Das HbA1c ist für viele Diabetiker ein unangenehmer Wert, der eine Person beständig unter Druck setzen kann. Man muss die Balance zwischen dem Erreichen seines Zielwerts durch strenge Kontrollen und einer gewissen Lockerheit halten, um sich nicht verrückt zu machen. Volker zeigt euch heute, mit welchem „Quantensprung“ er ein besseres HbA1c erreicht.
Ich habe daran geglaubt und es geschafft
Wer meinen vorigen Bericht gelesen hat, in welchem ich meine Diabetes-Geschichte in Worte gefasst habe, hat erkennen können, dass sich Kämpfen lohnt. Auch wenn ich seit den 5 Jahren als Omnipod-Träger nur meine Einstellung auf ein erträgliches HbA1c-Niveau von etwa 7-8% erreichen konnte, habe ich nicht aufgehört, etwas zu verändern. An dieser Stelle bitte ich um Verständnis, falls sich mein Artikel so anhört, als wäre alles ganz einfach. Nichts ist einfach. Und derjenige, der dies am besten weiß, ist der Betroffene selbst. Der Körper ist keine Maschine, die einfach justiert – oder auch „eingestellt“ – werden kann. Niemand kann erwarten, dass auf einmal alles nach Plan läuft, nachdem man seinen Diabetologen besucht hat. Wer selbst seine Werte überwacht und täglich versucht, einen möglichst gradlinigen Verlauf seines Blutzuckers zu erzielen, der weiß, jeder Tag und jeder Moment ist anders als der Tag oder Moment zuvor. Der Grund für meine Euphorie in diesem Bericht ist der, dass ich schon selbst nicht mehr an eine wesentliche Verbesserung geglaubt habe. Jetzt hat mir mein Diabetologe zum ersten Mal ein HbA1c von 5,7% bestätigt. Ich möchte nicht, dass es sich so anhört, als würde ich damit angeben. Vielmehr möchte ich mit der Community eventuell den einen oder anderen Gedanken teilen, um denen Mut zu machen, die etwas Ähnliches erlebt haben. Als ich Diabetes bekam, lag die mir prognostizierte Lebenserwartung bei rund 20 Jahren. Mittlerweile sind aus den 20 Jahren fast 40 geworden. Und endlich ist es mir gelungen, mit Diabetes so zu leben, dass es meinen Körper weniger schädigt als zuvor. Bitte nutzt die Kommentarfunktion am Ende des Artikels, ich werde bei Rückfragen so gut ich kann antworten. Diabetes zu verstehen, heißt immer und immer wieder etwas dazuzulernen und umzudenken – auch nach 40 Jahren!Was hat die Veränderung eingeläutet?
Im Oktober 2017 war ich auf eigenen Wunsch in der Diabetesklinik. Komisch war bei diesem Aufenthalt, dass es nicht so war wie früher. Durch die Änderungen im Gesundheitssystem werden immer weniger Diabetiker in eine Klinik zur „Einstellung“ geschickt. Ich hatte gegenüber meinem Diabetologen den Wunsch geäußert, mal wieder komplett durchgecheckt zu werden. Nach einer Dauer von 38 Jahren mit Diabetes haben sich schon einige Folgeschäden bei mir gezeigt. Den Klinikaufenthalt bin ich motiviert und dennoch mit keiner zu hohen Erwartungshaltung angegangen. Die Zusammenarbeit mit den Ärzten und Schwestern war so gut wie nie zuvor. Bei der Visite wurde nicht einfach diktiert, sondern der Patient wurde mit in die Entscheidungen einbezogen. Eine Schwester sagte zu mir, dass sich die Klientel in der Klinik seit geraumer Zeit grundlegend geändert hat und häufig nur noch Patienten aufgenommen werden, die sich nicht helfen lassen wollen oder mit der Komplexität der Erkrankung nicht zurechtkommen. Meine positive Einstellung wurde erkannt und ich durfte in einer Woche einen wahren Untersuchungsmarathon absolvieren und die Klinik mit einem neuen Insulin und einem CGM verlassen.Zuerst das Insulin
