Sara hat sich Gedanken über jene kleinen Verletzungen gemacht, die wir uns in der Diabetes-Therapie zwangsweise regelmäßig zufügen. Sie hat einiges ausprobiert für die Pflege der angegriffenen Hautstellen.
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Sommer, Sonne, Strand – endlich stehen uns die warmen Tage mit leichter Kleidung und Badewetter bevor. Klar, dass nun auch wieder die Saison beginnt, in der wir alle vielleicht ein paar Blicke mehr, ein paar Fragen mehr, ein bisschen Aufmerksamkeit mehr bekommen für unseren Diabetes. Hier sieht man einen Omnipod, dort steckt die Insulinpumpe am Gürtel. Links neben dir am Oberarm ist ein Dexcom, auf der anderen Straßenseite läuft jemand mit einem FreeStyle Libre entlang. Man sieht uns, wir erkennen uns. Doch was ist eigentlich mit dem, was wir nicht sichtbar auf der Haut tragen? Das, was nicht direkt, sondern erst beim zweiten Hinsehen bemerkt wird? Nein, dies ist kein Artikel über mentale Gesundheit oder psychische Auswirkungen – dieser Artikel ist jeder einzelnen kleinen Narbe, jedem Punkt und jedem blauen Fleck gewidmet, die wir an uns hinterlassen (müssen), um durch den Tag zu kommen.
Die Fingerkuppen – Diabetes hinterlässt Spuren
Okay, jeder, aber wirklich J E D E R Leser wird nun vermutlich dasselbe empfinden wie ich, wenn ich mich an den Moment zurückerinnere, als man mir sagte, es gäbe eine Technik, die mir das täglich mehrfache blutige Messen des Glukosewertes abnehmen könne. Unglaube. Erleichterung. Zweifel. Träume! Diabetes hinterlässt Spuren. Die wenigsten Menschen sehen diese Spuren, aber ihr wisst, was ich meine: die kleinen Schorfpunkte auf den Fingerkuppen. Die verhornte Haut. Eine kleine Entzündung, weswegen der Finger einen Tag etwas geschont werden musste. Das tägliche Stechen zum Blutzuckermessen hat den Fingerabdruck eines jeden Diabetikers ein klein wenig individueller gemacht. Auch wenn ich seit 4 Jahren immer seltener mit In-den-Finger-Stechen meinen Blutzucker messe – meine Fingerkuppen erholen sich von der Tortur der vergangenen Jahre nur langsam.
Also, wo fängt die Pflege an? Handcreme und gut Spucke?
Seit meiner Kindheit wasche ich mit der Hand ab. Auch heute noch freue mich mich manchmal darüber, denn danach kann ich wieder etwas von der verhornten Haut an meinen Fingerkuppen entfernen. Langsam, aber sicher erholen sich die Fingerkuppen und mit nur ein paar Messungen in der Woche habe ich 6 Finger zum Wechseln – das reicht.
Die Katheterstellen – meine Oberschenkel gleichen heute einer Kraterlandschaft
Viel mitgenommener sind bei mir und vermutlich auch dir die Spritzstellen. Als Kind wurde ich darauf gedrillt, die Spritzstellen regelmäßig abzuwechseln. Basalinsulin nur in den Arm, Rapidinsulin in den Bauch und die Oberschenkel. Jeden Tag dieselbe Prozedur. Erst mit Aufziehspritzen, dann mit Pens. Blöd nur, dass man als Kind einfach nicht versteht, warum man denn die Spritzstellen, in denen es nicht wehtut, meiden soll. Alte Stellen taten nie weh, neue, an denen das Fettgewebe noch nicht verhärtet war, umso mehr. Es ging bei mir so weit, dass meine Eltern mir eine Schablone auf den Oberschenkel zeichnen sollten, damit ich eine bestimmte Reihenfolge einhielt, unter der sich mein Gewebe erholen konnte. Trotzdem: Meine Oberschenkel gleichen heute einer Kraterlandschaft. Verändertes Gewebe wechselt sich ab mit einigen kleinen Narben von entzündeten Katheterstellen. Das alles sieht jemand Fremdes nur, wenn er genau hinsieht. Ich sehe es jeden Tag.
Was sagen die Ärzte?
Nun, verschiedene Diabetologen und Hautärzte haben mir zu Pflegemethoden keine große Hoffnung gemacht. Mehrfach hörte ich nur: „Das sieht doch gar nicht so schlimm aus.“ oder „Da müssen sie sich wohl dran gewöhnen.“ Mein Problem war nicht ausschließlich die Optik – mein Problem war und ist vielmehr die Auswahl der potenziellen Spritz- und Kathetersetzstellen. Wohin mit dem Insulin, wenn bald nicht nur die Oberschenkel, sondern auch der Bauch und die Arme so aussehen?
