Die versteckten Seiten des Diabetes – Wünsche an Typ-Fler

Mirjam erzählt, wie sie gerne mit ihren Typ-Flern umgeht – aber auch, was sie sich von ihrer Umgebung wünschen würde.

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Von außen sind ganz viele Seiten am Leben mit Diabetes erstmal versteckt oder unsichtbar – Diabetes wird ja sogar als „hidden disability“ bezeichnet. Da gibt es die Dinge, die auch die besten Typ-Fler einfach nie ganz nachfühlen können, aber sicher auch Dinge, die für uns Menschen mit Diabetes erstmal gar nicht so offensichtlich sind. Also lasst uns mal auf die Ostereiersuche gehen. 😉

Quelle: Pixabay ID 2197043

Vor Kurzem habe ich mit Dr. Gundula Röhnsch von der FU Berlin gesprochen, die sich mit einer ähnlichen Frage beschäftigt: Welche Rolle spielen die Community und Typ-Fler eigentlich für junge Menschen mit Diabetes (und anderen chronischen Erkrankungen)? Das hat mich zum Nachdenken gebracht: Was wünsche ich mir eigentlich von meinen Typ-Flern, was bedeutet es für sie, mit mir (inklusive Diabetes) befreundet zu sein, und was kann ich tun, um ihnen das Leben leichter zu machen? Mir fallen drei Dinge ein, die mir wichtig sind und die zu erklären für beide Seiten hilfreich ist:

Zuhören und Empathie

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Ich erkläre gerne, wie Diabetes funktioniert, und gebe meinen Typ-Flern Einblick in die Gleichung in meinem Kopf – natürlich nur so lange und so weit, wie der andere das auch hören will. An meinen echten Typ-Flern schätze ich wahnsinnig, dass sie sich – jeweils auf ihre eigene Art – in mich hineinversetzen, dass sie zum Beispiel anfangen, selbst die Reaktion ihres eigenen Körpers auf Essen oder Sport zu beobachten, dass sie mich aber auch einfach mal in den Arm nehmen, wenn ich völlig genervt bin. Außerdem finde ich es immer wieder toll, wenn die wichtigsten Typ-Fler bei der (Essens-)Planung mit an mich denken und vielleicht sogar „Hypo“-Helfer für mich zu Hause oder unterwegs mit dabeihaben – und mir keine Vorwürfe machen, wenn’s mal nicht so läuft.

Und damit wären wir schon fast beim nächsten Punkt: Gerade in einer akuten „Hypo“ ist die absolute No-Go-Frage Nr. 1 „Warum bist du gerade zu tief?“ (wahlweise „zu hoch?“), in der – vor allem für ein unterzuckertes Hirn – gleich der Vorwurf mitklingt, den Zucker nicht gut genug zu managen.

Nicht bemuttern, vor allem nicht bei „Hypos“

Wenn ich gerade unterzuckert irgendwo sitze und andere Menschen um mich habe, dann brauche ich einfach jemanden, der ganz ruhig und entspannt bei mir bleibt und mich mein Ding machen lässt. Ich weiß schließlich, wie man mit einer „Hypo“ umgeht, der Zucker braucht bloß manchmal etwas länger, um zu wirken. Wenn mich in der Situation jemand (mehr als einmal) fragt, was er für mich tun kann, ob ich noch Saft oder Traubenzucker oder Gummibärchen oder Marzipan oder Cola, oder, oder, oder haben will, dann bin ich damit schlichtweg überfordert.

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„Hypos“ sind weder der Moment, um viele Fragen zu stellen, noch, um mich zwischen vielen Optionen wählen zu lassen – dafür hat mein Gehirn dann einfach keine Energie. Wie der andere mich in solchen Momenten konkret unterstützen kann, darüber reden wir besser, wenn wieder die richtige Menge Zucker im Blut ist.

Aber: Es muss ganz klar sein, dass ich für mein Diabetes-Management selbst verantwortlich bin. So sehr ich mich über Zuhören, Empathie, praktische Unterstützung und Angebote freue, am Ende trage ich die Verantwortung dafür, dass es mir gut geht.

Verständnis und Vergebung, falls nötig

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Manchmal läuft es mit dem Zucker einfach nicht rund. Ich bin mit Freunden wandern und ständig geht mein Zucker runter, obwohl ich esse, sodass ich viel mehr Pausen brauche als geplant. Oder ich habe mich für eine bestimmte Uhrzeit mit jemandem verabredet und der Zucker macht mir einen Strich durch die Rechnung. Oder ich bin gerade viel reizbarer und empfindlicher als sonst, einfach weil mein Zuckerwert außerhalb meines Wohlfühlbereichs ist.

In solchen Situationen bin ich wahnsinnig dankbar für meine Typ-Fler, die mir dann keine Vorwürfe machen, sondern gemeinsam mit mir unsere Pläne anpassen, einfach die Aussicht genießen und mir den Blödsinn oder die spitze Antwort wieder verzeihen, weil sie wissen, dass da mein Zucker gesprochen hat und nicht ich (aber auch wichtig: nervige Zuckerwerte sind keine Ausrede für Gemeinheiten!).

Das sind meine drei zentralen Wünsche: Zuhören und Empathie, nicht bemuttern und Verständnis und Vergebung, wenn nötig. Wie das einige Typ-Fler sehen, werde ich in den nächsten Wochen mal erkunden und euch davon berichten.

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