Die erste Neuerung war mein Insulin. Seit dem ersten Tag in der Klinik nutze ich Fiasp als Insulin. Die ersten Tage und Wochen liefen recht gut mit dem Faster-acting Insulin ASPart. Im Internet las ich einige Berichte von Diabetikern, dass sie auch Fiasp bekommen haben und nach einigen Wochen wieder zurück zu NovoRapid gewechselt sind. Auch ich hatte nach einigen Wochen Probleme, dass Fiasp nicht mehr so wirkte wie am Anfang. Da das neue Insulin mir jedoch gezeigt hatte, was es kann, und ich sicher war, dass ein gewisses Potenzial in ihm steckt, wollte ich wissen, woran dies liegt. Die schlechte Aufnahme musste doch irgendeine Ursache haben. Die Lösung dieses Problems hätte ich wahrscheinlich ohne den Omnipod nicht gefunden. Denn der Omnipod fasst nur 200 Einheiten Insulin und muss 3 Tage lang getragen werden, da die Patchpumpe teuer ist und nicht einfach nach zwei Tagen wegen Insulinmangels getauscht werden darf. Katheterwechsel und damit der Wechsel der Spritzstelle sind hier unmöglich, ohne den Pod zu erneuern. Benötige ich mehr Insulin als die im Pod veranschlagten 66 Einheiten pro Tag, dürfte ich den Omnipod gar nicht mehr nutzen, da es dann der Krankenkasse zu teuer wird. Da ich mit dem Omnipod aber sehr gut zurechtkomme und die Nutzung meinen Tagesablauf sehr erleichtert, wollte ich nicht auf eine andere Pumpe wechseln. Es musste jedoch eine Lösung her, da ich nach dem Aufenthalt in der Klinik immer mehr Insulin benötigte. Einmal, weil es immer schlechter wirkte, und natürlich auch, da mein Insulinbedarf durch die bessere Einstellung gestiegen ist. Hatte ich früher oft postprandiale Werte nach dem Essen von 250 mg/dl (13,9 mmol/l) und höher, verließen viele Kohlenhydrate durch die Nieren meinen Körper. Für den Zucker, der im Urin ausgeschieden wird, benötigt man kein Insulin. Ohne den Zuckerverlust über die Nierenschwelle benötige ich nun Insulin für die komplette Mahlzeit. Meine Reaktion auf den höheren Insulinverbrauch war die Idee, größere Bolusgaben zusätzlich mit dem Pen zu geben und Insulin im Pod einzusparen. Dass hiermit auch die schlechte Resorption in den Griff zu bekommen war und die Lösung meines Problems vor mir stand, erkannte ich erst später.
Warum wirkt das Insulin besser, wenn ich größere Boli mit dem Pen gebe?
Wenn der Omnipod rund um die Uhr das Insulin immer wieder ins gleiche Gewebe abgibt und dann zusätzlich noch mehrere Einheiten Bolus vom Unterhautfettgewebe aufgenommen werden müssen, verändert sich meiner Meinung nach innerhalb der drei Tage Tragedauer die Aufnahme. Dieser Nachteil kann bei mir immer wieder nachvollziehbar rekonstruiert werden. Sowie ich den Pod für eine Hauptmahlzeit bemühe, kann ich mehr als doppelt so viel Insulin spritzen und erreiche die Schallmauer bei 300 mg/dl (16,7 mmol/l). Nutze ich jedoch den Pen für Hauptmahlzeiten, habe ich einen viel besseren Verlauf und in der Vergangenheit keinen postprandialen Wert mehr über 150 mg/dl (8,3 mmol/l). Denn der zweite Vorteil ist der, dass kleine Korrekturen mit dem Omnipod nach dem Essen viel besser wirken, da ja dann an zwei Stellen im Körper der Übergang in die Blutbahn erfolgt und das Fiasp so schnell ist, dass die Mahlzeit, die schon im Darm angekommen ist, vom Fiasp in der Wirkung eingeholt wird. Durch das schnelle Wirkspektrum ist es mir nun möglich, wenn ich ein Essen im Lokal oder unterwegs nicht gut einschätzen kann, nachträglich zu korrigieren. Ich erzählte meine Erfahrungen bei der Diabetesberatung und beim Lieferanten des Omnipod. Die Fachleute dort sagten mir gleich, dass dies keine Lösung sei, denn niemand wäre bereit, sich am Tag zweimal mehr zu „piksen“ als unbedingt nötig.Wie bitte?