Auf die richtige Pflege kommt es an
Also, wie pflegen wir einen der größten Leidträger unseres Daseins mit Diabetes?
Beim Hautarzt bekam ich den Hinweis, dass Haut sich nur erholen kann, wenn sie ausreichend mit Feuchtigkeit versorgt ist. Da wir Diabetiker ohnehin zu feuchtigkeitsarmer Haut neigen können, ist das Thema doppelt wichtig: Eincremen, was das Zeug hält. Damit meine ich auf der einen Seite Feuchtigkeitspflege, am besten einmal täglich mit einer reichhaltigen und rückfettenden Creme. Auf der anderen Seite sollten wir auch im Urlaub den Sonnenschutz nicht vernachlässigen. Denn durch UV-Schäden verliert unsere Haut Feuchtigkeit und Spannkraft. Sie ist nicht in der Lage, sich schnell von Strapazen zu erholen, und jeder einzelne Heilungsprozess kann stark verlangsamt sein, wenn die Haut unter zu starker UV-Strahlung zu leiden hat. Gerade nach einem ausgiebigem Sonnenbad ist es wichtig, der Haut die Feuchtigkeit, die sie verloren hat, durch eine Après-Sun-Lotion zurückzugeben.
Früher hatte ich häufig Probleme mit allergischen Reaktionen auf Pflaster und im Sommer noch eine zusätzliche Sonnenallergie. Da hat keine Feuchtigkeitspflege mehr geholfen. Der Retter in der Not? Kortison! Ausschläge sind bei mir heute selten, aber wenn sie doch mal vorkommen, verschwinden sie mit Kortisonsalbe nach 1-2 Tagen wieder. Auch bekommt jede „frische“ Katheterstelle eine Extraportion Creme mit einem antiseptischen Wirkstoff sowie Dexpanthenol.
Zeitweise habe ich eine sogenannte Narbencreme ausprobiert. Diese gab es im Drogeriemarkt für rund 5€ und ich wollte nichts unversucht lassen, die Narben der vormals entzündeten Katheterstellen etwas zu schrumpfen. Leider musste ich feststellen, dass in den 6 Monaten, in denen ich regelmäßig 1- bis 2-mal am Tag die Narben damit eincremte, keine Besserung eintrat. Meine Diabetologin wies mich ergänzend darauf hin, dass Narbengewebe irreparabel bleibt – egal welche Creme etwas anderes verspricht. Schade. Aber einen Versuch war es wert.
Vermutung vs. Wissenschaft
Eine wunderbare Physiotherapeutin, mit der ich über das veränderte Gewebe an den Oberschenkeln sprach, äußerte eine interessante Vermutung: Das Fettgewebe unter der Haut soll maßgeblich durch Faszien zusammengehalten werden und Gewebe, Muskeln und Faszien bilden eine Einheit unter unserer Haut. Wird das Gewebe aufgrund von mechanischer Einwirkung (Nadelstiche) und minimalen Entzündungsprozessen (Reaktion auf Fremdkörper und Verarbeitung des Insulins) wiederholt gereizt, so vermutete sie, könne das Gewebe verkleben und sich verändern. Dies ist nicht wissenschaftlich belegt oder durch Studien bewiesen. Es handelt sich lediglich um eine Vermutung, die ich persönlich zur Überprüfung nicht auslassen mochte.
Gibt es also doch Hoffnung?
Die Therapeutin empfahl mir, über jegliches Gewebe, nicht nur die Spritzstellen, mit einer Faszienrolle zu rollen. Es soll die Durchblutung steigern und die verklebten Faszien lösen, damit das Gewebe sich regenerieren kann. An dieser Stelle möchte ich nur nebensächlich auf die höllischen Schmerzen in den Oberschenkeln, gepaart mit einer anschließenden warmen Erleichterung hinweisen, die dies bei mir auslöste. Ob es etwas bringt? Nun, schlimmer wird es nicht… Besser? Auch nicht wirklich. Aber da ich die Stellen jahrelang unfair malträtiert habe, weiß ich auch nicht, wie viele Jahre sie mir vielleicht noch heimzahlen wollen. Ich fühle mich jedoch nicht so, als würde ich tatenlos rumsitzen und auf Besserung warten. Wissenschaftliche Studien zu den möglichen Veränderungen des Gewebes sowie mögliche Therapien gibt es nicht – und so rolle ich im Selbstversuch abends mit meinen Spritzstellen auf der Faszienrolle herum und gönne meiner Haut anschließend reichhaltige Feuchtigkeitspflege. Allein der Gedanke, ihr etwas Liebe zu geben, beruhigt mich.
