Aber: Hätte es diese Technologien gegeben, hätten wir sie natürlich genutzt. Auch ich würde das bei meinen Kindern tun. Ich bewundere alle Eltern von Kindern mit Diabetes für ihre Kraft!


Das Leben als Dia-Mama ist auch nicht immer einfach. Heike berichtet in ihrem Beitrag davon, wie es ist, mit Diabetes Mutter zu werden.

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