Ich weiß nicht, wie es Euch geht. Wenn ich durch zweimal „piksen“ am Tag eine wesentliche Verbesserung meines Blutzuckers mit einem HbA1c eines Stoffwechselgesunden erreichen kann und ich mich auf die Wirkung des Insulins besser verlassen kann, dann mache ich das doch! Auch Heike Wolf hatte am 5. Juni 2018 einen Artikel mit dem Namen „Hilfe – mein Insulin wirkt nicht mehr!“ veröffentlicht, in dem sie Ähnliches mit einem langsameren Insulin berichtet hatte. Das Problem ist immer gleicher Natur: Wir spritzen Insulin ins Unterhautfettgewebe oder fachchinesisch subkutan, damit das Insulin nicht nur eine berechenbare und anhaltende Wirkung parallel zur Mahlzeit erzielt, sondern auch, damit wir genug Möglichkeiten zum Wechsel der Stellen haben. Würden wir immer wieder Insulin intravenös spritzen, würde dies unser Leben sehr einschränken. Mir wurde klar, dass eine Einstellung nur funktioniert, wenn das Insulin verlässlich im Unterhautfettgewebe aufgenommen und dort verlässlich resorbiert wird. Eine Spritzstelle, die durch eine häufige Insulingabe überstrapaziert wird, ist ein schlechter Ausgangspunkt für eine garantierte Wirkung. Je mehr Stellen man nutzt, umso besser kann sich das Gewebe erholen und das Insulin gleichmäßig in den Kreislauf abgeben. Wenn ich einmal 20 Jahre zurückblicke, gab es damals wesentlich weniger Patienten, die eine Pumpe trugen. Heute sieht es ganz anders aus. Und leider hat alles nicht nur Vorteile. Schon als Kind hatte ich Probleme mit Spritzstellen und es bildeten sich Verhärtungen, die das Insulin immer schlechter resorbierten. Es sah teilweise aus, als hätte ich zusätzliche Muskeln ausgebildet. Für mich war es nun klar, dass Fiasp wesentlich schneller an seine Grenzen stößt, wenn schlechte Spritzstellen genutzt werden, da Fiasp durch seine Wirkweise auf gute Stellen angewiesen ist. Dieses Insulin kann nur richtig wirken, wenn die beiden Zusatzstoffe zur schnelleren Resorption im Gewebe ihren Dienst tun. Denn Fiasp enthält einmal die Aminosäure Arginin, die wir auch täglich beim Essen aufnehmen und sogar als tägliche Ration für Bodybuilder empfohlen ist, sowie Nicotinamid, besser bekannt als Vitamin B3. Diese beiden Zusatzstoffe bewirken, dass das Insulin im Gewebe schneller zerfällt und in den Blutkreislauf abgegeben werden kann. Deshalb sind gesunde Spritzstellen das A und O, damit Fiasp richtig seine Wirkung entfalten kann. Richtig bewusst ist es mir jedoch erst mit Fiasp und dem CGM geworden, da die Auswirkungen stärker sind als mit konventionellen Präparaten und ich meinen postprandialen Anstieg mit dem CGM besser monitoren konnte. Dennoch ist dieser Ansatz auch auf andere Insuline und Messmethoden denkbar anzuwenden. Bevor ich eine Behandlung mit Perfusor, Haferkur oder einen Antikörpertest durchführen lasse, würde ich immer wieder zuerst versuchen, meine Katheterstelle durch eine Bolusgabe mit dem Pen zu entlasten. Einen „Piks“ extra kann ich gut verschmerzen.Endlich ein CGM
Gleichzeitig mit dem Fiasp bekam ich auch anstatt meines zuvor genutzten FreeStyle Libre einen Dexcom G5. Wie ich diesen beantragt habe, konntet ihr ja schon in meinem ersten Beitrag in der Blood Sugar Lounge lesen. Von der Genehmigung im August bis zum tatsächlichen Einsatz sind fast 2 Monate vergangen, da ich im Urlaub war und etwas unsicher, da mir damals das Unternehmen Dexcom wegen der starken Nachfrage etwas suspekt vorkam und ich mit dem telefonischen Support nicht wirklich zufrieden war. Deshalb probierte ich in der Klinik zuerst ein Dexcom G4 aus, um mich danach richtig entscheiden zu können. Zuhause angekommen, legte ich mein erstes G5 an. Mit diesem Gespann, also Dexcom G5 und Fiasp, gelang es mir bis Ende 2017 zum ersten Mal in meiner Diabetesgeschichte, einen HbA1c-Wert mit einer 6 vor dem Komma zu erzielen. Obwohl: Die Verbesserung war nur marginal und eigentlich nicht der Rede wert. Dass durch den Einsatz einer neuen Technologie und eines neuen Insulins mein HbA1c von 7,2% auf 6,5% sank, war nicht nur auf den Einsatz der beschriebenen Produkte zurückzuführen. Ich änderte auch vieles, was ich über die Jahre gelernt hatte und machte mir selbst Gedanken, wie ich meine Einstellung verbessern kann. Im Nachhinein weiß ich heute, dass meine Schwankungen auch mit dem zuvor genutzten Apidra im Omnipod, durch die 3-tägige Gabe in die gleiche Stelle, negativ beeinflusst wurden.