Mir ist dadurch bewusst geworden, wie wichtig die richtige Pflege der Spritz- und Katheterstellen ist. Wir sollten wesentlich mehr wertschätzen, was unsere Haut eigentlich jeden Tag für uns einsteckt und aushält. Wir sollten ihr ein Stück zurückgeben. Also auf, ihr Lieben, zu den Igelbällen, der Creme-Dose und der Faszienrolle. Und wenn ihr tolle, weitere Tipps habt – gern her damit in den Kommentaren!
Auch Olli hat einige Hautpflegetipps für euch parat: Diabetes und die liebe Haut: Tipps + Pflegeprodukte!
Sehr interessant Sara, vielen Dank für deinen Bericht. So eine Faszienrolle benutzt meine Frau für diverse Übungen. Ich habe es mal probiert und kann dir nur zustimmen, das tut höllisch weh, aber glaube nur am Anfang.
LG Matthias
Das stimmt, je weicher die Stellen wieder werden, desto schöner ist es am Ende. Der Schmerz lohnt sich in gewisser Weise schon 🙂
Guter Bericht Sara. Danke!
Meine Oberschenkel sehen nach Jahrzehnten spritzen entsprechend aus. Wobei es seit ungefähr einem Jahr deutlich besser wird. Sie haben seit 5 Jahren Pumpe Zeit gehabt, sich zu erholen.
Als Kind und Jungendliche habe ich mir richtig dicke Salbenverbände immer am Wochenende auf die Stellen gemacht. Geholfen hat es nicht unbedingt. Fingerkuppen und Ohrläppchen sind auch ziemlich vernarbt. Das wird sich nicht ändern. Leider.
Liebe Felicitas, vielen Dank! Das kann ich mir vorstellen – meinen Spritzstellen geht es seit der Pumpe auch wesentlich besser! Unterstützt du sie beim Erholen oder lässt du sie einfach in Ruhe und gibst ihnen Zeit?
Hi Sara,
Super interessantes Thema! Aktuell sehe ich ja noch nicht so viel von dieser Krankheit, allerdings stören mich manchmal diese kleinen Blutergüsse am Bauch. Ich versuche jetzt regelmäßiger meinen Bauch & Co. mit Öl einzureiben. Das hat mir jetzt schon gut geholfen 🙂
Hey Nathalie, welches Öl benutzt du? Das habe ich auch einige Zeit gemacht, inzwischen reicht mir reichhaltige Bodylotion. Blutergüsse habe ich seit der Pumpe nicht mehr, beim Spritzen vorher hatte ich jedoch auch häufig welche. Vielleicht bessert sich das mit deiner Pumpe dann ja bald auch 🙂
Ein Thema das mich seit einiger Zeit auch immer wieder beschäftigt und ich bin froh, über die Tipps bezüglich Feuchtigkeit und Faszienrolle. Da mein Freund Physiotherapeut ist und ich ab Sommer dieselbe Ausbildung beginne, halte ich dementsprechend viel von Physio und den Ideen der Therapeuten -selbst ohne Belege also einen Versuch wert. Denn wie du ja sagst, schlimmer wird es dadurch auf jeden Fall nicht.
Hallo Maya 🙂 Wenn du noch interessante Tipps während deiner Ausbildung + späteren Praxis entdeckst – immer her damit! 🙂
Ich verwende ganz frische Pflege aus Österreich . Die Spritzstellen creme ich regelmässig mit der Ringana Bodymilk ein. Für meine Hände nehm ich den Ringana Handbalsam und massiere dabei besonders die Fingerkuppen. Die Haut ist schließlich das größte Organ um das man sich gut kümmern sollte . Danke an alle Autoren für die tollen Beiträge . Liebe Grüße, Hirscher Melanie
@sara-brandt ich lass die Stellen mittlerweile einfach nur in Ruhe bzw. pflege sie völlig normal mit
Hey Sara, sehr interessanter Bericht. Bin seit gestern hier dabei. Ich spritze und creme auch sehr selten meine Haut ein. Wenn ich creme dann mit Eucerin
Liebe Grüße Cordula
Hi, ich bin auch neu hier. Meine Haut bekommt Öl, funktioniert super, allerdings nur wenn die Haut noch feucht ist. Die Stellen von den kanülen bekommen oft eine Salbe mit Desinfektion. Auch die Klebestellen vom freestyle sind damit abgeheilt. Da trage ich jetzt immer Blasen Pflaster drunter. Aber ich musste lange suchen bis ich die richtigen Produkte gefunden habe.