Prima! Da kann ich vieles nachvollziehen und will versuchen die Einflüsse zu berücksichtigen.
Ein paar mal mehr spritzen sehe auch ich nicht als Problem. Wann und wieviel ist das Problem.
Nachdem uch vir ein paar Wochen auf Fiasp umgestellt habe, habe auch ich den Eindruck, dass meine Bolusgaben manchmal gar nicht wirken. Oder schlimner: Nachdem ich ein paarmal nachgelegt habe, wirkt dann doch alles?? Noch beobachte ich mit FreeStyleLibre, liebäugele allerdings auch schon mit Dexon.
Hast du den ganzen Tag nichts zu tun als ständig deinen Werten hinter her zu rennen?
Als oberen Grenzwert mit 120 zu rechnen ist völlig utopisch
Wer mit anderen Menschen umgeben ist kann nicht dauernd vom cgm gestört werden
Hallo, es bedeutet nicht, dass ich den ganzen Tag hinter meinen Werten hinter renne. Ich habe es ja beschrieben, am Anfang war es anstrengend, mittlerweile hat es sich gut eingespielt. Die obere Grenzwert sagt mir einfach nur etwas früher, dass ich reagieren muss. Auch habe ich bemerkt, dass sich alles besser handeln lässt, wenn der bz nicht über 180 steigt.
Noch ein Kommentar: Vielleicht ist es nicht eindeutig gewesen aber im Grunde laufen wir alle, die ein fgm oder CGM haben, nicht nur unseren Werten hinterher sondern auch dem Insulin. Ich hätte den Artikel nicht geschrieben, wenn meine momentane Einstellung einem Aufenthalt auf der Intensivstation gleichkommen würde. Sicherlich würden auch die angegebenen Reaktionen mit dem vorsichtigen Nachjustieren nach einer Mahlzeit so schnell nicht funktionieren, wenn nicht das Turboinsulin Fiasp zum Einsatz kommen würde. Ich war wie gesagt selbst überrascht, was sich damit ermöglichen lässt, wenn man nur die richtigen Spritzstellen nutzt und das Potenzial voll ausschöpft. Mittlerweile hat sich mein ganzer Körper verändert, sodass zum ersten mal die Anstrengungen nicht nur anhand des hba1c deutlich werden.
Zur Obergrenze:
Mit meinem FreeStyleLibre plus Nightrider programmiere ich die Obergrenze auf 250.
Die Obergrenze brauche ich nur nachts und da möchte ich unterhalb nicht geweckt werden. Natürlich ist mein Ziel niedriger. Tagsüber kann ich mich entweder kümmern (Wert lesen), oder möchte auch nicht dauernd alarmiert werden.
Im Urlaub habe ich schon mal die Obergrenze tiefer gesetzt. Während der Arbeit kann ich Alarm nicht brauchen.
Den SEA auch bei Hypos einzuhalten, ja, damit habe ich auch gute Erfahrungen gemacht. IdR reicht bei mir auch ca. 1BE und dan n kann es normal weiter gehen. Die Problematik von zu stark genutzten Katheterstellen umgehe ich, indem ich eine Schlauchpumpe mit Stahlkathetern benutze und ordentlich alle 2 Tage wechsle. Meine Diabetologin ist immer erstaunt, das ich selbst nach 26 Jahren Pumpe und 36 Jahren Diabetes keine Verhärtungen und/oder Veränderungen habe. Nur ein- oder zweimal hatte ich einen kleinen Abszess und bei einem ließ ich mal den Arzt drauf sehen. Das war aber in der Zeit, in der ich Teflon-Katheter benutzt habe. Mit CGM habe ich auch gute Erfahrungen gemacht. Die gut zu sehenden Verläufe machen die Einstellung insgesamt erheblich leichter, kann ich kann dank frühzeitiger Warnung Abweichungen frühzeitig erkennen und eingreifen. Mein HbA1c sank auf 6,3%. Dafür das ich von führenden Diabetologen als nicht-einstellbar gelte ist das nicht schlecht.
Sehr guter Artikel, Hut ab. Ich bin Diabetiker seit 20 Jahren, hab schon so ziemlich viel Unfug getrieben der geht, aber seit 10 Jahren hege und pflege ich mein Diabetes und hatte als höchsten HBA1c-Wert 7,5. Zur Zeit liegt mein HBA1c-Wert bei 6,5, ohne Libre, oder Dexcom, ohne Pumpe. Ich soll jetzt den Dexcom so wie Fiasb zur Optimierung bekommen, weil der Anstieg nach dem Essen höher ist als er sein sollte.